Kaputt in El Paso
mir auf die Schulter. Ich sah hoch zu Victor Mellado. Er lächelte. Ich wollte dem Totschläger ausweichen, den er in meine Richtung schwang, doch er traf mich hinter dem Ohr.
Der Schlag knockte mich nicht aus, aber er raubte mir mein Gleichgewicht. Bei meinem Versuch aufzustehen, zeigte sich die Welt in Schräglage, und daran änderte sich auch nichts, als ich umfiel und liegen blieb.
Victor trat mir in die Rippen. Als er ein weiteres Mal zutreten wollte, packte ich ihn am Bein, drehte es um und er fiel rücklings in den Pool. Wasser schwappte über den Rand und ergoss sich über die Steinplatten. Ich hörte Clara Howler lachen, zog die Beretta aus der Tasche und nahm Clara ins Visier. Sie stieg aus dem Wasser, sie stieg bergauf, sie stieg bergab. Mir wurde speiübel, weil die Welt von einer Seite auf die andere schwankte, aber ich konzentrierte mich auf Claras Mitte als Fixpunkt und gab etwas Druck auf den Abzug.
»Na los, schieß doch«, sagte sie. »Ich bin nicht gerade stolz auf die Sache eben. Ich habe die kleine Schlampe nämlich auch geliebt. Wir hatten noch ein letztes kleines Abenteuer und es war mehr als nur nett. Aber wie heißt es so schön, Befehl ist Befehl.«
Ich drückte ab, doch die feuchte Waffe reagierte nicht. Jetzt kletterte Victor aus dem Pool. Er lächelte nicht mehr. Er kam auf mich zu, fluchte, während er eine Decke aus Steinplatten entlangzulaufen schien und ein unterirdischer Himmel seine Wassermassen entlud. Wieder verweigerte die Beretta ihren Dienst und als Victor sie mir aus der Hand nahm, verlor ich langsam das Bewusstsein. Er trat gegen meinen Kopf, trat gegen meinen Hals, dann rollte er Jillian zurück ins Wasser. Diesmal trieb sie nicht auf der Oberfläche, diesmal versank sie sacht zwischen grünen Algen und dem silbrigen Blitzen der Cutthroat-Forellen.
Ich schrie oder bildete es mir ein, gut möglich, dass mir der Schrei im Kopf stecken blieb.
Zweiundvierzig
Das Messer in meiner Seite entpuppte sich als gebrochene Rippe. Selbst flaches Atmen schmerzte. Als ich zu mir kam, fand ich mich an einen Stuhl gefesselt wieder, in einem fensterlosen Raum mit Betonwänden. In einem Keller. Und ich war nicht allein. Mir gegenüber saß Lenny Trebeaux, einen Arm in der Schlinge und ein mattes Lächeln auf dem Gesicht. Zwar war er nicht an den Stuhl gefesselt, doch seine Haltung signalisierte Zwang, wenn auch selbst auferlegten.
»Du hast keine Ahnung, worauf du dich eingelassen hast«, sagte Clara Howler zu mir. »Unsere kleine bruja Jillian hat dich verzaubert.«
»Es gab keinen Grund, sie zu töten«, sagte ich. Meine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern. Ich räusperte mich und hatte den Geschmack von Blut im Mund.
»Creo que si.« Fernando Solís Davilas Silhouette schälte sich aus dem Dunkel. »Jillians Ableben war notwendig, Ihres hingegen ist es keineswegs. Mi empleado, Forbes, hat unüberlegt agiert. Er hätte Ihnen hier nicht auflauern sollen, er hat nicht auf meine Anordnung hin gehandelt. Pero er hat auf Rache gesonnen. Natürlich hat er seinen Alleingang längst bereut, wie Sie ja wissen.«
»Jillian hatte es nicht verdient zu sterben.«
Er zuckte mit den Achseln. »Ich hätte ihr die Abfindung gegeben. Ich hätte ihr gestattet, die Stadt zu verlassen. Doch sie hat sich etwas Dummes, etwas sehr Heimtückisches geleistet.«
Er richtete seinen Blick auf Trebeaux. Ein schwieriger Moment für Trebeaux. Er konnte dem ruhigen Blick seines jefe nicht standhalten.
»Ich habe erst vor zwei Tagen von dieser Heimtücke erfahren«, erklärte Solís.
»Die Fotos? Deshalb musste sie sterben?«
Clara Howler trat hinter Trebeaux, legte ihre Hände auf seine Schultern und fing an, ihn zu massieren. Er wurde blass unter seiner sorgfältig konservierten Bräune.
»Oh nein«, sagte Solís. »Señora Renseller war ziemlich … como se dice … vengativa … rachsüchtig. Und töricht, doch ich bin nicht der Ansicht, dass dergleichen tödliche Vergeltung rechtfertigt. Nein, Mr. Walkinghorse, sie wurde getötet, weil sie getötet hat. Sie hat ihren Ehemann ermordet. In meiner organización liegt die Entscheidung darüber, wer sterben soll und wer verschont wird, allein bei mir. Verstehen Sie?«
»Renseller starb an einem Herzanfall«, sagte ich. »Meine Güte, ich war dabei. Außer Mona Farnsworth hat ihn niemand angerührt.«
Clara beendete die Massage, packte Lennys Haar und zog seinen Kopf so weit nach hinten, dass Lenny sie ansehen musste. An seinem gebräunten Hals
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