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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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traten die Adern hervor. »Erzähl’s ihm, Lenny. Erzähl ihm das, was du mir erzählt hast.« Sie ließ ihn wieder los und er bewegte vorsichtig den Kopf, als ob sein Nacken ernsthaft Schaden genommen hätte.
    »Es war Jillians Idee«, sagte er. »Sie befürchtete, Clives abartiges Verhalten würde irgendwann bekannt werden und ihr alles kaputtmachen.«
    »Hör sich einer diesen Heuchler an!«, stieß Clara hervor.
    »Er wollte die Nummer eins der Bank werden und behauptet jetzt, Jillian habe alles allein ausgeheckt.«
    Sie versetzte ihm von hinten eine Ohrfeige. Trebeaux reagierte, als hätte sie mit einem Bügeleisen zugeschlagen, fuhr sich mit der gesunden Hand über das Gesicht und unterdrückte einen Schluchzer.
    »Wovon sprichst du überhaupt, verdammt noch mal?«, fragte ich.
    »In diesem kleinen Drama hast du den Trottel gegeben, Walkinghorse«, sagte Clara Howler, »und hast es immer noch nicht gerafft. Sie hat dir eine Schmierenkomödie vorgespielt, vato, und du bist auf dieses mörderische Stück Dreck reingefallen. Du hast gedacht, ihr hättet eine gemeinsame Zukunft, stimmt’s? Als du ihre süße kleine panochita geleckt hast, hat sie da nicht gesagt, ›Oh ja, genau da, dann steh ich zu meinem Wort, Darling‹? Das war einer ihrer Standardsprüche, ich selbst hab ihn oft genug gehört. Aber sie war eiskalt, eine Eiskönigin, emotional narkotisiert durch ein Kindheitstrauma. Hat sie dir auch diese Mit-zwölf-wurde-ich-vergewaltigt-Geschichte erzählt? Eine der wenigen Sachen, bei denen sie nicht gelogen hat, glaube ich.«
    »Du irrst dich, was sie betrifft«, widersprach ich. Meine Trauer um Jillian ließ Trotz in mir aufkommen. Ich kannte Jillian, die wahre Jillian, nicht die Ehefrau des Bankers, nicht die sexuell Neugierige. Nicht das mörderische Stück Dreck. Ich kannte die Frau, die mich liebte.
    Clara zog Trebeaux’ Kopf zurück und sah ihm ins Gesicht. »Erzähl unserm Freund, was ihr beide Widerliches ausgebrütet habt.«
    »Es war Jillys Idee«, wiederholte er. »Clive hatte ein schwaches Herz. Er nahm Medikamente gegen Bluthochdruck und Nitro für die Herzkranzgefäße. Meine Güte, die Sitzungen bei dieser Nutte, dieser Farnsworth, damit ist er gesundheitlich ohnehin ein großes Risiko eingegangen. Wir haben nur dafür gesorgt, dass das Unvermeidliche schneller eintritt. Ich glaube kaum, dass man das als Mord bezeichnen kann. Vor jeder Sitzung hat er seine Medikamente eingenommen. Und so haben wir – hat Jillian – eine Sildenafil, also Viagra, pulverisiert und in eine seiner Beta-Blocker-Kapseln gefüllt. In Verbindung mit seinen Medikamenten gegen Angina Pectoris hat das Viagra Clives Arterien so geweitet, dass sein Blutdruck gen null fiel. Mein Gott, früher oder später wäre es sowieso passiert! Wir haben lediglich den jämmerlichen Mistkerl aus seinem Elend befreit!«
    »Es ist allein meine Sache zu beurteilen, wer jämmerlich und wer aus seinem Elend zu befreien ist«, sagte Solís. »Ich betrachte es als völlig inakzeptabel, wenn einer mi empleados diese Entscheidung eigenverantwortlich trifft. Das führt dazu, dass Kontrolle … como se dice … erodiert.«
    »Es tut mir aufrichtig leid, Sir«, sagte Trebeaux hündisch. »Glauben Sie mir, ich habe dabei nur an die Bank gedacht. Renseller hätte alles ruiniert. Ich habe es für Sie getan, Sir, bitte glauben Sie mir das.«
    Solís betrachtete seine Fingernägel. »Ihre durchsichtigen Lügen sind nur eine Beleidigung mehr«, sagte er sanft. »Und Sie beleidigen sich selbst mit dieser … cobardia. Für Feigheit ist jetzt kein Platz, señor Trebeaux. Zu sterben como un hombre ist die einzige Form der Rehabilitierung für Sie.«
    Trebeaux stand auf. Er berührte seine Armschlinge, als wollte er Solís gegenüber damit ausdrücken, dass er genug gelitten habe. Clara drückte ihn zurück auf den Stuhl. »Sterben?«, fragte Trebeaux. »Was meinen Sie damit? Meinen Sie das im philosophischen Sinne? Tod als letztes Adieu – damit man ihm mit Gelassenheit gegenübertritt? Ja, daran glaube ich auch. Ich hoffe, rechtzeitig hinreichend, äh, spirituell solvent zu sein. Ich habe Schulden abzutragen, das verstehe ich wohl, señor, doch ich verfüge über die dafür notwendigen Ressourcen … meine Kontostände werden wieder ausgeglichen sein, das versichere ich Ihnen, meine Warentermingeschäfte kommen wieder in Schwung, mein Aktiendepot … «
    »Ahora«, sagte Solís zu Clara. Dann wandte er Trebeaux den Rücken zu und verließ den

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