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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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schien es für das Beste zu halten, sich in diese Angelegenheit nicht weiter einzumischen. Wortlos schlich er zur Türe hinaus.
    »Bleib noch kurz da, Oskar«, rief ihm sein Vater nach. »Ich verbiete dir ab jetzt den Umgang mit deinem Onkel, hast du gehört? Und du lässt ihn auch in Ruhe, Georg, sonst bekommst du es mit mir zu tun.«
    »Soll das vielleicht eine Drohung sein?« Wieder setzte Fellner sein provokantes Lächeln auf.
    »Wenn du willst, können wir die Sache gleich draußen austragen, aber ohne deine Freunde, nur du und ich.«
    Fellner machte keine Anstalten, dieser wütend geäußerten Forderung nachzukommen. Er fixierte seinen Schwager nur kurz mit von Wein und Sekt getrübtem Auge und prostete ihm mit dem Pokal zu. Einen Augenblick sah es so aus, als wolle Fürst nun tatsächlich handgreiflich werden. Aber er überlegte es sich und ging, wutentbrannt die Tür hinter sich ins Schloss knallend.
    »Schon wieder beinahe eine Drängerei«, schüttelte Leopold den Kopf. »Jetzt bin ich nur gespannt, ob da noch was kommt. Meine Theorie, du weißt ja.«
    »Und ich bin gespannt, wie Oskar morgen in der Schule wieder dreinschauen wird«, meinte Korber.
    »Wenn der so weitermacht, wird er wirklich bald ein kleines Früchterl [8] «, sagte Leopold. »Dass er jetzt so leise gegangen ist, hat gar nichts zu sagen, wahrscheinlich hat er wirklich ein bisschen Angst vor seinem Vater. Irgendwie haut die Beziehung zwischen den beiden nicht mehr hin, dafür läuft er dem Fellner umso mehr nach. Der nimmt ihn überallhin mit, sogar in einem Nachtklub waren sie angeblich schon miteinander. Na ja, selbst hat er ja keine Kinder, aber so verdirbt er den Jungen. Zahlen gewünscht, bitte?«
    Der Ruf war von Fellners Tisch gekommen, wo eine hitzige Debatte darüber entbrannt war, wer was zu bezahlen hatte. Fellner hatte offensichtlich im ersten Überschwang nach seinem Sieg den ganzen Tisch eingeladen, beharrte jetzt aber darauf, nur den Sekt gemeint zu haben. Er wollte das mit einer abschließenden Runde ausgleichen, das wiederum wollten seine Freunde nicht, die allesamt zum Aufbruch drängten. Daraus ergab sich ein Durcheinander, in dem es Leopold nur mit Mühe gelang, die ausstehenden Beträge einzukassieren. Schließlich bestellte Fellner noch ein Glas Wein und blieb sitzen.
    Draußen begann es mit einem Male zu schütten, der Himmel öffnete seine Schleusen, und dazu blitzte und donnerte es gewaltig. Jetzt war es da, das Gewitter.
    Ein älterer Herr eilte aufgeregt nach vor zur Theke. »Meine Regenjacke! Ich kann meine Regenjacke nicht finden«, stammelte er.
    »Armer Teufel«, raunte Leopold Korber zu. »Aber ich hab’s ja vorhergesagt.«

     
    *

     
    Frau Heller konnte den aufgebrachten Gast gerade noch beruhigen, indem sie ihm einen Privatschirm für den Heimweg zur Verfügung stellte. Ansonsten müsse er eine polizeiliche Anzeige machen, für Garderobe bestehe keine Haftung.
    »Ich sag’s ja, der Manteltrick! Einfach genial«, frohlockte Leopold. »Nur, dass der Täter offensichtlich gar keinen anderen hingehängt hat. Das stört mich ein bisschen. Aber sonst: genau zum richtigen Zeitpunkt. Bei einer derartigen Menschenansammlung musste so etwas einfach geschehen. Eigentlich habe ich ja mit noch Schlimmerem gerechnet …«
    »Haben dir die zwei Wickel [9] von vorhin nicht genügt?«, fragte Korber seinen Freund mit einem leichten Seitenblick auf Fellner, der nur mehr ausdruckslos in sein Glas stierte und Schwierigkeiten hatte, seine Zigarette im Aschenbecher abzustauben.
    Noch ehe Leopold antworten konnte, zuckten mehrere Blitze durch die Nacht, begleitet von markerschütternden Donnerschlägen. Dann herrschte vollkommene Dunkelheit, drinnen, draußen, überall. Kleine Hagelkörner klopften an die Fensterscheiben, und es war finster.
    »Licht«, brüllte jemand von hinten nach vorne.
    »Mach eines, wenn du kannst«, schallte es von der Theke zurück.
    »Ich gehe einmal nachschauen, was da los ist«, konstatierte Frau Heller. »Vielleicht hat irgendwo der Blitz in eine Leitung eingeschlagen, vielleicht ist es auch nur eine Sicherung. Aber keine Sorge, wir bekommen die Sache schon in den Griff. Wir haben jede Menge Kerzen im Haus.« Tatsächlich verteilten Herr und Frau Heller, Leopold sowie ›Waldi‹ Waldbauer, der gerade seine Abrechnung hatte machen wollen, wenig später, als feststand, dass wohl wirklich das Unwetter an der plötzlichen Dunkelheit schuld war, Kerzen an den Tischen, und das Lokal erstrahlte in

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