Karas Reich
den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Ich will nicht, daß so etwas geschieht. Ich glaube fest daran, daß es dazu nicht mehr kommen wird. Ich bin davon überzeugt, daß der Schwarze Tod schon gemerkt hat, wer hier erschienen ist, und deshalb rechnete ich damit, daß er bald kommen wird.«
»Warum?«
»Um mein Reich zu übernehmen!«
In den Augen der beiden Männer blitzte es auf. »Nein!« rief Gallas voller Überzeugung. »Das wird nicht geschehen. Du bist bei uns, du wirst ihn vernichten.«
Kara schüttelte den Kopf. Es war eine traurige Geste, was auch die Männer bemerkten. »Es tut mir wirklich leid, aber das wird nicht passieren. Ich werde es nicht sein, der den Schwarzen Tod besiegt.«
»Besiegt er dich?«
»Auch nicht.«
Sie waren ratlos. »Was wird dann geschehen?«
Kara lächelte. »Ich möchte euch nicht zu sehr verwirren«, sagte sie.
»Aber glaubt mir, das Schicksal hat die Karten anders gemischt, als ihr es euch vorstellen könnt. Ich weiß auch nicht, was mit dem Bild passiert, aber ich habe das Gefühl, daß es noch eine große Rolle in meinem Leben spielen wird. Mehr kann ich euch nicht sagen.«
Sie waren sehr nachdenklich geworden und trauten sich erst nach einer Weile, eine Frage zu stellen. »Willst du dich dann überhaupt deinem Volk zeigen? Soll es jemand wissen, daß du zurückgekehrt bist?«
Kara lächelte etwas verlegen. »Dazu wird es nicht kommen, glaube ich. Das Schicksal hat etwas anderes vor. In diesem Fall ist es der Schwarze Tod. Ich will euch ehrlich sagen, daß ich seinen Angriff erwarte. Ich werde mich ihm stellen müssen, und ich weiß nicht, wie der Kampf ausgehen wird. Deshalb wäre es besser, die Menschen würden in ihren Häusern bleiben und nicht an mich denken.«
Gallas und Kruti schauten zu Boden. Bisher hatten sie noch gehofft. Die letzten Worte aber hatten eine Welt in ihnen zusammenbrechen lassen, und sie wußten nicht mehr, was sie sagen sollten.
Sie waren treu, sie hatten auf diesen Augenblick gewartet, und Kara streichelte ihre Wangen. Es war Gallas, der ihre Hand festhielt und es auch schaffte, ihr in die Augen zu schauen. »Wenn alles so eintreffen wird, wie du es dir vorgestellt hast, dann werde ich etwas anderes tun. Ich spüre genau, daß ich für diese Aufgabe gelebt habe.«
»Was willst du tun?«
»Ich werde nicht zulassen, daß sich die Mächte der Finsternis an deinem Bild vergreifen. Ich werde es nehmen und in Sicherheit bringen. Das muß ich tun.«
Er hatte so entschlossen gesprochen, daß Kara es nicht wagte, ihn von seinem Plan abzubringen.
»Wo willst du es hinbringen?« erkundigte sie sich.
»Ich suche noch ein Versteck«, sagte er leise und schaute sich immer wieder um, als könnte er hier eines entdecken. »Es soll überleben, Hoheit. Ich will nicht, daß dieses Kunstwerk in die Hände der Schwarzmagischen fällt. Es ist das einzige, was ich noch tun kann. Ich will mir immer selbst in die Augen schauen können, und ich will dir sagen, daß ich es… daß ich es…«, seine Stimme versagte. Sie nahm Karas Hände. »Ich… ich hätte nie gedacht, daß ich die Königin noch einmal sehen könnte, auch wenn es nicht mehr so sein wird, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Ich werde jetzt gehen.« Er ließ Karas Hände los und wandte sich ab.
Kruti wollte mit, doch Gallas war dagegen. Er befahl ihm, an Karas Seite zu bleiben, um ihr beizustehen, wenn es nötig war, denn er kannte das Reich besser.
»Gut«, sagte er.
Dann lief Gallas weg, als wollte er vor den beiden flüchten.
Kara schaute ihm nach. Sie sprach Kruti nicht an, denn andere Gedanken durchwirbelten ihren Kopf. Sie hatte den Eindruck, vor einer großen Entscheidung zu stehen. Und sie würde sich diesem Kampf stellen, auch wenn es der Schwarze Tod war und sie ihn endgültig nicht besiegen konnte. Vielleicht gelang es ihr, ihm eine Teilniederlage beizubringen. Das hätte auch den Menschen gezeigt, daß der Schwarze Tod nicht so mächtig war, wie sie es sich vorstellten.
»Sollen wir gehen?« fragte Kruti. Er hatte die Fackel weggestellt und schaute in Richtung Ausgang.
»Ja.«
Kara ging hinter dem kleinen Mann mit dem mutigen Herzen her. Kruti öffnete die Tür. Kara empfand es als seltsam, daß sie sich nicht einmal darüber freuen konnte, die Dunkelheit dieser Stätte zu verlassen. Sie ahnte bereits, daß sie draußen weit schlimmere Dinge erwarteten und es zu einem erbarmungslosen Kampf kommen würde…
***
Gallas verschmolz mit der Finsternis des Stollens. Er hatte keine
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