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Karas Reich

Karas Reich

Titel: Karas Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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die Zeit gekommen war. Er nickte, faßte das Bild fester und ging davon.
    Er schaute nicht zurück. Er wollte nicht, daß der alte Mann seine Tränen sah.
    Aber so war das Leben. Es gab Freude und Schmerz, Liebe und Haß, Geburt und Abschied. So würde das Leben auch immer sein, da konnten Jahrtausende vergehen. Die Menschen veränderten sich nicht, aber ihre Umgebung wurde eine andere.
    Gallas ging die holprigen Stufen hoch. Er mußte achtgeben, um nicht zu fallen. Wenn das Bild zerstört wurde, würde er sich vor Scham und Gram selbst töten.
    Schräg aus der Höhe sickerte normales Licht auf ihn zu. Jede Stufe sah er als düstergrauen Schatten, den er leicht übersprang. Er konnte sich schon nach wenigen Schritten voll und ganz darauf einstellen, und als er beinahe das Ende dieser Treppe erreicht hatte, da war ihm klargeworden, daß er es schaffen würde.
    Wieder glänzten seine Augen.
    Diesmal war es das innere Feuer, das Wissen, das ihn weiter vorantrieb.
    Am Ende der Treppe mußte er unter einer Luke stehenbleiben. Auch hier klopfte er.
    Das Zeichen wurde verstanden.
    Knarrend öffnete sich über ihm die Luke. Ein Frauengesicht schaute auf ihn nieder.
    Die Frau nickte.
    Gallas kletterte den Rest der Stufen hoch. Die Frau war informiert worden. Sie hatte schon alles bereitgelegt. So wickelte Gallas das Bild in eine Decke und verstaute es dann in einer alten Truhe, die er mit alter Kleidung vollstopfte.
    Dann verließ er das Haus.
    An der Rückseite wartete der Esel. Er knabberte an einigen Zweigen und hob den Kopf, als Gallas neben ihm stehenblieb und die Truhe auf seinem Rücken verstaute. Er band sie fest und ließ soviel Platz, daß auch er noch auf dem Rücken des Tieres einen Platz finden konnte.
    Als er anritt, erschien die Frau in der Hintertür. Sie schaute ihm nach und winkte.
    Es war eine Geste des Abschieds und gleichzeitig der Hoffnung.
    Sie ließ den Arm erst sinken, als der einsame Reiter im Schatten der schmalen Gasse verschwand…
    ***
    Kruti war vorgegangen und blieb nach drei Schritten stehen, um sich umzuschauen. Sein Gesicht zeigte einen Schimmer der Furcht, denn schon der erste Blick hatte ihn erkennen lassen, daß etwas auf Karas Reich zukommen würde.
    Kara gab sich gelassen. Sie schloß erst das Tor hinter sich und betrat dann den Hof.
    Der Wind war stärker geworden. Er fiel über die Mauern hinweg, er wirbelte den Staub in die Höhe, er drehte ihn zu Spiralen, bevor er sie wieder zusammensinken ließ. In manchen Ecken erzeugte er ungewöhnliche Geräusche, als würde er dürres Gestrüpp vor sich herschieben.
    Sie schaute zum Himmel.
    Auch er hatte sich verändert. Graue Wolken bildeten ein breites Band.
    Da sie unterschiedlich dick waren, sah es so aus, als würden sie aus mehreren Schichten bestehen. Der Wind hatte sich zum Sturm gemausert und spielte mit den Wolkenbergen. Lässig trieb er sie vor sich her, riß sie auseinander, zerfetzte ihre Formationen, setzte sie an anderer Stelle wieder zusammen und verteilte sie über Karas Reich.
    Kruti hob die Schultern. Sein dunkles Gesicht hatte sich verzogen, er stand noch geduckter als sonst. »Ich habe es befürchtet, Königin«, flüsterte er. »Der Wind.«
    »Ist der nicht normal?«
    »Er bläst so stark. Er bringt das Unheil. So war es eigentlich immer, bevor er kam.«
    »Du meinst natürlich den Schwarzen Tod?«
    »Ja, ihn, nur ihn, Königin. Darf ich dich anfassen?«
    »Natürlich, sicher.«
    Er nahm ihre rechte Hand, führte sie und den Arm in die Höhe und sorgte dafür, daß sie in einem bestimmten Winkel zur Ruhe kam. »Siehst du das Graue dort oben, Hoheit?«
    »Ja, das sind Wolken.«
    »Nicht nur, Hoheit, nicht nur. Hinter ihnen lauert die mächtige schwarze Wand. Noch verbirgt sie den Schrecken, aber wenn der Sturm über uns hinweggebraust ist, wird sie ihr schreckliches Geheimnis preisgeben. Dann erscheinen die furchtbaren Gestalten, die schwarzen Skelette, und dann erscheint auch er, der Schwarze Tod. Vielleicht sitzt er auf seinem schwarzen Flugdrachen. Vielleicht schwebt er auch so heran, aber eines ist sicher. Er wird seine Sense bei sich haben, denn er ist der mörderische Sensenmann, der mit einem Schlag zahlreiche Menschen in blutige Leichen verwandeln kann.«
    »Ich weiß«, sagte Kara und tastete mit der linken Hand nach ihrem Schwert. Die Worte waren nicht übertrieben. Sie kannte die Grausamkeit des Schwarzen Todes sehr genau. Während der Wind an ihrer Kleidung schüttelte und sie knattern ließ, schaute Kara in

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