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Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Zufriedenheit. Doch waren es dieselben goldbraunen Augen, ob sie lachten oder vor Rührung glänzten,
     dieselbe fein ziselierte Nase und diese Lippen, über die ich Bände schreiben und doch nicht wiedergeben könnte, welches Glück
     sie in mir erweckten. Leser, vergib mir |279| diesen unsinnigen Überschwang angesichts meiner Geliebten, dafür sei dir versichert, daß du von mir nicht den leisesten Einwand
     hören wirst, wenn du deine Erwählte vor mir über die Wolken erhebst.
    Diese neue, stille Erfülltheit in dem schönen Gesicht von Madame de Brézolles hätte mich bestimmt ziemlich beunruhigt, wenn
     ihre Blicke mir nicht gleich eingangs unmißverständlich gesagt hätten, welchen Anteil ich daran hatte.
    Was ich bei dieser Mahlzeit aß, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Sicherlich waren die Speisen vom Feinsten, doch weiß
     ich, daß mich auch jeder noch so spartanische Fraß köstlich gedünkt hätte, nur weil ich bei ihr war. Schweigend verschlang
     ich sie mit den Augen, und sie erwiderte meine Blicke, ohne daß wir dieses steten Wechselspiels müde wurden, wir konnten uns
     aneinander nicht sattsehen.
    Nun gab es aber, wie gesagt, gewisse dunkle Punkte in meinem Verhältnis zu Madame de Brézolles, die ich erhellt wissen wollte,
     bevor ich den Mächten Raum gab, die mich zu ihr trieben. Ich brauchte ihr meine Fragen jedoch nicht erst zu stellen, denn
     sie spürte sie hinter meinem Schweigen und begann von selbst, mir die Rätsel ihres Betragens zu erklären.
    »Mein Freund«, sagte sie, »ich habe Euch mancherlei mitzuteilen, ich weiß. Bitte, hört mir geduldig zu, und Ihr werdet sehen,
     daß es Gründe gibt, mich vielmehr zu beklagen als zu tadeln. Blutjung wurde ich mit Monsieur de Brézolles vermählt, aber zehn
     Jahre nach der Hochzeit hatte ich, wie Ihr wißt, noch immer kein Kind, und Monsieur de Brézolles scheute sich nicht, diese
     Unfruchtbarkeit mir zur Last zu legen. Zuerst glaubte ich ihm, dann aber beobachtete ich, daß keine der zahllosen Kammerjungfern,
     mit denen er es trieb wie die Ratz im Stroh, jemals schwanger wurde, und ich begriff mit dem größten Schmerz, daß er selbst
     unfruchtbar war und daß ich niemals Mutter werden würde. Wie es weiterging, habe ich Euch erzählt. Monsieur de Brézolles wurde
     im Kampf auf der Insel Ré am Schenkel verwundet. Seine Wunde wäre bestimmt geheilt, denke ich, hätte er sich der Narretei
     enthalten, mich seiner Männlichkeit mit dem üblichen Getöse versichern zu wollen. Das Ende kennt Ihr: Die Wunde brach auf,
     und er verblutete.
    »Drei Tage, nachdem er begraben war, drei Tage sage ich, |280| erschient Ihr am Tor von Brézolles wie ein
missus dominicus
. Der Herr, so fühlte ich, hatte meine Gebete erhört und sandte Euch mir, um mich zur Mutter zu machen. Ich weiß, es mutet
     Euch ausgefallen an, aber das Wunder bestätigte sich mir bald: Ich hatte mich so schnell, daß Ihr stauntet, Euch hingegeben,
     und schon war ich schwanger. Um den Skandal zu vermeiden, den außereheliche Beziehungen sonst erregen, dachte ich mir aus,
     dem Arzt und dem Pfarrer weiszumachen, das Kind sei von Monsieur de Brézolles, so wenige Tage waren es nur zwischen seinem
     Tod und dem Augenblick, als ich feststellte, daß ich schwanger war. Nun, und diese meine der Scham entsprungene Lüge wurde
     nicht nur nicht bestraft, sondern tausendfach belohnt.
    »Niemand bezweifelte sie. Aus dem einfachen Grund, daß das Haus ja quasi von unten bis oben noch vom Brunstgeschrei meines
     seligen Gemahls widerhallte.«
    »Aber, meine Liebe«, sagte ich mit leisem Vorwurf, »von diesen Dingen habt Ihr mir nie ein Wort gesagt.«
    »Es lag an Euch, mein Freund«, sagte Madame de Brézolles mit einem so bezaubernden Lächeln, daß ich sofort geneigt war, ihr
     zu glauben.
    »An mir?«
    »Tatsächlich, Lieber. Erinnert Euch bitte: Als ich all Eure – für mich so neuen und so köstlichen – Zärtlichkeiten und Liebkosungen
     mit Freuden erwiderte, mich aber den Vorsichtsmaßregeln verweigerte, rieft Ihr erschrocken: ›Ja, wollt Ihr denn ein uneheliches
     Kind?‹ Und gleich habt Ihr mich verdächtigt, ich wolle den Erstbesten heiraten, um die Existenz dieses Kindes zu rechtfertigen.
     Und als ich Euch fragte, ob Euch das denn etwas ausmachen würde, antwortetet Ihr: ›Selbstverständlich würde es mir etwas ausmachen,
     wenn ein Hergelaufener mein Kind aufzöge!‹«
    »Richtig«, sagte ich, »das waren meine Worte.«
    »Ach, mein Freund! Ihr glaubt ja

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