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Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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einfach, Sire! Wir sagen ihr, daß die Gesetze des Krieges es verbieten, die unnützen Mäuler aus La Rochelle herauszulassen.
     Dafür seien wir aber bereit, wenn sie es wünsche, ihr einen Passierschein auszustellen, mit dem sie sich aus der belagerten
     Stadt auf ein Schloß ihrer Wahl zurückziehen könne.«
    »Allewetter, mein Cousin, das ist gut!« sagte der König, um dann mit zweifelnder Miene fortzufahren, »aber glaubt Ihr denn,
     die Herzogin wird den Vorschlag annehmen?«
    »Keinesfalls, Sire. Die Dame hat eine hohe Meinung von sich. Sie sieht sich als die Vestalin von La Rochelle. Und ihre historische
     Rolle wird sie nicht verleugnen wollen. Aber sie wird Euer großmütiges Anerbieten überall bekanntmachen, und sei es nur, damit
     man ihr Verdienst anerkenne, es ausgeschlagen zu haben. Und somit kann niemand in La Rochelle sagen, Ihr wäret erbarmungslos.
     Ihre Ablehnung wird die Eure vergessen machen.«
    »Sioac«, sagte Ludwig, »was hältst du von dem Plan?«
    »Er ist ausgezeichnet, Sire.«
    »Wärest du bereit, Madame de Rohan die Botschaft zu überbringen?«
    »Gewiß, Sire, wenn Ihr es befehlt.«
    »Ich befehle es. Am besten, wir machen es so«, sagte Ludwig |140| entschlossen, »Kanzler Marillac schreibt dem Bürgermeister von La Rochelle und seinem Rat und verlangt Einlaß für dich und
     deinen Junker, damit du der Herzogin von Rohan eine mündliche Botschaft von mir übermitteln kannst.«
    »Eine mündliche, Sire?«
    »Ja. Bei einem Brief kämen Stadtrat und Bürgermeister vielleicht in Versuchung, ihn zu kassieren. Weiß ich denn, ob sie sich
     nicht getrauen, dich zu durchsuchen? Auf alle Fälle können sie bei einer mündlichen Botschaft nicht in deinem Kopf lesen.«
    »Sie könnten aber fragen, welchen Inhalts die Botschaft ist.«
    »Dann sagst du, es sei eine Botschaft der Zuneigung und des Mitgefühls, welche ich meiner Cousine von Rohan entbiete, im übrigen
     stünde es der Herzogin frei, sie dem Stadtrat bekanntzugeben.«
    ***
    Als wir, Nicolas und ich, zurückkehrten nach Saint-Jean-des-Sables, geschah etwas Außerordentliches. Plötzlich besserte sich
     das Wetter. Die dicken schwarzen Wolken, die seit Wochen wie ein niedriges Gewölbe über unseren Köpfen gehangen, uns des Anblicks
     der Sonne beraubt und genötigt hatten, in andauernder Dämmerung zu leben, wurden gegen Abend auf einmal hinweggeblasen, wahrscheinlich
     von einem heftigen Wind in zu großer Höhe, als daß wir ihn auf der Erde bemerkt hätten. Nahezu gleichzeitig und zu unserer
     freudigen Überraschung erschien am klaren Himmel ein ungemein leuchtender Mond, der uns, zu Recht oder Unrecht, viel größer
     und näher erschien als sonst.
    Nicolas und ich zügelten unsere Pferde, um diese unglaubliche Schönheit in Ruhe zu betrachten, und ebenso bewegt und überwältigt
     wie wir durch dieses Schauspiel von gleichsam überiridischer Majestät, kam schließlich das ganze Hin und Her von Gefährten,
     Berittenen und Fußgängern auf dem Hohlweg zum Erliegen, alles hatte nur noch Augen für diesen so großen, so schönen Mond,
     der eine solche Helle verbreitete, daß man bequem ein Buch hätte lesen können.
    Doch was dann geschah, erfüllte uns in einem solchen Maße mit Furcht und Schrecken, daß einige von uns Pferde und Wagen ließen,
     wo sie waren, und sich im nächstgelegenen Graben |141| verbargen, wo er am tiefsten war. Ein breiter Flecken, nicht schwarz, aber schwärzlich, wie dichter Rauch, zeigte sich an
     der oberen Seite des Mondes und begann sich immer mehr auszubreiten, bis er ihn allmählich fast vollständig überdeckte. Fast
     sage ich, denn im selben Moment begannen seine Ränder in einem seltsamen rötlichen Licht zu flammen, so als geriete der Mond
     durch das ihn verdeckende Ungeheuer in Brand. Von überall, aus den tiefsten Gräben, ertönten Schreckensschreie, Klagen, Gebete
     und düstere Weissagungen. Wenn der Mond brannte, wie es ganz den Anschein hatte, würde auch die Sonne verbrennen, und die
     Erde fiele in eisige Finsternis, und es wäre das Ende der Welt und der Menschheit.
    Diese Tollheit dauerte nicht, denn der Mond löste sich nach und nach aus dem ihn verhüllenden Schatten, und sein Wiedererscheinen
     hätte die Geister vielleicht zu beruhigen vermocht, wäre da nicht ein mächtiger Wind aufgekommen, gefolgt von einem furchtbaren
     Unwetter. Als wir, blind von Regen und Blitzen, endlich Saint-Jean-des-Sables erreichten, hörten wir, noch bevor wir sie sahen,
     riesige Wogen

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