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Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Madame de Bazimont, meinen Vater und
     mich zu Zeugen in ihrem Prozeß bestellte, falls sich dies als notwendig erweisen sollte. Die bewundernswerte Klugheit dieses
     Machiavelli im Reifrock, der nichts ohne genaue Überlegung tat, machte mich sprachlos, doch verringerte dies in nichts die
     Liebe, die diese Frau mir einflößte und die, anstatt in ihrer Abwesenheit zu verblassen, mit jedem Tage größer wurde.
    ***
    Der König war nach Aytré einzig zurückgekehrt, um seinen Rat und die Marschälle davon zu unterrichten, daß er um seiner Gesundheit
     willen für sechs Wochen nach Paris zurückkehre. Sowie er diese Erklärung jedoch abgegeben und Richelieu mit dem Oberkommando
     beauftragt hatte, war er nur mehr bestrebt gewesen, diesem regnerischen, windigen und widrigen Ort schleunigst den Rücken
     zu kehren. Der arme Héroard hatte am achten Februar seinen letzten Seufzer getan, am zehnten Februar verließ Ludwig Aytré.
    Wunderbarerweise regnete es an diesem Tag einmal nicht, die Sonne stand strahlend am kalten, wolkenlosen Himmel. Inmitten
     einer Eskorte von Armeestärke ritt Ludwig die Strecke nach Surgères – die erste Etappe auf dem Weg nach Paris –, um dort vom
     Kardinal Abschied zu nehmen. Seine leere Karosse folgte ihm, der wiederum die gleichfalls leere von Richelieu folgte.
    Wie ich später erfuhr, litt Richelieu an jenem Tag an Hämorrhoiden, und das Sitzen im Sattel dürfte ihm kein reines Vergnügen
     gewesen sein. Doch stillschweigend erduldete er die Qual, um sich nicht an demselben Tag zum Gespött zu machen, an dem er
     das Kommando der königlichen Armeen übernahm. Es versteht sich von selbst, daß seine nächsten Freunde, |189| Monsieur de Guron und ich, hinter ihm ritten, gefolgt von einer Kavallerieabteilung des Kardinals.
    Hinter Richelieus Karosse erkannte ich eine mit dem Wappen des Nuntius Zorzi. Allenthalben hatte er am Vortag verkündet, als
     Gesandter des Heiligen Stuhls in Frankreich habe er die Pflicht, beim König zu sein, wo immer er weile. Worauf Monsieur de
     Guron hinter vorgehaltener Hand flüsterte, es sei dies für den Nuntius eine sehr süße Pflicht, denn er verabscheue Aytré aus
     ganzem Herzen und sehne sich innigst nach dem Behagen, den Bequemlichkeiten und vielleicht auch gewissen Wonnen seines Pariser
     Heims.
    Fogacer begleitete ihn, denn obwohl der Nuntius sich der besten Gesundheit erfreute, fürchtete er nichts so sehr wie unversehens
     in eine bessere Welt einzugehen, wo er sich doch in Anbetracht seiner Robe immerhin eine privilegierte Behandlung erhoffen
     durfte. Trotzdem teilte er mit allen Sterblichen die Schwäche, an Medikamente mindestens ebensosehr zu glauben wie an Gebete,
     und reiste deshalb nie ohne seinen Arzt.
    Um noch bei Monsignore Zorzi zu bleiben, so ersuchte dieser den König, wie ich später hörte, kaum daß dieser in seiner Hauptstadt
     angekommen war, um eine Audienz und empfahl ihm mit unglaublicher Kühnheit (wohlverhohlen hinter seiner scheinbaren Naivität
     und Sprunghaftigkeit), er solle mit England Frieden schließen, weil das »Haus Habsburg eine bedeutend größere Gefahr für Frankreich
     darstelle«.
    Dieses »für Frankreich« war pikant, weil nämlich die spanischen Habsburger derzeit eine bedeutend größere Gefahr für Italien
     darstellten, sie hatten es bereits zur Hälfte besetzt und rückten dem noch freien Venedig und dem Kirchenstaat bedrohlich
     zu Leibe.
    Ludwig hätte Zorzi ironisch antworten können, daß er doch wohl eher für seine italienischen Heiligen predige als für einen
     französischen. Statt dessen entgegnete er steif, wie es seine Art war: »Die Engländer haben mich als erste angegriffen, also
     will ich, daß sie als erste mich um Frieden bitten. Das ist die Pflicht und das ist die Gerechtigkeit. Mehr habe ich dazu
     nicht zu sagen.«
    Erlaube mir, Leser, nach dieser Parenthese wieder nach Surgères zurückzukehren, wo der Vereinbarung gemäß der Abreisende von
     dem am Ort Bleibenden Abschied nehmen sollte. |190| Auf beiden Seiten herrschte bei dieser Trennung viel Kummer und Furcht, verlor doch der König seinen weisen Mentor und Richelieu
     seinen mächtigen Beschützer. Wie er so treffend gesagt hatte, wußte er nur zu gut, zu welchen Machenschaften man am Hof gegen
     einen Abwesenden fähig war.
    Dann war es soweit, der Kardinal lenkte sein Pferd als erster zu dem des Königs, Ludwig reichte ihm mit Tränen in den Augen
     die Hand und sagte mit stockender Stimme, er gehe ruhigeren

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