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Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Interesse, wenn ich hier bleibe. Ich
     wähle das Teil, das Eurer Majestät am nützlichsten ist, mir jedoch am gefährlichsten. Denn fern Eurer Majestät, das weiß ich,
     setze ich mich offen meinem Untergang aus. Ich kenne nur zu gut die Machenschaften, mit denen man am Hof gegen Abwesende vorgeht.«
    »Mein Cousin«, sagte Ludwig entschlossen, »wenn jemand Euch in meinem Beisein offen oder versteckt angreift, werde ich sofort
     für Euch eintreten und Euer Sekundant sein.«
    Der letzte Satz war kurios aus dem Munde eines Königs, der Duelle verboten hatte, doch an der Aufrichtigkeit seines Versprechens
     gab es keinen Zweifel. Es kam von Herzen und würde unbedingt gehalten werden.
    Auf der Rückreise nach Pont de Pierre sprach der Kardinal kein Wort, und sein Gesicht ließ nicht erkennen, was in ihm vorging.
     Bewegt zu sein hatte er sicherlich einigen Grund, befriedigt zu sein aber auch. Seine Majestät hatte seine Abwesenheit von
     sich aus auf sechs Wochen begrenzt. Er hatte ihm den Vorzug vor Angoulême und den anderen Marschällen gegeben und hatte seine
     Befürchtungen zerstreut, indem er ihn versicherte, jedweden, der ihn in seiner Anwesenheit am Hof angreifen würde, sofort
     in die Schranken zu weisen. Für mein Gefühl hatte es Ludwig am meisten berührt, als der Kardinal sagte, er wisse, daß er sich
     fern Seiner Majestät offen seinem Untergang aussetze.
    Am nächsten Tag fand in Aytré um zwölf Uhr eine Versammlung statt, der König hatte seinen Staatsrat, den Kardinal, den Herzog
     von Angoulême, die Marschälle von Frankreich und die Feldmarschälle zusammengerufen. Ludwig sprach mit erdrückender Majestät.
     Und keiner der Anwesenden, ob widersetzlich, ob störrisch, wagte einen Ton zu sagen, nachdem er seine Erklärung beendet hatte:
     Er reise für sechs Wochen nach Paris, Kardinal Richelieu habe den Auftrag, in seiner Abwesenheit das Kommando über die Armeen,
     das Aunis und die angrenzenden Provinzen zu führen. Übrigens wäre gar niemand |183| dazu gekommen, den Schnabel aufzutun, denn kaum hatte der König gesprochen, erklärte er die Sitzung für aufgehoben und ging.
    Als er die Versammlung verließ, kam Berlinghen gelaufen und meldete ihm, daß der Zustand von Doktor Héroard sich bedeutend
     verschlechtert habe, daß er äußerst geschwächt sei und im Sterben liege und daß die Ärzte meinten, er werde vor Tagesende
     verscheiden. Obwohl Richelieu alles tat, ihn davon abzuhalten, beschloß Ludwig, zu dem Sterbenden zu gehen. Er bat mich, ihn
     zu begleiten, vielleicht weil mein Vater einst gleichzeitig mit Doktor Héroard an der Ecole de Médecine zu Montpellier studiert
     hatte, vielleicht aber auch, weil ich seinen Leibarzt hochschätzte, und wäre es nur um der Liebe willen, mit der er das von
     seiner Mutter ungeliebte Königskind seit dem Tag seiner Geburt umhegt hatte.
    Aus Angst, der König könnte sich anstecken, ließen es die Ärzte nicht zu, daß er sich dem Sterbenden über einen Klafter weit
     nähere. Der arme Héroard, den ich eine Woche nicht gesehen hatte, lag bleich, abgezehrt und kraftlos da, als wäre er sein
     eigener Schatten. Seine Augen hatten aber noch Leben und leuchteten auf, als er den König erblickte, dem er seine ganze Zärtlichkeit
     und Fürsorge hatte angedeihen lassen, und das unausgesetzt über siebenundzwanzig Jahre, in denen er sich nur ein einziges
     Mal und auch nur für wenige Tage Ruhe auf seinem kleinen Gut gegönnt hatte.
    Ludwig, der ihn, niedergeschmettert von seiner Magerkeit und Blässe, anschaute, wagte nicht nach seinem Befinden zu fragen,
     er sah ja, wie es um ihn stand. Und weil er nicht wußte, was er ihm sagen sollte, fragte er, ob er sehr leide.
    Über Héroards eingefallenes Gesicht ging der Schatten eines Lächelns.
    »Sire«, sagte er, »jeder, der stirbt, er stirbt mit Schmerzen.«
    Mehr konnte er nicht mehr sagen. Zweimal suchte er noch krampfhaft Luft zu holen, sein Körper bäumte sich, dann fiel er schwer
     auf das Bett nieder. Man führte den König hinaus, geleitete ihn zu seiner Karosse, und kaum hatte er Platz genommen, stürzten
     ihm Tränen über die Wangen. Ich wette, daß er so lange an sich gehalten hatte, weil er es seiner unwürdig erachtete zu weinen.
     Als die Karosse anfuhr, wandte sich Ludwig ab, seine Augen zu trocknen, und mehrmals setzte er vergeblich |184| zum Sprechen an. Vermutlich hoffte er, es würde ihm helfen, seiner Seele Herr zu werden.
    »Monsieur d’Orbieu«, sagte er, indem er sich

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