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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Kardinal in Gegenwart anderer als ›Fleischwurst
im Dior-Kleid‹ bezeichnet worden. Sie hatte ihre Anzeige zurückgenommen mit der
Erklärung, man dürfe im politischen Raum nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Kardinal habe sich bei ihr entschuldigt, sie habe die Entschuldigung angenommen.
    Ein Verfahren
wurde noch bearbeitet. Es würde wohl so auf den Aktenbergen hin und her geschoben,
bis die Beteiligten es entweder vergessen hatten oder gestorben waren. Die Anzeige
stammte noch aus der Zeit des vorherigen Oberbürgermeisters. Er hatte Kardinal wegen
Nötigung und versuchter Nötigung angezeigt. Kardinal sollte nach der Anzeige Unternehmer
oder Geschäftsleute zu Spenden an bestimmte gemeinnützige Einrichtungen aufgefordert
haben, ansonsten würde er in seiner Eigenschaft als Mitglied des Vergabeausschusses
nicht garantieren können, dass sie weiterhin Aufträge von der Stadt Köln erhalten
würden.
    Böhnkes Augen
flogen über die beidseitig dicht bedruckten Papierblätter. Verfahren wegen Versicherungsbetrugs,
wegen nicht bezahlter Versandkäufe und Mieten oder wegen Erpressung waren vermehrt
eingestellt worden, weil die Anzeigen entweder nicht konkret genug waren oder weil
die Ermittlungen versandeten.
    Immer tiefer
stieg Böhnke in die Vergangenheit von Kardinal ein, wie sie sich aus Sicht der Ermittlungsbehörden
und der Ordnungsämter darstellte. Er wunderte sich nicht über das angehäufte Wissen.
Ob es legal zusammengetragen worden war, ob es im Streitfall verwendbar sein würde,
das scherte ihn nicht.
    Aber ob ihm jemals die Informationen
hilfreich sein würden?
    Er kam zu einem Verfahren, das die
Staatsanwaltschaft Köln gegen Kardinal wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge
eingeleitet hatte. Nach einem Fußballspiel im früheren Müngersdorfer Stadion war
ein junger Mann aus Aachen an den Folgen einer Schlägerei gestorben. Nach Zeugenaussagen
war das Verfahren eingestellt worden. Der Verstorbene hatte, so die Erkenntnis der
Staatsanwaltschaft, die Schlägerei provoziert. Kardinal habe sich nur gewehrt, seine
Verteidigungsschläge seien nicht mit tödlicher Absicht erfolgt.
    Er kam zum letzten Fall und er erinnerte
sich sofort an das spektakuläre Geschehen. Bei einem nächtlichen Autorennen von
Köln nach Aachen und zurück über die A 4 hatte ein Fahrer auf dem Kreisverkehr am
Europaplatz die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Es war ungebremst aus dem
Kreisel in eine abgehende Straße und dort in eine Menschenmenge gerast, die an einer
Ampel vor einem Fußgängerüberweg gewartet hatte. Bei diesem Unfall war ein Jugendlicher,
wiederum aus Aachen, ums Leben gekommen. Gegen Kardinal war ermittelt worden, weil
er in Verdacht geraten war, dieses Autorennen organisiert und als Wettgeschäft betrieben
zu haben. Doch ließ die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen. Der 18-jährige
Unfallfahrer wurde wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr zu einer Bewährungsstrafe
und einem mehrmonatigen Fahrverbot verurteilt.
    Wieder wuchs in Böhnke ein ungutes
Gefühl.
     
    Es ärgerte ihn, dass in allen Akten die Namen mit Ausnahme desjenigen
von Kardinal geschwärzt waren. Da hatte Küpper offenbar Angst vor der eigenen Courage
bekommen. Einen weiteren Verstoß gegen den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte
Dritter wollte er wohl nicht begehen. Und dennoch!
    »Warum hast du die Namen unkenntlich
gemacht?«, fragte er sofort, nachdem sich Küpper am Telefon gemeldet hatte.
    »Weil es mir völlig reicht, mit
einem Bein im Gefängnis zu stehen«, antwortete der Polizeirat nüchtern. »Das fehlt
mir noch zum Abschluss meiner Karriere, da ich mich auf der beruflichen Zielgerade
befinde. Eine Bestrafung wegen Verstoßes gegen den Datenschutz und das Dienstgeheimnis
muss nicht sein. Ich wollte einfach alle Eventualitäten ausschließen, die auf mich
hinweisen könnten, wenn die Unterlagen bei dir gefunden werden sollten.«
    »Aber du kennst die Namen, die du
überpinselt hast?«
    »Sagen wir mal so«, begann Küpper
langsam, »ich glaube, ich könnte mich ungefähr an einige Namen erinnern, wenn du
mich gezielt zu bestimmten Fällen fragst.«
    »Ich habe nur zwei Fälle«, sagte
Böhnke schnell, »der eine ist der mit dem Autorennen.«
    »Okay. Ich habe es mir fast gedacht«,
ließ sich Küpper vernehmen. »Das Opfer bei dem vermeintlichen Autorennen war ein
17-jähriger Junge aus Aachen. Er hieß Stephan, Stephan mit ›ph‹, Lipperich.«
    »Wie bitte?« Böhnke schüttelte

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