Kardinalspoker
in Bezug auf
Kardinal?«, reagierte der Kommissar mit einer Gegenfrage.
»Nichts von Belang«, meinte Müller
fast beiläufig, während er sich selbst einschenkte. »Die KGB hat einen Nachrücker
für den Stadtrat bestellt und benimmt sich wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen
ohne Hahn. Die haben keinen Plan und kein Konzept ohne ihren Vorturner.« Er leerte
sein Wasserglas in einem Zuge. »Von möglichen Tätern habe ich zwischenzeitlich nichts
gehört.«
»Und was ist mit seiner Frau und
seinem Sohn?«, unterbrach ihn Böhnke.
Müller schüttelte den Kopf. »Von
denen gibt es immer noch kein Sterbenswörtchen. Sie sind wie vom Erdboden verschluckt.
Wir können mit ihnen nicht in Kontakt treten. Aber ich habe jetzt endlich, ich glaube,
es war vorgestern, eine Mail erhalten mit einer Adresse, an die ich die Post schicken
könnte.«
Ob er sie haben könnte, bat Böhnke,
ohne einen Grund nennen zu können, warum er spontan darum bat.
»Warum?« Müller
sah ihn erstaunt an.
»Nur so«, antwortete
Böhnke schnell. »Vielleicht schreibe ich der Frau von Kardinal eine Kondolenzkarte.«
Müller akzeptierte
nickend, auch wenn es schien, als würde er Böhnkes Anliegen nicht verstehen. In
einem kurzen Telefonat bat er um die Angaben, die er in sauberer Schrift auf einem
Blatt notierte. »Hier, Dürener Straße 17.«
Böhnke trank langsam von seinem
Mineralwasser. »Sagen Sie mal, Herr Müller, was hat es eigentlich mit dem Strafverfahren
gegen Kardinal auf sich, das Ihr Vorgänger angestrengt hat? Sie wissen, die Sache
mit den Aufträgen im Vergabeausschuss und der angeblichen Nötigung.«
Müller staunte ihn überrascht an.
»Woher wissen Sie das denn?«
»Ist doch kein Geheimnis«, entgegnete
Böhnke lässig. »So etwas gehört zum Alltagsgeschäft einer Recherche.«
Müller behielt seinen erstaunten
Gesichtsausdruck bei. Ein wenig Hochachtung war hinzugekommen. Böhnke war wohl doch
verschlagener und besser, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Der Alte war
voll auf der Höhe, und daher mit Vorsicht zu genießen.
»Ihnen kann ich es ja sagen«, meinte
Müller kumpelhaft, »die Staatsanwaltschaft hat im Einvernehmen mit mir das Verfahren
zunächst einmal zur Seite gelegt. Wir warten ein Urteil ab in einem ähnlich gelagerten
Verfahren, das in einer Kleinstadt am Niederrhein läuft. In erster Instanz hat das
Amtsgericht dort einen angeklagten Ratsherrn freigesprochen. Aber die Staatsanwaltschaft
wollte wohl Berufung einlegen. Es kann allerdings sein, dass sie darauf verzichtet
hat. Da haken wir noch nach. Die Sache hier wird allerdings eingestellt, Kardinal
ist ja tot.«
»Damit ist ja auch die Geschichte
mit der ›Fleischwurst im Dior-Kleid‹ endgültig vom Tisch. Quasi durch Tod beendet.«
»Sie sind wirklich gut informiert«,
sagte Müller anerkennend. Er lächelte. »Das war auch wieder so ein typischer Kardinal-Deal.
Die Ratsfrau hat die Beleidigungsklage zurückgenommen und er wollte sie im Gegenzug
nicht mit der Lust- oder Luxusreisen-Affäre in Verbindung bringen.«
»Wieso?« Jetzt war es an Böhnke,
verblüfft zu blicken. »Was ist das denn?«
»Sie meinen die Luxusreisen-Affäre?«
Müller grinste. »Auch so eine politische Geschichte, über die es geteilte Auffassungen
gibt. Diese reinen Vergnügungsreisen waren vor meiner Zeit, deshalb bin ich zweifelsfrei
außen vor. Energieversorgungsunternehmen aus der Region haben gezielt Kommunalpolitiker
und Wahlbeamte aus der näheren Umgebung zu Reisen eingeladen. Dabei ging es um Reisen
etwa nach Norwegen mit Hubschrauberausflügen auf Ölbohrplattformen in der Nordsee
oder beispielsweise nach Rom, um sich dort über die Energieversorgung einer italienischen
Großstadt zu informieren. Das Fatale an der Angelegenheit: Die Teilnehmer haben
auf Kosten der einladenden Unternehmen ihre Partner mitnehmen können. Kardinal war
dahintergekommen und ging mit seinem Wissen hausieren, beziehungsweise, er nutzte
es, um seine Position zu stärken. So ist besagte Fleischwurst nicht mit ihrem Ehemann,
sondern in Begleitung einer anderen männlichen Person nach Rom geflogen. Damit hatte
Kardinal sie in der Hand.«
»Das eine ist doch ebenso ein Skandal
wie das andere«, warf Böhnke dazwischen.
»Im Prinzip schon«, stimmte ihm
Müller zu, »aber solange es kein öffentliches Verfahren gibt, wird gemauschelt und
getrickst.«
»Und versuchen Betroffene, sich
reinzuwaschen.«
Müller sparte sich die Antwort.
»Dann könnte
doch durchaus einer aus diesem
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