Kardinalspoker
haben.
Aber das kann ich nicht beschwören. Jedenfalls ist die pikante Sache ein für alle
Mal vom Tisch, was auch im Interesse aller Parteien ist, schließlich waren Vertreter
aller politischen Schattierungen beteiligt. Vor der letzten Landtagswahl ist die
Angelegenheit auf Intervention des Justizministeriums geräuschlos erledigt worden.«
Warum hatte
ihm Müller das nicht gesagt? Wenn er auf den Oberbürgermeister gehört hätte, würde
er wochenlang wegen einer Sache recherchieren, bei der es nichts mehr zu recherchieren
gab.
»Ablenkungsmanöver nennt man das
wohl, mein alter Freund«, bestätigte Grundler seine Überlegung. »Da siehst du mal,
wie vorteilhaft es ist, wenn man mit guten Freunden über alles reden kann.«
»Für wie blöd hält mich der Kerl?«
»Nimm es nicht persönlich«, riet
Grundler. »Der Müller denkt manchmal nicht zu Ende. Der war wahrscheinlich pikiert,
als du ihm die Fragen nach der Freundschaft und der Vergehen gestellt hast. Da wollte
er mit seinem Wissen punkten.«
So einfach sollte es sein?
»So einfach ist es, Commissario.
Glaube es mir.«
Das nächste Telefonat ließ nicht lange auf sich
warten. Mit einer derart schnellen Reaktion auf seine Karte hatte er nicht gerechnet.
Dennoch konnte er es nicht sein lassen, über Küpper zu lästern. »Typisch Düsseldorf,
die brauchen immer einen Tag länger, ehe denen die Post zugestellt wird«, feixte
er, als ihn sein alter Kumpel am Dienstag anrief.
»Das liegt
nicht an der Post«, knurrte Küpper eingeschnappt. »Dass ich dich erst heute anrufe,
das liegt einzig und allein an der Entwicklung der Lage. Ich habe das Wochenende
und auch den gestrigen Tag dazu genutzt, um an die alten Ermittlungsakten aus Köln
heranzukommen, auf die du so scharf bist.«
»Und jetzt willst du mir stolz mitteilen,
dass du sie vor dir auf dem Schreibtisch liegen hast? Du bist schon ein Teufelskerl.«
»Nein«, antwortete Küpper und legte
eine verdächtig lange Pause ein. »Die Staatsanwaltschaften aus Köln und Aachen haben
auf einmal ein verdammt großes Interesse an den Dingern. Unsere Ermittlungsbehörden
sind wohl doch nicht so schlafmützig wie manchmal behauptet. Die sind mindestens
genauso fix wie du, wenn nicht sogar noch fixer.«
Das sei wohl nur deshalb der Fall,
weil Küpper ihnen einen Tipp gegeben habe, behauptete Böhnke. »Und aus Dankbarkeit
darüber haben sie dir die Akten vor der Nase weggeschnappt.«
So sei es gewiss nicht, widersprach
der Kriminalrat. Es sei am Montag eine neue Wendung eingetreten, die selbst dem
einfältigsten Beamten, der einen Computer bedienen könne, den Weg gewiesen hätte.
»Man hat gestern am frühen Morgen bei Zons eine Wasserleiche aus dem Rhein gefischt.
Und wenn auch noch nicht alle Obduktionsergebnisse vorliegen, so ist eines doch
schon bekannt geworden: Bei dem Toten handelt es sich um einen Kleinkriminellen
aus Köln.«
Böhnke ahnte, was folgen würde.
»Sein Name ist Heinz-Willi Büchse«,
bestätigte Küpper die Vermutung.
Jetzt kam
der Polizeiapparat auf Touren: Kardinal – Adamczik – Büchse, deren Verbindung war
hergestellt über die Ermittlungsverfahren, bei denen die Opfer Lipperich hießen.
Dass deren Bruder Josef, nach langjähriger Haft kaum wieder auf freiem Fuße, seine
Brüder gerächt haben musste, lag auf der Hand. »Immerhin hat er bei seinen Zeugenaussagen
lautstark mit Rache gedroht. Und auch sein Vater ist wohl voller Verbitterung. Der
Alte hat ihn wahrscheinlich zu seinem Handwerkszeug gemacht.«
»Dann könnte der Mordfall Kardinal
also kurz vor der Aufklärung stehen?«, fragte Böhnke. Es sei wohl wahrscheinlicher,
dass die Familie Lipperich hinter den Morden stehe als jemand anderes.
»Es sei denn, die drei Toten sind
nicht wegen ihrer Beziehung, sondern trotz ihrer Beziehung ums Leben gekommen«,
gab Küpper zu bedenken. »Momentan sucht die Polizei deshalb nicht nur nach Vater
und Sohn Lipperich, sondern will auch eine aktuelle Verbindung zwischen den Opfern
beweisen.«
20.
Die Schlagzeile ›Mord am Tivoli aufgeklärt‹ versprach
mehr, als der Artikel halten konnte. Nach Böhnkes Denkart konnte nicht von einer
Aufklärung gesprochen werden, wenn es zwar eine Verhaftung, aber noch kein Geständnis
gegeben hatte. Und genau dies war der Fall, sofern die Fakten stimmten, die Sümmerling
in der Zeitung veröffentlichte. Die Polizei habe in Aachen einen Tatverdächtigen
festgenommen, einen Mann Mitte vierzig, der erst vor kurzer Zeit nach einer
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