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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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AZ-Reporter lachte. »Und
jetzt verraten Sie mir bitte, warum Sie mir ausgerechnet eine Ansichtskarte mit
dem Kölner Dom in die Redaktion schicken. Das ist ja fast schon eine Beleidigung
für einen Öcher Jung.«
    »Aber ich habe mein Ziel erreicht,
auch wenn Sie knatschig sein sollten«, entgegnete Böhnke vergnügt. »Sie haben mich,
wie von mir erwartet, angerufen.«
    »Und warum sollte ich?«
    »Weil ich von Ihnen wissen will,
was es mit den sogenannten ›Lustreisen‹ auf sich hat.«
    »Dafür brauchen Sie mir doch keine
Karte zu schicken«, brummte Sümmerling.
    »Richtig. Aber mir war danach. Also,
was ist mit den Lustreisen?«
    »Was soll damit sein? Das ist doch
typisch Kölscher Klüngel. Unsere Jungs und Mädels in den Rathäusern rund um Aachen
waren daran nicht beteiligt. Das waren nur Leute aus den Städten am Rhein. Deshalb
war das für uns auch kein Thema.«
    »Aber Kollegen von Ihnen aus Köln
oder Düsseldorf haben auch nicht darüber berichtet«, gab Böhnke zu bedenken.
    Dem sei in der Tat so, bestätigte
Sümmerling. »Das hat wohl zwei Gründe, glaube ich. Zum einen ist die Angelegenheit
derart komplex, sodass man schnell was Falsches geschrieben hat und dann die volle
Breitseite der Betroffenen zu spüren bekommt, zum anderen ist das Wissen von den
Lustreisen auch ein großes Faustpfand. Was meinen Sie, wie gesprächig und auskunftsfreudig
Politiker werden, wenn man ihnen verspricht, nichts über ihre Verfehlungen zu berichten.«
    »Das ist Erpressung!«, entfuhr es
Böhnke.
    »Nicht doch«, entgegnete der Journalist
gedehnt. »Das ist eine Abwägung über die Wichtigkeit von Informationen. Es dient
doch den Bürgern mehr, wenn sie wissen, dass es Schubkastenpläne in der Verwaltung
für den Bau einer Schnellstraße durch ihre Wohnsiedlung gibt, als das Wissen über
eine angebliche Vergnügungsfahrt ihres Ratsvertreters nach Rom. Das würde ich nicht
als Erpressung bezeichnen. Oder wollen Sie mir da etwa widersprechen, Herr Böhnke?«
     
    Grundler hatte sich über den Gruß aus Köln gefreut. »Das ist meine
erste Ansichtskarte seit vielen Jahren«, meinte er in seinem Telefonat.
    Böhnke lächelte. Seine Kartenaktion
schien erfolgreich zu sein.
    »Was hast du eigentlich mit meinem
Freund Müller gemacht?«, wollte der Anwalt wissen.
    »Wieso fragst du?«
    »Du knallst ihm da Geschichten vor
den Kopf, von denen er gar nicht glauben wollte, dass du sie kennst.«
    »Ich bin halt ein Kriminaler. Wenn
der einmal Blut geleckt hat, lässt er nicht mehr locker.«
    »Du hast Müller richtig nervös gemacht«,
informierte ihn Grundler. »Müller hat mich sofort nach deinem Besuch angerufen und
mich darum gebeten, dich in deinem Tatendrang zu zügeln. Du könntest sonst noch
einen spektakulären Deal zum Vorteil der Stadt Köln zunichte machen. Hat wohl etwas
mit einem niederländischen Kunstmäzen zu tun.«
    Böhnke hustete kurz. »Du glaubst
ihm wohl die Geschichte mit dem Ludwig-Forum?«
    »Müller ist mein Mandant«, antwortete
Grundler, verlegen hüstelnd, »also lege ich immer alles zu seinen Gunsten aus. Oder
soll ich das etwa nicht?«
    Böhnke schwieg. Es war seines Erachtens
nicht der richtige Zeitpunkt, Grundler über die Beobachtungen im Treppenhaus aufzuklären.
Er wechselte das Thema.
    »Was weißt du über die Luxusreisen-Affäre
am Rhein? Steckt dein Freund Müller auch mit drin?«
    Grundler lachte schallend auf. »Das
ist doch eine alte Klamotte. Die ist doch längst erledigt und eingestellt. Weißt
du das etwa nicht?«
    Woher sollte
er es wissen? Nach Müllers Worten hatte er annehmen müssen, das Verfahren sei noch
im Gange.
    »Nein. Da sind
alle Angelegenheiten längst still und heimlich beigelegt worden. Das weiß nur fast
niemand«, klärte ihn der Anwalt auf. »Ist für den Laien verdammt kompliziert, aber
es gab zum Teil Einstellungen, weil beispielsweise Bürgermeister und Ratsmitglieder
nach einem BGH-Urteil in einem ähnlichen Fall, in dem es um die Annahme eventueller
Vorteile ging, nicht unrechtmäßig gehandelt haben, wenn sie die Einladungen angenommen
haben. Zum anderen konnte bei Kommunalpolitikern kein strafbares Verhalten angenommen
werden, weil sie sich so verhalten haben, wie man es von ihnen erwarten kann. Da
blieb nur noch eine Handvoll Wahlbeamte, wie beispielsweise Beigeordnete und Dezernenten,
deren Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt wurden. Dem Vernehmen nach
sollen sich Versorgungsunternehmen in irgendeiner Weise an den Bußen beteiligt

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