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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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griff er nach dem Umschlag. »Das
ist das Honorar für den besten Strafverteidiger, den ich für Ihren Sohn finden konnte.«
    Jetzt war es an Lipperich, Erstaunen
zu zeigen.
    Böhnke lächelte grimmig. »Vermutlich
wird es noch heute Nachmittag ein Gespräch zwischen Ihrem Sohn und dem Anwalt geben.
Ich hoffe, dass ich danach unverzüglich informiert werde. Wie kann ich Sie erreichen?«
    Lipperich erhob sich mühsam. »In
Huppenbroich gibt es doch bestimmt eine Gaststätte mit Fremdenzimmern. Dort werde
ich mich einnisten.« Er streckte Böhnke die Rechte zum Abschied hin.
    »Eine Frage noch zum Abschluss:
Glauben Sie, dass mein Sohn schuldig oder unschuldig ist?«
    Böhnke war unschlüssig. Zweifelte
Lipperich jetzt selbst oder wollte er ihn locken? Aber er war nicht länger bereit,
allein nach den Spielregeln des anderen hin und her geschoben zu werden. »Sie wollen
eine ehrliche Antwort von mir?«
    »Ja.«
    »Ihr Sohn ist schuldig!«

21.
     
    Er empfand es, je länger er in Huppenbroich wohnte,
als Vorteil, dass nahezu jeder jeden kannte. Anfangs, nach seinem Umzug in Lieselottes
umgebauten Hühnerstall, hatte er es als unhöflich erachtet, wenn er ungeniert nach
privaten oder beruflichen Dingen befragt wurde. Inzwischen hatte er selbst keine
Scheu mehr, unverhohlen nach bestimmten Leuten zu fragen, nachdem er Gästen stolz
als ›unser Kommissar‹ vorgestellt worden war. Gewisser­maßen war er zu einem Huppenbroicher
geworden, eine Auszeichnung, auf die Wochenendbewohner wohl ewig und vergeblich
warten würden. Vom Interesse getrieben und nicht von der Neugierde, wie er beteuern
würde, steuerte er morgens die Alte Post an. Verständlicherweise stand er vor einer
verschlossenen Gaststätte, was ihn nicht kümmerte. Aus der anliegenden Wohnung trat
in derber Arbeitskleidung ein Mann, ein wenig älter als er selbst, auf den Hof.
    »Wennse wills, kannse mit auf die
Kutsche, woll«, begrüßte ihn der frühere Wirt, der trotz seines jahrzehntelangen
Verbleibs in Huppenbroich immer noch nicht seine Herkunft aus dem Ruhrgebiet verheimlichen
konnte.
    »Will nicht«, antwortete Böhnke
knapp.
    »Bisse am Ermitteln?«
    So könne man es nennen, bestätigte
der pensionierte Kommissar schmunzelnd. »Habt ihr vielleicht gestern einen Gast
gehabt, der wie ein Penner aussah?«
    »Jawohl. Wir haben ziemlich dumm
geguckt, als der Kerl in die Gaststube kam, woll. Meine Tochter hatte Bedenken,
ihm ein Essen zu servieren, weil wir glaubten, der würde schnorren wollen. Aber
dann hat er gefragt, ob er ein Gästezimmer mieten könnte, woll.« Man habe ihn dann
eine Pension in Simmerath empfohlen. »Als wennse bei uns ein Zimmer kriegen tust.«
    »Er ist also in Simmerath geblieben?«
    »Nee, dat glaub ich nich, woll.
Er hat dat nur wissen wollen. Et könnte sein, dat er mal janz spontan nach hier
kommen wird.« Der Mann schüttelte den Kopf und zupfte sich am Ohrläppchen. »War
irgendwie ein Spinner, woll. Er hat gegessen und dann ein Taxi bestellt. Als er
bezahlte, ist mir echt die Spucke weggeblieben. Der hatte einen dicken Stapel Hunderter
in der Hosentasche.«
    »Weißt du denn, wohin der Taxifahrer
ihn bringen sollte?«
    »Nach Aachen, hat er gesagt, woll.«
Damit war für ihn das Gespräch beendet. Aus seiner Sicht war alles gesagt. Obendrein
wurde das Schnauben und Wiehern aus dem gegenüberliegenden Stall lauter und unruhiger.
»Heidi, Bertha, seid mal stille. Ich komme ja schon!«, rief er, als er sich Richtung
Pferdestall in Gang setzte.
     
    Ob Lipperich tatsächlich nach Aachen gefahren war? Böhnke schenkte
sich die müßige Antwort. Viel mehr interessierte ihn, weshalb Lipperich die Absicht
haben konnte, spontan nach Huppenbroich zu kommen und hier zu übernachten. Er hätte
wieder fahren können, nachdem er ihm das Geld vorbeigebracht hatte. Aber auch diese
Frage blieb unbeantwortet.
    Der aufkommende kalte Wind und die
schnell heranziehenden dunklen Wolken veranlassten Böhnke, umgehend zu seiner Wohnung
zurückzukehren. Gestern war es noch zu mild für die Jahreszeit gewesen, heute stand
ein Umschwung unmittelbar bevor. Das Wetter konnte sehr rasch äußerst ungemütlich
werden, hier auf den Höhen der nördlichen Eifelhänge. Mit für ihn schnellen Schritten
umkurvte er den Feuerlöschteich, der fast zugewuchert war, und eilte durch die schmale
Gasse zur Kapellenstraße. Er hatte kaum die Wohnungstür aufgeschlossen, als sich
der Himmel öffnete und die Regentropfen auf die Steine der Terrasse

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