Kardinalspoker
klatschten.
Zeitgleich preschte ein in die Jahre
gekommener, blassroter Opel Astra in die Einfahrt und kam quietschend zum Stillstand.
Grundler sprang aus dem Fahrzeug und hastete hinter Böhnke her.
»Das habe ich gerade noch geschafft
vor dem großen Regen«, keuchte er. Ungeniert lief er durch die Wohnung und platzierte
sich im Sessel im Wohnzimmer.
»Bist du vor Sabine geflüchtet?«
Böhnke hielt sich ebenso wenig wie sein Besucher an Höflichkeitsfloskeln auf. »Oder
was bringt dich sonst noch hierher?« Er musterte den Anwalt, der unverkennbar seit
dem letzten Besuch einige Pfunde verloren hatte, aber immer noch viel Übergewicht
mit sich herumschleppte.
Grundler konnte sich ein Grinsen
nicht verkneifen. »Freut mich, dass du so um mein Privatleben besorgt bist. Wir
arbeiten dran.« Er kratzte sich über den Kopf, und erst jetzt fiel es Böhnke auf,
dass Grundler beim Friseur gewesen war, der ihm eine ordentliche Frisur verpasst
hatte. Die Zeit der langen Haare war vorbei. Wohl nicht nur bei Frauen galt der
Spruch: Ein neues Leben beginnt mit einer neuen Frisur.
»Du weißt doch selbst, weshalb ich
hier bin.« Grundler verschränkte die Arme im Nacken. »Mein neuer Mandant, den du
mir aufs Auge gedrückt hast. Unsere Freunde von der Staatsanwaltschaft wollen ihm
drei Morde anhängen. Kardinal, Adamczik und Büchse, so heißen die Männer, die er
gekillt haben soll. Aber wie ich dich kenne, bist du über die Vorgeschichte bestens
informiert.«
»Kannst du dir schenken«, bestätigte
Böhnke. »Verrate mir lieber, was Lipperich sagt.«
»Er sagt im Prinzip nichts. Er hat
sich angehört, was ihm vorgeworfen wird, und geschwiegen. Er hat lediglich zu Protokoll
gegeben, dass er unschuldig sei.«
»Hast du denn mit ihm unter vier
Augen sprechen können?«
»Habe ich«, antwortete Grundler.
»Aber er ist sehr vorsichtig, auch mir gegenüber. Er habe nichts Unrechtes getan.
Sein Vater werde es richten.«
Böhnke kam mit den zwei Kaffeetassen,
die er in der Küche gefüllt hatte, an den Wohnzimmertisch. »Was hast du denn für
einen Eindruck von ihm?«
Dankend nahm der Anwalt die Tasse
entgegen. »Indifferent. Auf eine Art scheint Lipperich verschlossen, vielleicht
sogar in seiner Persönlichkeit gebrochen durch den Knastaufenthalt und total abhängig
von seinem Vater. Zum anderen scheint er zu allem entschlossen. Noch einmal würde
er nicht in einem Gefängnis landen. Er scheint total auf seinen Vater fixiert. Er
hat mir sogar dessen Handynummer gegeben, damit ich ihn immer auf dem Laufenden
halte. Und nach jedem Satz sagte er, dass er unschuldig sei.«
»Hat er sich zu den Toten geäußert?«
»Es sei nicht schade um sie. Er
wäre sogar froh, dass sie tot seien. Aber noch mal: Er selbst sei unschuldig.«
»Alibis?«
»Keine stichfesten«, antwortete
Grundler. »Kneipentouren, allein zu Hause. Halt das Übliche, das weder richtig nachprüfbar
ist noch als eindeutig falsch bewiesen werden kann.« Grundler hatte die Kaffeetasse
abgestellt und rieb sich vergnügt die Hände. »Wird bestimmt ein toller Prozess.
Es fällt mir zwar schwer zu glauben, dass Lipperich ungeschoren aus der Sache herauskommt,
aber ich werde alles für ihn tun, was ich machen kann. Interessant ist, dass sich
die Staatsanwaltschaften in Aachen und Köln darum reißen, die Zuständigkeit für
dieses Verfahren zu bekommen. Die streiten sich richtig darüber. Für unsere Freunde
ist noch nicht sicher, ob Lipperich in Aachen oder in Köln der Prozess gemacht werden
soll. Da könnte ich eventuell einen formellen Verfahrensfehler finden.« Grundler
lachte auf. »Du verschaffst mir mehr Arbeit, als ich mir vorgenommen hatte. Aber
was macht man nicht alles für seine Freunde?«
Freunde, das war für Böhnke das Stichwort. »Ist Müller auch einer deiner
alten Freunde?«
»Wieso?«, fragte Grundler vorsichtig
zurück.
Er habe mehr und mehr den Eindruck,
Müller spiele mit gezinkten Karten, erläuterte Böhnke, während er zur Küche ging,
um seine Tasse aufzufüllen. »Ich meine, der verhält sich merkwürdig. Er ist nicht
offen. Beispielsweise faselt er etwas von einem Geheimtreffen in Aachen, über das
er nichts sagen darf, dann will er mich mit dieser Lustreisen-Affäre im Prinzip
verarschen. Ich trau dem Kerl nicht über den Weg.«
»Du traust dem doch nur deshalb
nicht, weil du was gegen Politiker hast«, provozierte Grundler.
»Nein«, Böhnke lächelte schwach.
»Solange noch die Möglichkeit besteht, dass Kardinal wegen
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