Kardinalspoker
wählte
die Telefonnummer, die ihm Kardinals Witwe gegeben hatte. Die automatische Mitteilung,
die er erhielt, war nicht dazu angetan, seine Stimmung aufzuhellen. »Kein Anschluss
unter dieser Nummer«, so konnte er die französischsprachige Ansage übersetzen.
23.
Ein Frühstück mit Lieselotte, das war gewöhnlicherweise nur eine Wochenendangelegenheit.
Doch nun saß sie überraschend neben ihm.
»Ich bin die Christel von der Post«,
hatte sie ihm grinsend erklärt, als sie am frühen Morgen die Wohnung betrat und
ihn aus dem Bett scheuchte. Ob sie die Bemerkung humorvoll oder leicht vorwurfsvoll
machte, konnte er nicht aus ihrem Tonfall heraushören, wollte er aber auch besser
nicht wissen.
»Commissario, dein Freund Tobias
schickt seine Dienerin zu mir und deine Dienerin eilt sofort zu dir, um dir einen
Laptop zu bringen. Ihr habt eure Frauen gut unter Kontrolle. Das muss ich schon
sagen.«
Böhnke verkniff sich eine Erwiderung.
Kurz nach dem Aufstehen mit seiner Liebsten über die Beziehung zwischen den Geschlechtern
zu diskutieren, hätte ohnehin mit einer Niederlage für ihn geendet.
»Kannst du überhaupt mit dem Ding
umgehen?«, fragte sie kauend. Sie hatte ihm den frischen Toast vom Teller stibitzt
und beobachtete, wie er sich zum Toaster auf der Anrichte trollte.
»Tobias hat mir erklärt, ich müsste
nur den Startknopf oben links drücken«, antwortete Böhnke ein wenig pikiert. »Es
wird schon klappen.« Irgendwie freute es ihn, dass Lieselotte ihm so schnell den
Laptop vorbeigebracht hatte; damit hatte er wirklich wegen ihrer beruflichen Belastung
nicht rechnen können.
»Ich weiß doch, wie nervös du wirst,
wenn du nicht weiterkommst, Commissario.«
Als hätte Lieselotte seine Gedanken
lesen können, staunte er.
»Aber glaube bloß nicht, ich verplempere
meine freie Zeit damit, für dich Kurierdienste zu leisten«, fuhr sie fort. »Ich
habe hier ein paar Unterlagen liegen lassen, die ich heute unbedingt in der Apotheke
brauche. Du bist eigentlich nur eine angenehme Begleiterscheinung, mein Liebster.«
Sie lachte, als sie seinen griesgrämigen Gesichtsausdruck wahrnahm. »Freue dich
doch, dass ich da bin. Ein Frühstück mit mir ist doch viel schöner für dich als
wie ein Frühstück ohne mich.«
Da war es wieder, das ›als wie‹,
für das er Lieselotte so mochte. Und somit nahm das Frühstück doch noch ein versöhnliches
Ende für ihn. Er freute sich über die belebende Unterbrechung seiner Einzelhaft,
wie er die Tage allein in Huppenbroich ohne seine Apothekerin bisweilen auch bezeichnete.
Mehr Mühe als angenommen bereitete ihm der Anschluss des kleinen Rechners
ans Stromnetz. Es dauerte, bis er endlich die passende Steckverbindung fürs Kabel
gefunden hatte. Auch das Öffnen des Laptops gestaltete sich schwieriger als erwartet.
Erst nach längerem Hantieren kapierte er, dass er gleichzeitig die Arretierungen
an beiden Seiten des Bildschirmteils drücken musste, damit sich das Gerät aufklappen
ließ. Dann endeten aber seine Bemühungen. Es gab keinen Startknopf oben links. Entweder
war er zu blöd, um den Knopf zu finden, oder Tobias hatte ihn falsch instruiert.
»Du technische Niete!«, pfiff er
am Telefon den Anwalt an. »Du hast keine Ahnung, wie dein eigener Laptop funktioniert.
Oder kannst du mir verraten, wo sich der verflixte Startknopf versteckt hat?« Oben
links sei er jedenfalls nicht.
Das habe er auch nicht gesagt, erwiderte
Grundler. »Unten rechts musst du den Laptop einschalten. Das erkennt doch jedes
Kind.«
Er sei kein Kind, sondern ein Pensionär,
der die Computertechnik nicht mit der Muttermilch aufgesogen habe, knurrte Böhnke.
»Zu meiner Zeit schrieb man noch Briefe.« Er verzichtete darauf, auf seinen Standpunkt
›oben links‹ zu beharren. Für derartig unergiebige Wortwechsel wollte er weder Zeit
noch Energie verschwenden.
Tatsächlich flackerte der Bildschirm
nach wenigen Sekunden auf und eine Melodie erklang. Dann lachte ihn Sabine an.
»Wehe, du fummelst an meinem Bildschirmhintergrund
herum«, ließ sich Grundler vernehmen. »Wenn du mit deinen dicken Fingern richtig
über die Steuerplatte fährst, kannst du den Cursor auf das Symbol mit dem Titel
›Sybilla‹ lenken. Dort findest du alles, was dein Herz begehrt und dich vielleicht
auch atemlos macht.«
»Wieso atemlos?«, fragte Böhnke
verblüfft.
»Wirst du sehen. Ich habe jetzt
keine Zeit für langwierige Erklärungen«, antwortete Grundler schnell. »Ich habe
gleich wegen Lipperich
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