Kardinalspoker
sein
Versprechen gehalten und ihn befördert. Er war in der Hierarchie eine Stufe nach
oben geklettert und hatte eine vertrauensvolle Position eingenommen, bei der es
um mehr ging als um das Ausschalten von Feinden oder unzuverlässigen Kleinkriminellen
in den eigenen Reihen. Jetzt ging es ums Geschäft, um Geld, um Macht. Die eigenen
Jungs würden ihm noch mehr Respekt entgegenbringen. Die Zeiten, in denen er sich
mit solchen Idioten wie Kardinal oder dem Zwerg herumschlagen musste, die waren
endlich vorbei. Die Schnarchsäcke würden ab sofort Handlangerdienste für ihn leisten,
ihn beschützen müssen, dafür sorgen, dass die Bullen ihn nicht zu fassen kriegten.
Leichte Enttäuschung wuchs in seinem
Gesicht, als er in der Tiefgarage nicht die große Limousine vorfand, sondern einen
unscheinbaren und auch schon angerosteten roten Ford Focus. Nicht gerade der standesgemäße
Dienstwagen eines erfolgreichen Vertreters für Produkte der chemischen Industrie.
Er wusste nicht genau, was ihn in
Holland erwarten würde, er hatte nur davon gehört, dass der Alte mit Geschäftsfreunden
dort einen regen Handel betrieb. Der Alte hielt sich ja ohnehin mehr in Holland
als in Aachen oder Köln auf.
Er würde die Lümmeltüten an den
Adressen in Limburg abliefern. Im gleichen Atemzuge nahm er Geldumschläge, Kokspakete
oder Dosen mit Ecstasypillen entgegen. Er würde sehen, ob sich das bestätigte, was
er im Dunstkreis des Alten gehört hatte. Der Alte hatte wohl die perfekte Tarnung.
Und die Gerüchte, dass er seinen eigenen Sohn nach dessen verbüßter Haft ins Unternehmen
eingeschleust hätte, nahm er mit großer Zufriedenheit hin.
Kurz hinter dem Grenzübergang Lichtenbusch verließ er die Autobahn,
die von Aachen in Richtung Eindhoven führte, und bog in Richtung Valkenburg ab.
Er suchte einen ehemaligen Bauernhof, auf dem sich ein Luxusbordell etabliert hatte.
Ursprünglich sollte er diese Station als zweite ansteuern. Aber die erste Adresse,
die er anfahren sollte, war kurzerhand von der Liste gestrichen worden. Den Grund
dafür hatte er am Morgen bei seiner Zugfahrt in einer herrenlosen Zeitung gelesen.
Das Ecstasylabor war am Vortag von der Polizei ausgehoben worden, dabei hatten die
Bullen eine millionenschwere Pillenmenge sicherstellen können.
Er wunderte sich über die Selbstverständlichkeit,
mit der er an den einzelnen Stationen seiner Tour behandelt wurde. Er lieferte seine
Ware ab und packte die erhaltenen Waren in den Karton. Wenn er überschlug, hatte
er bestimmt einen Warenwert von mehreren Millionen Euro bei sich. Da war die Versuchung
groß, sich davon zu bedienen. Aber er würde den Alten niemals hintergehen. Die bescheuerten
Typen, die das versucht hatten, lebten nicht mehr.
Trotz der wertvollen Fracht trat
er unbekümmert die Rückfahrt an. In einem Bordell in Eigelshoven hatte er den letzten
Tausch vorgenommen. Die Region war halt das Handelszentrum für Drogen aller Art,
die ins Rheinland und vornehmlich in den Kölner Bereich geliefert wurden. Er fluchte
über das fehlende Navi in dieser Schrottkiste und suchte erfolglos an den Straßenkreuzungen
nach Hinweisschildern in Richtung Aachen oder Köln. Er hatte sich irgendwie verfranzt.
Zu den einzelnen Stellen hatte es detaillierte Angaben auf seinem Streckenplan gegeben.
Die Rückfahrt nach Köln musste er ohne Hilfe bewerkstelligen.
Auf einer leeren Landstraße, die
nach seiner Vermutung zur deutschen Grenze führen musste, wurde er rasant von einem
Landrover mit niederländischem Kennzeichen überholt. Kaum war der an seinem Focus
vorbeigeschossen, verlangsamte der Fahrer die Fahrt, sodass er genötigt war, voll
in die Eisen zu steigen. Er kam gerade noch hinter dem Penner zum Stillstand, ruckte
dann aber nach vorne gegen die Stoßstange des Vordermannes, als sein Wagen von hinten
leicht angestoßen wurde. Im Rückspiegel erkannte er die Front eines weiteren Landrovers.
Die beiden Geländewagen hatten ihn in die Zange genommen. Er wusste sofort, wo er
die Fahrzeuge gesehen hatte: wenige Minuten vorher auf dem Parkplatz des Bordells.
Der Fahrer des ersten Wagens, ein
in eine Lederkombi gekleideter Bartträger, kam auf ihn zu.
Als er das Seitenfenster öffnete,
starrte er in den Schalldämpfer einer Pistole. Ehe er reagieren konnte, hatte er
die Waffe an der Schläfe. Er kam gerade noch dazu, einen letzten Gedanken zu fassen:
Sein Vertrauen in den Alten war wohl einseitig gewesen. Dann löste sich der Schuss.
25.
Das hektische
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