Karibik Träume... und zwei Leichen
schmollend die Unterlippe nach vorne. Naja, so ist das eben. Das Leben geht weiter. Ich klickte auf die Nachricht von Bob. Er wäre schockiert. Thorsten wäre einer von den Guten gewesen. Es täte ihm unendlich leid. Ganz besonders jetzt, nachdem das Geschäft in trockenen Tüchern sei. Thorsten wäre so glücklich gewesen, als er es ihm am Telefon gesagt habe. Mit großen Augen starrte ich auf den Bildschirm. Das konnte doch nicht wahr sein. Ich hackte ein: „Habe ich richtig verstanden, dass Thorsten wusste , dass der Deal perfekt war?“ Ich drückte den „Senden“-Knopf und griff nach meinen Zigaretten. Ich hatte sie noch nicht angezündet, als es „Ping“ machte. Ich warf das Feuerzeug auf den Tisch. Bob.
Er schrieb: „ Copy! Hast Du richtig verstanden.“
Ich gab ein: „Hey, chamo , du bist noch online?“
Wie spät war es dort jetzt? Ich sah auf die Uhr. Sechs Stunden Unterschied. Früher morgen. Ich fing gerade an den Bildschirm zu hypnotisieren, als es wieder „Ping“ machte.
„ Yep, Buddy. How are you?“
Die Fluppe hing kalt in meinem Mundwinkel. Die Tastatur machte Tack, tack, tack. „ Mas o menos regular. Ali ist tot und hier ist irgendetwas nicht ganz koscher. Wie ist es bei Dir?“ -Klick-Senden-
Das Warten nervte. Wären wir besser in einen Chatroom gegangen. Aber ich wusste nicht, ob er ein Hotmail Account hatte. Und ich war zu hektisch, um jetzt eins mit ihm einzurichten. Ich hatte mich mit Dayana auch schon mal bei tun-tun und mipunto getroffen, aber da war alles auf Spanisch. Ich wusste nicht, ob ich da noch klar kam und ich Bob erklären konnte, was er da machen solle.
Er antwortete: „Was meinst Du mit „Ali tot und etwas nicht ganz koscher“?“
Meine Finger flogen über die Tastatur. „Ali war mit zur Beerdigung. Dann ist sie verschwunden. Nach zwei Tagen wurde sie aus dem Kanal gefischt.“
„ O my God! Selbstmord?“
„Wissen die Bullen noch nicht. Oder sie sagen es nicht.“
„Fuckin´ hell!!!“
„Was war mit Thorsten und Eurem Geschäft?“
„Wir haben den Vertrag. Thorsten ist vor Glück an die Decke gesprungen. Er wollte sofort los und einen Flug buchen.“
„Bist Du sicher?“
„ Claro. Warum bohrst Du so darin herum?“
„Erklär ich Dir später. Ich muss jetzt weg.“
„Hey, ich hab´ jetzt ein Problem. Jemand muss Thorsten´s Job machen, sonst platzt das Geschäft. Kennst Du einen?“
„Ich hab´ jemanden im Kopf. Ich sag Dir heute Abend Bescheid.“
„Kannst Du mich anrufen? Ich muss schnellstens Antwort haben.“ Es folgte die Nummer.
„Wann brauchst Du den Mann?“
„Gestern. Ich kann die Kunden nicht mehr lange ruhig halten.“
„Ich ruf´ an.“
„ Gracias, Kumpel. Du hast ein Bier bei mir gut. Out! “
Ich lehnte mich zurück. Sah an die Decke. Lose Gedankenfetzen fingen an zu kreisen. Erinnerungen an einzelne Worte und Satzfragmente. Kleinigkeiten, denen ich keine Bedeutung beigemessen hatte. Langsam formte sich ein Bild. Wurde schärfer. Ein Szenario entstand. Wir sind es nicht gewohnt, das Unglaubliche anzunehmen und auch nur ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Registrieren nicht die Zeichen an der Wand. Oder unterdrücken sie. Was nicht wahr sein darf, ist eben nicht da. Wie die Oma, die, stur nach unten guckend, über die Straße tapert. Auto ich seh´ dich nicht, also bist du auch nicht da.
Da war eine Theorie. Eine hässliche Theorie. Und wenn ich eine bestimmte Person damit konfrontierte, wurde es bestimmt noch hässlicher. Aber ich musste es wissen. Ich wollte gerade den Lap-Top zuklappen und aufspringen. Stop. Ich klappte ihn wieder auf. Eins noch. Ich schrieb.
„Hi Dayana, vergiss diesen Trottel. Morgen mehr.“
Ich besah mir das Geschriebene. Nicht sehr eindrucksvoll. Ich musste mir mehr Zeit nehmen. Ich verwarf die Notiz. Schrieb stattdessen: „Rufe Dich heute oder morgen an. Wann bist du zu Hause?“ Und ab die Post.
Ich schaltete aus, griff meinen Helm und die Jacke und raste noch einmal nach Königshardt.
Kapitel 9
9
Natürlich öffnete Carla nicht, als ich Sturm schellte. Hatte ich auch nicht ernsthaft mit gerechnet. Deshalb hielt ich mich auch nicht lange an der Haustür auf, sondern eilte nach dem zweiten Versuch zur Gartentür. Gerade noch rechtzeitig. Mit Schwung öffnete ich sie. Carla war etwa einen halben Meter dahinter und hatte schon den Schlüssel in der Hand, um abzuschließen. Sie
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