Karibische Affaire
viel«, sagte sie, »und haben Krach noch und noch. Auch, wenn sie sich gern haben! Und sie streiten in aller Öffentlichkeit.«
»Manche Leute wollen es eben so«, sagte Evelyn. »Das hat weiter nichts zu bedeuten.«
»Nun, ich finde es schauderhaft«, meinte Molly.
»Ich eigentlich auch«, sagte Evelyn.
»Aber wenn man Sie und Edward sieht – «
»Ach Molly, es hat ja keinen Sinn! Ich kann Sie nicht noch länger in diesem Glauben lassen. Edward und ich – « sie machte eine Pause, »nun, wenn Sie die Wahrheit hören wollen, wir haben in den letzten drei Jahren kaum ein Wort privat miteinander gesprochen.«
»Nein!« Molly starrte sie entgeistert an. »Das – das kann ich nicht glauben!«
»Oh, wir spielen beide ganz gut Theater«, sagte Evelyn. »Wir wollen beide keinen Krach in der Öffentlichkeit. Außerdem gibt es gar nichts, worüber wir streiten könnten.«
»Aber wieso –?«, sagte Molly entgeistert.
»Immer dasselbe.«
»Was meinen Sie damit? Eine andere –?«
»Ja, es ist eine andere Frau im Spiel, Sie werden ganz leicht erraten, wer.«
»Meinen Sie Mrs Dyson – Lucky?«
Evelyn nickte.
»Ich weiß, sie flirten viel miteinander«, sagte Molly, »aber ich dachte, das sei nur…«
»Nur gehobene Stimmung?«, sagte Evelyn. »Und nichts dahinter?«
»Aber warum« – Molly suchte nach Worten – »haben Sie denn nicht – aber das geht mich wohl nichts an.«
»Fragen Sie ruhig«, sagte Evelyn. »Ich hab’ es satt, nie ein Wort zu sagen, ich hab’ es satt, immer nur die brave, glückliche Gattin zu spielen! Edward hat einfach bei Lucky total den Kopf verloren. Und dann war er noch dumm genug, damit zu mir zu kommen und es mir zu erzählen. Vielleicht war ihm dann leichter. Aufrichtigkeit, Ehrenhaftigkeit und so Sachen. Ob mir dann leichter würde, daran dachte er nicht.«
»Wollte er Sie verlassen?«
Evelyn schüttelte den Kopf. »Wir haben zwei Söhne, wissen Sie«, sagte sie. »Und wir hängen beide sehr an ihnen. Sie gehen in England zur Schule, und wir wollten das Zuhause nicht zerstören. Auch Lucky wollte keine Scheidung, denn Greg ist sehr reich, seine erste Frau hat ihm sehr viel hinterlassen. So haben wir beschlossen weiterzuleben, so gut es geht – Edward und Lucky in glücklicher Immoralität, Greg in gesegneter Ahnungslosigkeit, und Edward und ich einfach als gute Freunde.« Sie sprach mit leidenschaftlicher Erbitterung.
»Aber – wie halten Sie das durch?«
»Man gewöhnt sich an vieles. Nur manchmal – «
»Ja?«, sagte Molly.
»Da möchte ich dieses Weib umbringen.«
Molly erschrak vor der Leidenschaft hinter diesen Worten.
»Aber Schluss damit«, sagte Evelyn. »Sprechen wir lieber von Ihnen. Ich möchte wissen, wo Sie der Schuh drückt.«
Nach einigem Schweigen sagte Molly: »Es ist nur – ich glaube, mit mir stimmt was nicht.«
»Stimmt etwas nicht? Wie meinen Sie das?«
Molly schüttelte unglücklich den Kopf. »Ich hab’ Angst«, sagte sie. »Ich hab’ schreckliche Angst.«
»Wovor?«
»Vor allem und jedem«, sagte Molly. »Es – wird immer ärger. Stimmen im Gesträuch, Schritte – oder Dinge, die die Leute sagen. Als wäre jemand die ganze Zeit hinter mir her, spioniert mir nach –. Es gibt jemanden, der mich hasst, dieses Gefühl werde ich nicht los. Es hasst mich jemand.«
»Mein liebes Kind!« Evelyn war tief erschrocken. »Seit wann ist das so?«
»Ich weiß nicht. Es kam – es begann nach und nach. Und es gab auch anderes.«
»Was zum Beispiel?«
»Es gibt Zeiten«, sagte Molly langsam, »von denen ich nichts weiß, an die ich mich einfach nicht erinnern kann.«
»Meinen Sie Bewusstseinslücken?«
»Ich glaube. Das ist – also zum Beispiel, es ist fünf Uhr – und ich kann mich seit halb zwei, zwei Uhr an nichts mehr erinnern.«
»Aber, meine Liebe, da sind Sie eben eingenickt!«
»Nein«, sagte Molly, »das ist ganz anders. Denn sehen Sie, wenn ich wieder zu mir komme, bin ich an einem anderen Ort. Manchmal bin ich sogar anders angezogen, und manchmal habe ich Dinge getan, sogar mit Leuten gesprochen und weiß gar nichts davon.«
Evelyn war bestürzt. »Aber Molly, meine Liebe, wenn das so ist, dann müssen Sie einen Arzt aufsuchen!«
»Ich will keinen Arzt sehen, ich will nicht! Nicht einmal in die Nähe geh’ ich ihm!«
Evelyn blickte sie aufmerksam an, dann umfasste sie die Hand der jungen Frau.
»Vielleicht ist Ihre Angst ganz grundlos, Molly. Sie wissen doch, es gibt alle möglichen Nervenstörungen, die gar nicht so
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