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Karl der Dicke beißt sich durch

Karl der Dicke beißt sich durch

Titel: Karl der Dicke beißt sich durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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das Kabel nicht abgerissen war. Als er sich nach kurzer Zeit aufrichtete, war die Röte aus seinem Gesicht gewichen, und er konnte dem Mädchen in die dunklen Augen blicken.
    „Du bist clever“, sagte er. „Zack, den Ball geschnappt und abgehauen! Klasse war das, ehrlich! Die meisten Weiber stehen in so ‘nem Fall rum wie doofe Gänse und heulen Rotz und Wasser.“
    Das Mädchen sah ihn fragend an.
    „Was ist doofe Gänse und heulen wie... was sagst du?“ Karl merkte an dem fremdartigen Akzent, mit dem sie diese Worte sprach, daß die Kleine Ausländerin war. „Och“, sagte er, „ich meine, daß du das sehr geschickt gemacht hast, mit dem Ball und so.“
    Das Mädchen nickte unsicher, woraus Karl schloß, daß es ihn immer noch nicht ganz verstanden hatte. Daher stellte er sein Rad auf den Ständer, nahm den Ball, legte ihn auf den Boden und spielte vor, wie das Mädchen ihn aufgehoben hatte und davongerannt war. „Ball liegen auf Erde“, sagte er dabei, „Mann brüllen ho hä hehe hoho! Ich fahren schnell und machen tick tick an Kopf. Mann laufen hinterher, du machen bücke bücke, nehmen den Ball in Hand und verschwinden ganz schnell um Ecke.“
    „Ja, ja“, sagte das Mädchen und lachte laut über die umwerfende Pantomime.
    Karl freute sich, daß er sich auf diese Art hatte verständlich machen können, und spielte noch ein bißchen weiter. „Ich Karl!“ sagte er, wobei er sich seinen ausgestreckten Zeigefinger in den Bauch piekste. „Du wie?“ Dabei zeigte er mit dem Finger auf das Mädchen.
    „Ich Teresa“, sagte sie, „aus Italia!“
    „Oh, das ist aber ein sehr schöner Name!“ rief Karl. „Ich meine, Teresa ist very prima, bella, bella, oder wie das heißt.“
    Nun wurde das Mädchen rot.
    „Carlo ist sehr schönes Name auch“, sagte sie. „Du mir Ball geholen, ich dir liebe sehr.“
    „Was?“ stotterte Karl. „Was sagst du da?“
    „Ich dir liebe sehr“, wiederholte Teresa. „Du mir Ball geholen.“
    „Aber“, stammelte Karl, „das war doch selbstverständlich! Dafür brauchst du mir, ich meine mich, dafür brauchst du mich doch nicht gleich... Verstehst du? Ich freue mich, daß ich dir helfen konnte, und ich freue mich auch, daß du mir, daß du mich, daß wir uns, weil ich dich nämlich auch, weißt du, du gefällst mir nämlich, und darum meine ich, ist das so schön.“ Verflixt noch mal, was war das jetzt für ein doofer Satz! dachte er. Die muß mich ja für total behämmert halten!
    Aber das schien Teresa nicht zu tun, wenigstens zeigte sie es nicht. Mit ihren großen dunklen Augen blickte sie Karl an und nickte zustimmend, so, als hätte sie den Sinn des Satzes vollkommen verstanden und das Gestammel gar nicht wahrgenommen.
    „Ja“, sagte sie, „ist so schön, und darum ich dir liebe sehr.“
    „Ich dir auch, äh, dich auch!“ krächzte Karl und spürte, wie sein Gesicht wieder die Farbe einer reifen Tomate annahm. Daß ihm das Mädchen so geradeheraus und ohne Umschweife seine Liebe gestand, brachte ihn einfach aus der Fassung. Er hustete, damit das Schweigen, das nun aufzukommen schien, auf sinnvolle Art unterbrochen wurde. „Oh“, fragte Teresa sofort, „hast du dir gemacht kalt?“
    „Nein, nein“, antwortete Karl schnell, „nur eine kleine Fliege, a little fly, eine piccolo Bss Bss Bss, verstehst du?“ Zu blöd! dachte er. Da lernt man nun Latein, was ja fast dasselbe ist wie Italienisch, aber so nützliche Vokabeln wie ,Fliege’, mit denen man jede Unterhaltung auf lockern und beleben kann, die werden einem tückisch verschwiegen. Ich sag’ ja immer, das Schulwissen ist zu nichts nütze.
    Er pustete ein Staubkörnchen vom Sattel, räusperte sich noch einmal, um die Sache mit der beinah verschluckten Fliege noch glaubwürdiger zu machen, und fand dann wieder den Mut, der kleinen Italienerin in das samtbraune Auge zu blicken.
    „Wohnst du hier?“ fragte er. „Ich meine, hier in der Nähe irgendwo?“
    „Was ist ,wohnst’?“ fragte Teresa.
    „Ach so“, rief Karl, „die Vokabel kennst du nicht? Paß auf! Wohnen oder wohnst, das ist schlafen“ - er machte es vor, indem er mit geschlossenen Augen den Kopf auf die Brust sinken ließ und wie ein Holzfäller schnarchte - „das ist auch essen, hamma, hamma, hier rein, und trinken, schlürf, schlürf, und rumsitzen mit Papa und Mama. Verstehst du? Dein Haus, tua domus, wo?“
    „Oh, casa mia, si!“ rief Teresa. „Da!“ Und sie zeigte mit der Hand auf ein graues altersschwaches Haus, das auf

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