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Karl der Dicke beißt sich durch

Karl der Dicke beißt sich durch

Titel: Karl der Dicke beißt sich durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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der andern Straßenseite stand.
    „Aha“, sagte Karl, „schön!“, obwohl er das Haus sehr häßlich fand.
    „Und wo du bist in deine Haus?“ fragte Teresa.
    „Ich wohn’ ‘ne ganze Ecke weg von hier“, sagte Karl. „Ich meine, mein Haus ist weit, weit dahinten. Via longa, äh, la strada über.. Verflixt noch mal, was hieß denn bloß Eisenbahn auf lateinisch? - „Über statione tsch tsch tsch, verstehst du?“
    Teresa verstand. Sie nickte und wußte nun ganz genau, wo Carlo zu Hause war.
    Ist doch gut, daß man mehrere Fremdsprachen spricht, dachte Karl. Man kann sich spielend in der ganzen Welt verständigen.
    Während er noch überlegte, womit er als nächstes das Gespräch bereichern könnte, wurde Teresa von ihrer Mutter ins Haus gerufen.
    „Oh, mama mia!“ rief sie. „Ich muß zu Hause! Ciao, Carlo! Ich dir liebe sehr!“ Sie winkte noch einmal mit der Hand und lief dann leichtfüßig davon.
    „Ciao, Teresa!“ rief Karl ihr nach. „Ich komm’ mal wieder vorbei, morgen oder so. Mach’s gut. Und wenn dein Ball wieder in die Rosen fällt, hole ich ihn sofort zurück. Tschüß! Ich meine ciao!“
    Er stieg auf und radelte langsam an Teresas Wohnung vorbei die Straße hinunter.
    Nach Hause fuhr er noch nicht. Das Glück seiner ersten Liebe mußte er in Stille und Einsamkeit noch eine Weile allein genießen.
    „Ich dir liebe sehr“, flüsterte er. „Wie schön und richtig ein so falscher Satz klingen kann!“
     

 
    Am Montagmorgen erkannten Egon und Guddel ihren Freund Karl nicht wieder, als sie sich ihm auf ihrem gemeinsamen Schulweg von hinten näherten.
    „Mensch, guck dir den Knaben da vor uns an!“ rief Egon. „Der trägt ja ‘ne gebügelte Hose! Das kann doch nicht unser Karlchen sein! Wollen wir wetten, daß das ein anderer Dickmops ist? He, du da, bist du etwa auf den süßen Namen Karl getauft?“
    Karl wandte sich um und winkte den beiden zu. Sein Gesicht spiegelte die ruhige Heiterkeit eines Mannes, der Großes erfahren hat und für den Spott seiner Mitmenschen unerreichbar ist.
    „Ach, ihr seid es!“ sagte er mild und lächelte nachsichtig. „Schön, euch mal wiederzusehen.“
    Egon blieb die Spucke weg.
    „Was hat er gesagt?“ fragte er und stieß Guddel in die Seite. „Schön, uns mal wiederzusehen? Ich fürchte, der ist wieder vom Balkon gefallen. Was ist dir, Karlchen, tut’s weh? Wir waren doch Freitag erst zusammen unterwegs! Hast du das vergessen?“
    Karl sah Egon zweifelnd an.
    „Freitag erst?“ fragte er. „Tatsächlich? Bist du ganz sicher?“
    Egon wurde wütend.
    „Sag mal, willst du mich vielleicht auf den Arm nehmen?“ rief er. „Natürlich Freitag! Los, Guddel, hilf seinem verlorengegangenen Gedächtnis auf die Sprünge, bevor ich vergesse, daß man Minderjährige und Überernährte nicht schlagen soll.
    Guddel legte Karl den Arm auf die Schulter und sagte: „Was ist los, Karl? Hast du inzwischen so viel erlebt, daß du dich an unsere Leutebefragung vor dem Roland nicht mehr erinnern kannst?“
    Karl nickte mit geschlossenen Augen und lächelte selig. „Ja, Guddel“, flüsterte er, „zwischen Freitag und heute liegen Ewigkeiten. Der, den du jetzt vor dir siehst, ist ein Verwandelter und mit dem, den du bis Freitag kanntest, nicht zu vergleichen.“
    „Das kannst du laut sagen!“ rief Egon. „In gebügelten Hosen haben wir dich bisher noch nicht bewundern dürfen.“
    „Laß die Hosen aus dem Spiel!“ wies Karl seinen Freund nachsichtig zurecht. „Innerlich bin ich verwandelt. Ein tiefes Erlebnis hat mir die Augen geöffnet und mir gezeigt, daß mein bisheriger Weg ein Irrweg war. Ich habe einen anderen eingeschlagen.“
    „Wieso?“ forschte Egon. „Will dein Alter dich von der Schule nehmen, damit du ein Handwerk lernst oder sonstwie was Anständiges?“
    Karl winkte ab.
    „Ich glaube, es ist müßig, mit dir darüber zu sprechen“, sagte er.
    „Du kannst nicht über deinen Schatten springen und begreifst nur das, was du mit deinen langen Füßen betreten und mit deinen Spinnenfingern betasten kannst. Guddel ist da anders, der fühlt und empfindet ähnlich tief wie ich. Der ahnt, daß ihm ein neuer Mensch in meiner Gestalt gegenübersteht, ein Mensch, der zwar immer noch zur Schule geht, als wäre nichts gewesen, der aber haushoch über dir und deinen Alltagskram schwebt.“
    „Nun leg aber den Schongang ein!“ rief Egon. „Ich dulde es nicht, daß mich jeder hergelaufene Suppenkasper beleidigt! Komm wieder runter auf den

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