Karl der Dicke beißt sich durch
Mittelmeer noch über den Pazifik, aber die Lesum mußten sie überqueren und dann noch etwa zwei Kilometer zugeben.
„Alles, was Karl anfängt, ist irgendwie verrückt“, knurrte Egon ungehalten. „Tut’s denn eine Eingeborene nicht auch? Muß er ausgerechnet in dieser gottverlassenen Gegend eheliche Bindungen anstreben? Der weiß ja nicht, was da auf ihn zukommt!“
„Was meinst du?“ fragte Guddel.
„Na, denk doch mal ein bißchen nach! Wenn er bei jedem Treff erst zehn Kilometer mit dem Rad juckeln muß, ist er bald am Ende. Jetzt, bei diesem Wetter, geht’s ja, aber bald ist es Herbst, da schmeißen die Bäume dir ihre Blätter um die Ohren, der Regen peitscht von allen Seiten auf dich ein, und der Wind wirbelt dich durch die Botanik wie eine Hühnerfeder. Und was im Winter sein wird, will ich mir gar nicht vorstellen, aber daß Karl sich sämtliche Nasen und mindestens ein halbes Dutzend Zehen abfrieren wird, ist so gut wie sicher, zumal die Eiszeit unmittelbar vor der Tür steht, wie Professor Haber neulich erst wieder nachgewiesen hat.“
„Pfeif drauf!“ sagte Guddel. „Wenn wir die Tür verriegeln, kann sie uns im Mondschein begegnen. Du übertreibst mal wieder mächtig. Ich werde den Verdacht nicht los, daß dich die paar Kilometerchen schon müde gemacht haben.“
„Quatsch!“ rief Egon. „Aber ich frage mich, ob sich der Einsatz lohnt.“
„Warten wir es ab“, entgegnete Guddel. „Weit kann es nicht mehr sein. Guck doch, Karl gibt seinen Dauerwellen schon den letzten Schliff!“
Tatsächlich war Karl abgestiegen, hatte einen nagelneuen Kamm aus der Hosentasche gezogen und damit sein widerborstiges Haar in eine halbwegs gepflegte Unordnung gebracht. Nun schaute er kritisch an sich hinab, zupfte mit leichter Hand das Hemd blusig aus der Hose, um seinen Bauch zu verstecken, und radelte die letzten hundert Meter bis vor Teresas Haus. Dort begann er Kreise und Achten zu fahren, denn an die Wohnungstür zu gehen, zu klingeln und einfach nach Teresa zu fragen, getraute er sich nicht. „Für wen gibt er denn jetzt ‘ne Zirkuseinlage?“ fragte Egon verblüfft.
„Für Teresa natürlich“, antwortete Guddel. „Die wohnt bestimmt in dem Haus, vor dem er herumkurvt. Wenn ihr holder Blick zufällig aus dem Fenster fällt und auf ihn trifft, bindet sie die Schürze ab und eilt an seine treue Brust.“
„Hm“, spottete Egon, „und wenn ihr holder Blick ihn verfehlt, weil das Babyzimmer nach hinten hinaus liegt, dreht er seine Runden hier so lange, bis ihm ein Bart gewachsen ist, was? Das kann ja heiter werden! Ich verkrümele mich so lange hinter den Baum da und mach ein erholsames Nickerchen. Weck mich, wenn Teresa aufkreuzt.“
„Bleib hier“, flüsterte Guddel, „die Geliebte naht!“ Teresa kam aus dem Haus, öffnete die Pforte im Zaun und trat auf Karl zu.
„Mensch“, zischte Egon, „aus der Entfernung macht die ‘n ganz soliden Eindruck. Unter Umständen ist sie sogar hübsch! Wir müssen unbedingt näher ran. Komm, wir steigen auf und tun, als ob wir zufällig hier vorbeikämen!“
„Du spinnst ja!“ rief Guddel. „So dumm ist Karl nicht, daß er uns das abnimmt.“
„Soll er denken, was er will“, knurrte Egon. „Ich will Teresa Aug in Auge gegenüberstehen! Tschüß, bis später!“ Nach diesen Worten schwang er sich auf sein Rad und fuhr auf das Pärchen zu. Da mußte Guddel folgen, ob er wollte oder nicht.
Karl war so in den Anblick Teresas vertieft, daß er das Nahen der beiden erst bemerkte, als sie knapp vor ihm hart auf die Bremse traten.
„Was wollt ihr denn hier?“ rief er erstaunt.
„Das wollten wir dich gerade fragen!“ gab Egon zurück. „Wir sind im Dienste unserer Zeitung unterwegs, und was machst du?“
„Ich bin privat hier“, antwortete Karl.
„Aha“, sagte Egon. „Na, dann wollen wir nicht weiter stören. Nicht, Guddel, meinst du nicht auch, daß man Dienstliches und Privates trennen sollte?“
„Unbedingt!“ rief Guddel. „Komm, lassen wir die beiden allein!“
„Hast du gebracht deine Freunde?“ fragte Teresa. „Muß ich sagen buon giorno, guten Tag.“ Und zu Egon: „Carlo ich liebe sehr! Er hat geholt Ball von böse Mann.“
Karls Apfelgesicht färbte sich dunkelrot.
„Sie hat ihren Ball da irgendwo in die Rosen gefeuert“, erklärte er, „und der Eigentümer hat einen tollen Wirbel gemacht. Da hab’ ich ihn durch ein paar nette Worte aus dem Garten gelockt, so daß Teresa in aller Ruhe den Ball schnappen und
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