Karl der Dicke beißt sich durch
verschwinden konnte. Das ist alles.“
Egon und Guddel waren von Teresa beeindruckt. Eine solche Eroberung hätten sie Karl nicht zugetraut. Sie warfen einander einen vielsagenden Blick zu und staunten stumm. „Du bist nicht von hier“, sagte Egon endlich. „Dein Vater ist wohl Gastarbeiter?“
„Ja“, antwortete Teresa, „Vater ist in Arbeit auf Klöckner, und Mama macht Brathähnchen bei Wienerwald.“
„Aha“, sagte Egon, „jetzt weiß ich auch, warum in letzter Zeit die Brathähnchen so prima schmecken. Seid ihr schon lange in Deutschland?“
„Mensch, du mußt ‘n bißchen langsamer sprechen!“ rief Karl dazwischen. „Und vor allen Dingen deutlicher! So ein zahnloses Genuschel kann sie nicht verstehen.“
Teresa blickte von Karl zu Egon und von Egon zu Karl. „Was er hat gesagt?“ fragte sie. „Was ist Genuschel?“ Egon tippte sich an den Kopf.
„Och, der spinnt nur mal wieder von links nach schräg. Er meint, du könntest mich nicht verstehen!“
„Oh, ich dir verstehe sehr“, rief Teresa. „Nur manche Wörter ich verstehe nicht.“
„Wußte ich doch“, sagte Egon triumphierend. „Du siehst nämlich auch sehr intelligent aus.“
„Das ich verstehe nicht aber!“ sagte Teresa.
„Kein Wunder“, knurrte Karl. „Paß auf, ich will dir das mal übersetzen. Egon sagt - sagt ist Mund auf und bla bla bla, verstehst du? - Egon sagt, du, Teresa, bist hier oben im Kopf’ ‘ - er klopfte sich an die Stirn - „sehr clever, ich meine prima, Klasse oder vielmehr classa, wie ihr sagt, verstehst du?“
„Si, si!“ rief Teresa, „Jetzt ich verstehe!“ Und sie lachte laut.
Guddel, der bisher geschwiegen hatte, meinte nun, daß er endlich auch mal was sagen müsse, damit sie ihn nicht für einen Trottel hielt.
„Karl, Egon und ich, wir sind Freunde“, begann er daher. „Wir gehen zusammen in die Schule und machen auch sonst alles gemeinsam. Voriges Jahr haben wir mit dem Fahrrad eine große Tour gemacht.“
„Aber nix Tour de France“, erklärte Karl hilfreich, sondern Tour de Germania, verstehst du?“
Teresa nickte und lächelte sie reihum an.
Eine Weile genossen die Jungen schweigend die süße Gegenwart des hübschen Mädchens. Da hatte Egon einen Einfall.
„Mensch, Guddel, du bringst mich auf einen Gedanken!“ rief er. „Wir könnten doch alle zusammen mal ein bißchen durch die Gegend sausen, zum Hexenberg oder so. Mit Teresa, meine ich!“
Er wartete die Antwort seiner Freunde nicht ab, sondern wandte sich gleich an das Mädchen. „Hast du ein Fahrrad? So eine Maschine hier?“
„Nein“, antwortete Teresa, „ich nicht habe bicicletta. Wir müssen Haus sehr teuer bezahlen.“
„Hm“, machte Egon, „das ist natürlich irgendwie doof. Eine Fahrradtour ohne Fahrrad ist wie das Salz ohne Suppe. Schade!“
„Na, hör mal!“ rief Karl. „Wir sind doch wohl in der Lage, uns irgendwo für einen Tag ein Damenrad zu leihen, oder?“
„Klar!“ bekräftigte Guddel. „Ich weiß auch schon, wo. Bei meiner Mutter! Die entbehrt ihre Karre gerne mal für einen guten Zweck.“
„Siehst du“, sagte Karl und schlug Egon auf die Schulter, „so löst man Probleme, Langer! Nicht beim ersten Hindernis die Beine überm Kopf zusammenschlagen und resignieren, sondern kühl und sachlich Anlauf nehmen und mit der Schärfe des Verstandes drüberweg springen! Für den fahrbaren Untersatz wäre also gesorgt. Knien wir uns darum gleich in die Einzelheiten. Wie wär’s, Teresa, könntest du nächsten Sonntag mit uns ein bißchen spazierenfahren?“Das hat sie bestimmt nicht verstanden“, sagte Egon. „Du solltest deine muntere Rede wieder durch ein paar Freiübungen begleiten.“
„Die lernt doch zu, Mensch!“ widersprach Karl. „Du mußt bei ihr ‘ne Handvoll mehr Verstand voraussetzen, als du in die Waagschale zu werfen hast.“ Und zu Teresa: „Du, Teresa, ich, Karl, Guddel und Egon wollen fahren, verstehst du? Hier mit dem Fahrrad, bicicletta, Sonntag, wenn Papa nicht arbeitet bei Klöckner und Mama nicht Brathähnchen schmurgelt. Alles klar?“
„Oh, si!“ rief Teresa, „ich habe verstanden. Aber geht nicht, ich habe Vittorio als kleiner Bruder und muß ihn immer nehmen mit.“
„Kein Problem!“ rief Karl. „Der kommt ins Körbchen und wird an die Lenkstange gehängt! Ich glaube, wir haben noch eins auf dem Dachboden, in dem ich früher gesessen habe.“
„Moment, Moment!“ bremste Egon. „Wenn das ein ausgewachsener Knabe von zehn Jahren ist, kannst
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