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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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übertrieben deutlich: „Technik, Ton ab!“
    „Ton läuft!“ antwortete Guddel, nachdem er auf die Einschalttaste gedrückt hatte. Karl nahm das Mikrophon und hielt es der Verkäuferin vors Gesicht.
    „Esel“, rief Egon, „erst die Frage, dann die Antwort.“
    „Den Esel haben wir jetzt mit drauf“, sagte Karl. „Du solltest dich besser beherrschen.“
    „Dein Gequatsche ist auch im Kasten“, bellte Egon. „Still jetzt!“ Karl verkniff sich eine Antwort und streckte dem Redakteur das Mikrophon so nah vors Gesicht, als sollte er davon abbeißen.
    Egon schob Karls Arm auf die richtige Entfernung zurück und begann sein erstes Interview.
    „Verehrte Hörer“, sagte er, „wir befinden uns hier mit unserem Aufnahmeteam in dem kleinen Ort Apelstedt an der Bundesstraße 61, etwa 5 Kilometer südlich von Bassum in einer neuzeitlich eingerichteten sauberen Bäckerei. Die Verkäuferin, eine junge Dame von etwa fünfundzwanzig Jahren...“
    „Zwanzig!“ rief die Verkäuferin dazwischen.
    . . von zwanzig Jahren“, fuhr Egon fort, „ist bereit, uns einige Fragen zu beantworten. Bitte, mein Fräulein, was halten Sie von der heutigen Jugend? Ist sie schwieriger als zu Ihrer Zeit, oder was meinen Sie?“ Die Verkäuferin zuckte die Schultern.
    „Was soll ich dazu schon sagen. Ich finde sie prima. Ich gehöre ja selbst noch dazu. Meine Mutter glaubt ja, wir sind alle übergeschnappt und viel schlimmer als die Jugend zu ihrer Zeit. Aber so reden die Alten ja alle. Das darf man nicht für voll nehmen. Dabei weiß ich, im Vertrauen gesagt, daß meine Mutter früher auch dolle Dinger gedreht hat. Das hat mir nämlich unser Nachbar erzählt, der mit ihr zur Schule gegangen ist. Die soll man nur nicht so tun! Über alles meckert sie, über lange Haare und kurze Röcke, über Beat und Sex und alles. Wir lassen uns nichts sagen, behauptet sie, sind unverschämt und faul, aber dabei machen uns die Alten doch alles vor. Wenn die anders wären, wären wir auch anders. Hoffentlich erkennt sie meine Stimme nicht, wenn das durchs Radio kommt! Kann man die erkennen?“ Egon schüttelte den Kopf und sagte: „Seien sie unbesorgt, unsere Technik verfremdet Ihre Stimme, dann kann sie niemand erkennen.“
    In diesem Augenblick trat eine schön rundliche Dame von hinten in den Laden. Wie es schien, hatte sie vom Backraum aus das Interview mit angehört.
    „Wer hat früher auch dolle Dinger gedreht?“ fragte sie drohend. Keine Frage, das war die Mutter. „Und welcher Nachbar hat dir das erzählt? Das war doch bestimmt der alte Leimann, dieses Klatschmaul. Den werde ich mir nachher mal vorknöpfen. Von wegen hier anständigen Bäckersleuten die Ehre abzuschneiden! Dieser Versager, der den ganzen Tag nur über andere Leute redet. Na, der wird was erleben!“
    Jetzt entdeckte sie den Redakteur und seine technischen Begleiter. „Wer seid ihr denn?“ rief sie. „Radio Bremen? Was soll der Quatsch? Steckt eure Nasen in euren eigenen Dreck. Bei uns ist nichts zu holen. Wir hauen niemanden übers Ohr, und unsere Brote haben genau das richtige Gewicht. Junge, verschwinde mit dem Mikrophon vor meiner Nase, sonst beiß’ ich ‘rein. Und nun ‘raus mit euch! Unser Laden ist keine Jahrmarktsbude. Los, wird’s bald!“
    „Ton aus!“ rief Egon. „Das genügt. Ich glaube, mit diesem unvorhergesehenen Zwischenfall können wir den Beweis liefern, daß die Alten...“
    Die Bäckersfrau marschierte drohend auf Egon zu.
    „Was ist mit den Alten?“ fragte sie lauernd. Egon drängte Karl und Guddel aus der Tür und fuhr fort: „... daß die Alten mindestens so unverschämt sind wie die Jungen.“ Nach diesen Worten schwang er sich auf sein Fahrrad. Karl und Guddel taten dasselbe, und sie jagten lachend die Straße entlang. Als sie in Sicherheit waren, stiegen sie ab und verstauten das Tonbandgerät wieder in Egons Campingtasche. „Alle Achtung“, sagte Karl, „das war ein toller Start! Die Alte wird sich freuen, wenn sie sich eines Tages durch den Lautsprecher keifen hört.“
    „Hoffentlich schneidet der Kinderfunk ihre boshafte Verteidigungsrede nicht heraus!“ sagte Guddel.
    „Keine Spur!“ rief Egon. „So was suchen sie händeringend. Den zahmen Quatsch von Anno Tobak hören sie sich nicht mal mehr an. Ihr werdet schon erleben, wie Frau Asbeck mir um den Hals fällt!“
     

 
    Gegen Mittag verlangsamte sich ihr Tempo. Sie sahen sich um nach einem Rastplatz und machten sich Gedanken über ihre nächste Mahlzeit. Der Proviant,

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