Karl der Dicke & Genossen
wie Schokolade. Der Teller mit dem Schnee war leer.
Guddel spülte schnell die Gefäße aus.
„Meint ihr nicht auch“, sagte er dann zum Koch und seinem Gehilfen, „daß Pudding nach Koteletts nicht schmeckt? Das wäre ja grad, als ob man Erdbeeren mit Senf essen würde.“
„Du spinnst“, antwortete Egon, „ich bin für Pudding“, und schob vorsichtig ein dickes Stück Holz unter die dampfende Pfanne. Karl hörte gar nicht hin, so sehr war er mit der Braterei beschäftigt. Helle Schweißtropfen standen ihm auf Stirn und Nase. Beide Backen waren rußverschmiert. Er summte leise an seinem Lieblingslied „Oh, wie ist es kalt geworden“.
„Mein Onkel“, sagte Guddel beschwörend, „ist mal von schlechtem Pudding so krank geworden, daß sie ihm im Krankenhaus gleich den Blinddarm ‘rausnehmen mußten.“
„Wir essen aber keinen schlechten, sondern guten“, antwortete Egon.
„Was heißt hier schon guten“, rief Guddel eifrig. „Wer weiß, wie lange das Pulver in dem alten Gemüseladen gelegen hat! Mein Onkel wäre damals beinahe draufgegangen.“ Jetzt wurde auch Karl aufmerksam.
„Ohne Pudding ist die Sache nur halb“, sagte er bestimmt. „Dein Onkel hat wohl die Tüten mitgegessen. Ich hab’ auch so einen verrückten Onkel, der ißt so gern Mettwurst mit Honig, obwohl er genau weiß, daß er davon immer Magenkrämpfe kriegt. Aber wenn der sich deswegen jedesmal den Blinddarm ‘rausnehmen ließe, hätte er längst keinen mehr.“ Es half nichts, Guddel mußte gestehen, was passiert war. Karl sah ihn an und sagte: „Laß mal, Guddel, Dichter sind ziemlich wichtig, aber Kochen ist mehr was für kluge Leute.“
Egon war nicht so gnädig.
„Wenn du schon mal was machst“, fuhr er ihn an, „kann man sicher sein, daß nichts draus wird.“
Aber als sie nun mit Messer und Gabel auf das knusprige Fleisch losstachen, hob sich die Stimmung sofort wieder. Allerdings hatte Guddel ein Stück erwischt, daß stellenweise noch nicht ganz gar war.
„Das nenne ich ausgleichende Gerechtigkeit“, sagte Egon. Da biß er so heftig auf einen Knochen, daß er sich fast einen Schneidezahn abbrach. Er machte ein Gesicht wie eine zerquetschte Mondlaterne.
Karl stieß ihm seinen fettigen Zeigefinger in die Rippen. „Mensch, guck wieder vernünftig“, sagte er, „sonst kann ich vor Lachen nicht essen.“
Nach dem Essen ließen sie sich einfach rückwärts ins Gras fallen und ruhten sich aus.
Erst um fünf brachen sie auf und fuhren weiter.
Auf dem Radweg brauchten sie sich um den Verkehr nicht groß zu kümmern, so daß sie sich in aller Ruhe die liebliche Landschaft ansehen konnten: Die Weser mit ihren grasigen Ufern, den Wald und die hübschen kleinen Ortschaften. Viele Paddler fuhren stromab, und ebenso viele Radwanderer kamen ihnen entgegen.
„Servus“, das lernten sie bald, hieß der Gruß auf der Landstraße. Mit „Servus“ grüßt man den Kommenden und den Scheidenden, den Freund und den Unbekannten. „Servus“ heißt guten Tag, gute Fahrt, viel Glück und auf Wiedersehen.
Der Dichter Guddel Schmalz war von dem Liebreiz der Landschaft am tiefsten beeindruckt. Er versuchte sich an einem Liebeslied auf die Weser. Aber Egon hatte gerade seine musikalische Stunde. Er pfiff ununterbrochen einen Schlager nach dem andern und störte ihn.
„Kannst du mit dem blöden Gepfeife nicht mal eine Weile aufhören?“ rief Guddel nach vorne. „Man kann ja keinen klaren Gedanken fassen!“
Egon schüttelte den Kopf.
„Leider nicht möglich“, sagte er. „Bei Karl dem Dicken ist
es soeben zum siebten Male kalt geworden. Die rauhen Winde aus dem Norden spüre ich deutlich auf dem Rücken. Wenn ich nicht dagegen anpfeife, erkälte ich mich.“ Guddel blieb nichts anderes übrig, als zurückzubleiben. Also trat er kurz und folgte den beiden erst in hundert Metern Entfernung. Jetzt hatten alle ihren Frieden.
Nach ein paar Kilometern hielten sie Ausschau nach einem Zeltplatz.
„Haltet mal an!“ rief Guddel. „Wie wäre es hier?“ Zwischen der Weser und der Straße lagen drei eingezäunte Weiden.
„Wenn wir über die Zäune klettern und unmittelbar an der Weser zelten, sind wir vollkommen sicher.“
„Okay“, stimmte Karl zu und schob sein Rad schon die Böschung hinunter.
Es war ein schweres Stück Arbeit, die vollgepackten Räder über die Zäune zu heben, und sie kamen dabei ins Schwitzen. Aber für eine ungestörte Nachtruhe war ihnen keine Mühe zuviel.
Zwischen dem letzten Zaun
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