Karl der Dicke & Genossen
und dem Fluß befand sich ein etwa fünf Meter breiter Streifen Niemandsland. Auf dem wollten sie ihr Zelt aufbauen, da sie ja nicht fürchten mußten, daß das Wasser steigen würde.
Kaum stand das Zelt, da wurde es dunkel.
Die Jungen schwammen noch ein wenig und krochen dann unter die Decken.
Erst als die Sonne das Zelt schlaff und die Luft darin stickig machte, wachten sie auf. Es war fast schon Mittag.
„Das ist ja eine Luft hier wie in der Räucherkammer“, röchelte Guddel und kletterte über die Beine seiner Freunde zum Ausgang. Draußen lockte tiefblauer Himmel, und die Weser lockte auch. Guddel zog seinen Trainingsanzug aus und sprang ins Wasser.
„Kommt ‘raus, ihr Langschläfer“, rief er, „das Badewasser ist warm!“
Da krochen auch Egon und Karl ins Freie und stürzten sich in die Weser. Gemeinsam schwammen sie ans andere Ufer. „Wie tief mag es hier sein?“ fragte Karl, als er ungefähr in der Mitte des Flusses war.
„Drei bis vier Meter“, antwortete Egon.
„Quatsch!“ rief Guddel. „Höchstens zwei Meter. Habt ihr nie davon gehört, daß die Schiffe auf der Oberweser nicht genug Wasser unterm Kiel haben, wenn die Edertalsperre leer ist? Ich möchte wetten, daß es hier nicht mal zwei Meter tief ist.“
„Wozu streitet ihr euch“, rief Karl. „Das läßt sich ja feststellen. Ich werde mal kurz auf Tauchstation gehen!“
Er holte Luft und ließ sich senkrecht hinabgleiten. Als er den Grund erreichte, ging ihm das Wasser bis an die Stirn. „Nun mach doch, daß du ‘runterkommst!“ rief Egon. „Ich steh längst auf Grund“, sagte Karl. „Tiefer ist es hier nicht. Probier’s doch selbst.“
„Tatsächlich“, stellte Egon fest. „Ich könnte direkt zu Fuß auf die andere Seite gehen.“
Als sie drüben waren, entdeckten sie eine Schlickbank, deren Anziehungskraft sie nicht widerstehen konnten. „Leute“, rief Karl, „jetzt wird erst mal ein historischer Kampf ausgefochten. Los, Egon, du bist Napoleon!“
„Dann bin ich Blücher!“ schrie Guddel.
„Okay“, sagte Karl, „und ich bin immer der, der siegt. Auf ,Los’ geht’s los. Los!“
Sie formten faustgroße Bälle aus dem glitschigen Schlick und fingen an, sich damit zu bewerfen. Jeder Treffer wurde lauthals bejubelt. Bald sahen sie aus wie Kanalarbeiter kurz vor Feierabend. Um ihren schwarzgrauen Anstrich vollkommen zu machen, wälzten sie sich im Schlick und rieben sich gegenseitig damit ein.
„Wenn ich nicht wüßte, daß du ein harmloser Knödel bist, hätte ich Angst vor dir“, sagte Karl zu Egon, der in der Tat zum Fürchten aussah. Er rollte die Augen, daß das Weiße darin in der Sonne blitzte, bleckte die Zähne und sprang um Karl herum wie ein Kannibale um sein Opfer. Dabei trommelte er sich auf die Brust und krächzte heiser: „Hua hua huh! Hat sich Wimba großes Hungärr auf vollgefressenes weißes Forscher!!“
Da rutschte er aus und fiel der Länge nach in den Matsch. „Verdammt!“ brüllte er. „Jetzt hab’ ich mir bestimmt eins meiner zahlreichen Steißbeine gebrochen! Zu Hilfe, Sanitäter, zu Hilfe! Holt Tragen, Binden und würzige Arzneien. Hier wälzt sich ein edler Recke in seinem Blute!“
„Der Recke hat aber sehr unappetitliches Blut“, sagte Karl. „Damit mögen die frischgebügelten Sanitäter ihre Hosen nicht besudeln. Beeil dich mit dem Sterben, die Kameraden vom Bestattungskommando tragen schwarze Hosen, die sind nicht so empfindlich wie unsere.“
Guddel hatte Egon inzwischen bei den großen Zehen seiner langen Füße angefaßt und schleifte ihn die Schlickbank hinunter.
„Vorsicht! Vorsicht!“ schrie Egon. „Wenn da irgendwo ein spitzer Stein liegt, machst du Würfelschinken aus meinem Hintern.“
„Würfelschinken“, rief Karl, „das ist mein Stichwort. Kommt, Jungs, wir haben noch sehr leckere Sachen im Rucksack!“
Sie schwammen zurück und wuschen sich an der anderen Seite den Schlamm vom Körper.
Wenig später saßen sie strahlend vor Sauberkeit und guter Laune vor dem Zelt und aßen Mettwurst, Kochschinken und Spiegeleier.
„Was haltet ihr von einem zünftigen Sonnenbad?“ fragte Karl, als er die letzten Brocken in der Pfanne mit einer Scheibe Weißbrot auftupfte. „Wir müssen doch eine anständige Bräune mit nach Hause bringen, sonst glaubt uns ja keiner, daß wir so gutes Wetter hatten.“
„Und ob wir jetzt ein Sonnenbad nehmen“, stimmte Egon zu. „Wir haben doch Zeit genug. Ich bin überhaupt dafür, daß wir zwei bis drei Tage hier
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