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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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was?“
    „Natürlich, Mensch! Hast du noch mehr so dumme Fragen auf Lager?“
    „Nein, ich nicht. Aber ich kann mir denken, daß Herr Schmalz dir noch einiges Tiefschürfende zu sagen hat.“ Guddel nickte und sprach todernst: „Karl, ich bin immer noch ganz im Bann deiner Verse.“
    Karl schielte mißtrauisch zu ihm hinunter.
    „Du hast Reime gefunden, um die dich mancher Berufsdichter von Herzen beneidet.“
    Karl scheuchte eine Stechfliege von seinem Knie und wuchs um zwei Zentimeter.
    „Aber der Rhythmus in deinem Kunstwerk“, fuhr Guddel fort, „gleicht dem eines Bauernwagens, wenn er mit leeren Milchkannen über eine holprige Straße scheppert.“
    „Was kümmert mich der Rhythmus“, verteidigte sich Karl, „Hauptsache, es reimt sich!“
    „Gewiß“, sagte Guddel, „für dich genügt es auch. Aber wir vom Fach stellen höhere Anforderungen.“
    „Daß ich nicht lache!“ rief Karl. „Ihr vom Fach! Du bist
    ja bloß neidisch, daß ich auch was vom Dichten verstehe.“
    „Ich will ja nicht hetzen“, mischte sich jetzt Egon ein, „aber ich finde, Karl, du dichtest besser mit Kochtopf und Bratpfanne. Was du da zusammenreimst, ist immer halbwegs genießbar.“
    Karl tippte sich an die Stirn und rezitierte:
    „Der Egon ist ein Lästerschwein,
    das sagte schon sein Schwesterlein.“
    Dann sprang er kopfüber ins Wasser. Guddel lachte und ging daran, seine Berichte ins reine zu schreiben.
    Zu Mittag gab es wieder Pfannkuchen, und den Nachmittag vertrödelten sie auf die angenehmste Weise. Sie schwammen, tauchten, badeten in der Sonne, bewarfen sich mit Schlick und wuschen nebenbei ihre Socken und Hemden. Nach dem Abendbrot, als die Sonne schon tief stand, merkten sie, wie braun sie geworden waren, und sie stellten erfreut fest, daß ihr Hintern den Sattel anscheinend vergessen hatte. Eine Zeitlang vergnügten sie sich damit, Lehmbrocken nach einem Papierschiff zu werfen, das Guddel gefaltet und aufs Wasser gesetzt hatte. Dann spielte Egon alle seine Interviews ab. Das verunglückte Gespräch mit dem schwerhörigen Opa im Kurgarten von Bad Pyrmont brachte sie mächtig in Stimmung. Aber als sie wieder hörten, wie Frau Klingeberg ihre Tochter bat, zurückzukommen, wurden sie still und schalteten ab.
    „Wir machen jetzt so eine tolle Fahrt“, sagte Guddel, „und zur gleichen Zeit haben hunderttausend Menschen Sorge und Kummer.“
    „Das ist der Lauf der Welt“, philosophierte Karl. „Wenn du anfängst, darüber nachzudenken, macht dir nichts mehr Spaß. Und was die Sorgen anbetrifft, da kannst du ganz beruhigt sein, eines Tages haut uns das Schicksal auch in die Pfanne.“
    Darauf gab keiner mehr eine Antwort.
    Am anderen Morgen fühlten sie, daß sie einen Sonnenbrand hatten.
    „Das darf doch nicht wahr sein!“ rief Egon. „Meine Schultern brennen wie Feuer. Die müssen furchtbar aussehen!“
    „Auch nicht schlimmer als meine“, stöhnte Karl und tastete vorsichtig nach seinen Schulterblättern. „Wenn ich den Oberkörper drehe, habe ich ein Gefühl, als ob ich in der Höhe der vierten Rippe zersägt werde.“
    „Was soll ich denn erst sagen“, wimmerte Guddel. „Ich kann nicht mal mehr die Stirn runzeln oder die Nase rümpfen. Die ganze Gesichtshaut ist ein Flammenmeer!“ Vorsichtig zogen sie die Trainingsanzüge aus und betrachteten einander.
    „Das haben wir ja prima hingekriegt“, sagte Karl. „Einen Tag lang nicht im Sattel und schon einen Sonnenbrand. Wißt ihr, was das bedeutet? Daß wir so lange hier kampieren müssen, bis das Feuer auf unserer Haut erloschen ist.“
    „Wieso denn das?“ fragte Guddel.
    „Na, Mensch, meinst du vielleicht, ich ziehe mir Hemd und Windjacke über mein verbranntes Kreuz?“
    „Wir müssen uns sofort ein gutes Sonnenbrandöl besorgen“, sagte Egon, „und uns damit einreiben. Dann ist die Sache in ein, zwei Tagen vergessen.“
    „Moment“, rief Guddel, „ich will mal in der Reiseapotheke nachsehen, die uns der Sonnenbrillenmensch in Minden geschenkt hat. Vielleicht gibt es darin einen Balsam für Brandleichen.“
    Er zog die blaue Plastiktasche aus seinem Rucksack und öffnete sie. Tatsächlich fand er nach kurzem Suchen eine Spezialsalbe gegen Sonnenbrand.
    „Bitte schön“, sagte er, „wir haben alles im Hause. Wenn wir diese Wunderpaste auf unserer Oberfläche verteilt haben, tritt die Heilung innerhalb kürzester Zeit ein. Das steht hier weiß auf blau.“
    „Kürzeste Zeit ist gut“, brummte Karl, „meinen die zehn Minuten oder

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