Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
Vom Netzwerk:
Trockenspiritus, außerdem zwei Liter Milch und drei Flaschen Apfelsaft und eine meterlange Gurke.
    Sie ließen die Waren in drei Plastiktüten packen, bezahlten und verließen befriedigt das Geschäft. Jeder hängte eine der Tüten an seinen Lenker.
    „Die Gurke essen wir am besten jetzt schon“, sagte Karl.
    „Sie ist verflixt sperrig und haut mich bestimmt vom Sattel, wenn ich losfahre.“
    Auf einer Bank schälte Karl mit seinem Taschenmesser die Gurke ab, teilte sie in drei gleiche Teile und warf die Schale in den Abfallkorb an seiner Seite.
    „So“, sagte er, „mit dieser vitaminreichen Vorspeise heizen wir den Magen an, damit er sich nachher nicht sträubt, wenn wir ihm die gehaltvolleren Leckereien anbieten. Prost!“ Nachdem sie die Gurke gegessen hatten, stiegen sie auf und radelten los. Sie fanden erst nicht den richtigen Rhythmus, das lange Pausieren hatte sie ganz aus dem Tritt gebracht. Aber nach zwei Kilometern bewegten sich ihre Beine wieder automatisch.
    Über eine halbe Stunde waren sie schon unterwegs, da stellte Guddel fest, daß er sein Regencape auf der Bank vergessen hatte.
    „Das hat uns noch gefehlt!“ rief Karl. „Verlange bloß nicht, daß wir es holen! Es ist sowieso nicht mehr da. Auf solche Sachen sind die Kurgäste scharf wie ein Hund auf einen Knochen.“
    „Das ist mir bekannt“, sagte Guddel, „die klauen nichts so gern wie Radfahrercapes. Dennoch fahre ich zurück. Und wenn ihr nicht mit wollt, dann setzt euch hier hin und wartet.“
    Sie kamen aber doch mit.
    Das Cape lag noch genauso, wie Guddel es hingelegt hatte. „Das ist doch nicht zu fassen!“ wunderte sich Karl. „Die haben das neue Stück einfach liegenlassen! Ich verstehe die Welt nicht mehr.“
    Als sie die Stadt verlassen hatten, trübte es sich ein, und nach wenigen Minuten begann es leise zu regnen. Anfangs waren sie unschlüssig, ob sie ihre Regenbekleidung überziehen sollten. Als aber Karl äußerte, daß sie in eine Zone des widerlichsten Landregens hineinführen, der deshalb so niederträchtig sei, weil er so bescheiden tue und dabei doch eine Ausdauer wie ein Marathonläufer habe, schlüpften sie in Capes und Mäntel.
    Lustlos fuhren sie in die Dämmerung hinein.
    Sie sprachen nicht mehr miteinander. Allmählich durchnäßte der Regen ihre Schuhe und Strümpfe, und sie fingen an zu frieren.
    Aus Büschen und Hecken wuchs die Dunkelheit.
    Plötzlich hielt Karl an und rief: „Bis hierher und nicht weiter! Das Wasser in meinen Schuhen steht schon zwei Zentimeter hoch, außerdem bin ich müde zum Umfallen, und mein Magen ist so leer wie ein Luftballon ohne Luft. Hier ist gerade so eine Art Wildpark, da finden wir bestimmt einen Platz für unser Zelt.“
    „Was haltet ihr von dieser Kiesgrube?“ fragte Egon, der schon ein Stück vorausgegangen war. „Kies ist wasserdurchlässig, fühlt mal, der Boden ist ganz trocken.“
    Aber Guddel schüttelte den Kopf.
    „Hier zelten nur Lebensmüde“, sagte er. „Wenn heute nacht durch den Regen ein paar Kubikmeter von dem Kies ins Rutschen kommen, wachen wir morgen früh auf und sind tot.“
    Sie umgingen die Grube und schlugen oberhalb unter hohen Bäumen das Zelt auf. In der Dunkelheit und Nässe war das unangenehm und schwierig. Der Rest ihrer guten Laune verflog. Zum erstenmal erlebten sie, daß eine Fahrt mit Rad und Zelt auch sehr unliebsame Abenteuer einschließt. Aber als die Zeltlampe brannte und der Spirituskocher heimelnd flackerte, hob sich ihre Stimmung rasch wieder.
    Sie zogen sich trockene Strümpfe an und schauten zu, wie die Milch sich langsam erwärmte. Guddel schmierte die
    Stullen, die Egon abgesäbelt hatte, und Karl schälte die Mettwurst aus dem Darm. Er gab jedem ein fingerlanges Stück in die Hand und sagte: „Die schneide ich nicht in Scheiben, Wurst aus der Hand zu essen ist viel zünftiger.“ Mit den Broten aßen sie die Tomaten und drei große Würfel von dem Holländer Käse. Genüßlich schlürften sie die heiße Milch hinterher.
    Dann rollten sie sich in die Decken, schmiegten sich eng aneinander und löschten die Lampe. Von dem mit aller Macht hereinbrechenden Gewitter hörten sie schon nichts mehr. Sie schliefen wie gefällte Bäume.
    Am andern Morgen entdeckten sie, daß sie das Zelt drei Meter neben einem Friedhof aufgebaut hatten.
    Karl sagte: „Wenn ich das gewußt hätte, wäre ich nicht in den Schlaf gekommen.“
    Guddel beugte sich über die Friedhofsmauer und zeigte auf einen großen Marmorengel, der ihnen mit dem

Weitere Kostenlose Bücher