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Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Titel: Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Fried
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Sicherung des Friedens kam nicht billiger. Karl begriff, daß der erfolgreiche König erfolgreich wirtschaften mußte. Wie konnte er beide, Krieg und Frieden, sich leisten? Wie wurden sie finanziert? Geld, nämlich gemünztes Feinsilber, gab es zwar. Aber es reichte niemals, um des Königs Kriegsvolk oder auch nur seine Amtleute, Gutsverwalter oder Grafen zu bezahlen[ 1 ]. Andere Instrumente der ‹Entlohnung› mußten nutzbar gemacht werden. Wie also wurden die Kosten erwirtschaftet? Wie die Krieger wirtschaftlich unterhalten? Ein König hatte viele Mäuler zu stopfen, einen ganzen Hofstaat, Kleriker, Gäste, fremde Gesandtschaften und alle gemäß deren und dem eigenen Rang, eben königlich; er mußte Größe, Macht und Reichtum inszenieren, Pracht entfalten, schenken, seinen Reichtum verschwenden. Das alles kam teuer. Er mußte Gott danken, standesgemäß. Wer trug die Kosten? Wie kam der Reichtum zustande? Wer erwirtschaftete ihn? Wie wurde er gewahrt und gemehrt? Wer partizipierte daran? Die Antwort auf diese Fragen führt zu dem riesigen Grundbesitz, über den der König in seinem ganzen Reich verfügte und der effizient verwaltet werden mußte.
    «Wir wollen, daß unsere Gutshöfe, die wir bestimmt haben, unserem Bedarf zu dienen, ausschließlich uns dienen und niemandem sonst»[ 2 ]. Das Ziel war klar: Die Wirtschaft hatte den königlichen Interessen zu folgen und ausschließlich ihnen, so begehrlich die Blicke der anderen auch sein mochten. Karl kümmerte sich um diese Wirtschaft wie wenige seinesgleichen. Die erhaltenen Zeugnisse gewähren aufschlußreiche Einblicke in das zeitgenössische Wirtschaftshandeln, in die Organisation des königlichen Besitzes, in die Fürsorge für des Königs Leute, in seine Planungen und seinenOrdnungswillen[ 3 ]. Nur eines verraten sie nicht: Die Zahl der Menschen, die hier lebten. Der König und Kaiser betrieb eine für seine Zeit höchst erfolgreiche, effiziente und noch heute – in Umrissen erkennbar – auf Leistungssteigerung angelegte Wirtschaftspolitik. Sie beschränkte sich nicht auf Landwirtschaft und Viehzucht; sie schloß Bergbau, Handwerk und Handel mit ein; und sie bediente sich, wo immer möglich, des Geldes. Märkte waren Karl nicht fremd. Das alles wurde zunehmend rational geordnet und gelenkt.
    Die Wirtschaft war, obgleich zumal auf altem römischen Boden städtische Siedlungen nicht unbekannt waren, grundherrschaftlich organisiert, nämlich in großen Güterkomplexen, die bald durch selbständig wirtschaftende oder unfreie, dienstverpflichtete Kleinbetriebe, bald auch in Eigenbetrieb durch sog. Manzipien, besitzlose Arbeitskräfte, bewirtschaftet wurden. Kirchen und Kriege, der Frieden ließen sich finanzieren, wenn auch nicht durch den König allein. Diese Seite seiner Regierung ist Karls Biographen Einhard, der selbst große Grundherrschaften besaß, auf Grund eines entsprechenden Schweigens seines Vorbildes Sueton völlig entgangen. Kein Dichter besang den erfolgreichen Ökonomen, der Karl war. Niemandem entlockte eine gute Haushaltung ein Lob, wohl aber die verschwenderische Milde des Herrschers.
    Der schier unermeßliche königliche Domanialbesitz speiste sich aus altem Eigengut der Familie, aus einstigem, durch den Umsturz gewonnenem merowingischem Königsgut, und nicht zuletzt aus neueren Konfiskationen; auch herrenloses Gut fiel an den König. Eroberungen in Aquitanien, Italien, Sachsen, Baiern oder gegen die Awaren mehrten den Besitz fortwährend. Das ererbte Hausgut lag in zusammenhängenden Komplexen vor allem um Metz, an der mittleren Mosel, von Trier über Echternach bis nach Prüm sowie im Raum um Nivelles und Stablo. Das alte Königsgut der Merowinger durchzog die gesamte «Francia». Die genaue Ausdehnung und Dichte des Königsgutes tritt freilich allein durch die Vergabepraxis hervor, dadurch also, daß es geschmälert wurde.
    Der weite und sich durch lange Jahrzehnte mehrende Besitz,auch die erbeuteten Schätze Sachsens, Italiens oder der Awaren durften den König großzügig und gabenfreudig machen. Der Krieg verwöhnte die Täter. Karl stattete seine Getreuen, weltlichen Großen, Bistümer und Klöster in der Tat mit reichen Landschenkungen aus; das päpstliche Rom vergaß er zu keiner Zeit. Sie alle erhielten ihren Anteil an der Beute, auch der Herr des Himmels. Solcher Dank und solche «Milde» offenbarten Karls Größe; sie schienen den eigenen Reichtum kaum zu schmälern, obgleich sie langfristig den Domanialbesitz bedrohen mußten.

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