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Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Titel: Karlas Umweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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wollte sie mir nun mitteilen, dass sie sich von Willem zu trennen im Begriff war? Es wäre ein günstiger Zeitpunkt.
    »Du bist doch meine beste Freundin«, begann Marie. Ich freute mich halb tot und hielt mir in dem Moment auf meine ständige Wachsamkeit, die Befindlichkeiten von Marie betreffend, durchaus etwas zugute.
    »Klar!!«
    »Du verstehst mich doch und du kennst mich wie kein anderer.« Ich nickte sprachlos vor Glück. Zum ersten Mal sprach Marie aus, was ich schon die ganze Zeit fühlte. Es herrscht eine unbeschreiblich tiefe Verbundenheit zwischen uns. Nun hat es endlich auch Marie bemerkt. Wie lieb und aufmerksam von ihr, mich deswegen zu einem stilvollen Essen einzuladen!
    »Es geht um … eine Gefälligkeit, um die ich dich bitten möchte.«
    JETZT!! Jetzt würde sie sagen, ich solle ihr den Willem vom Hals schaffen, weil sie mit Harald Gernhaber in seiner muffigen Zweizimmerwohnung mit vierzig Stradivaris in der Badewanne glücklich werden wolle. Und Vanille-Eis, Prunk und weiße! Konzertflügel! stören bei so einem Entschluss bedenklich. Mir schlug das Herz bis zum Hals.
    »Es gibt hier jemanden, für den ich mich sehr interessiere«, begann Marie.
    Mit solchen Situationen gehe ich inzwischen gelassen um. Der Oberkellner erschien und baute verschiedene Wein- und Wassergläser vor uns auf. »Ist recht so, gnä’ Frau?«, fragte er Marie. Ich hätte ihn gern von der Bildfläche gewinkt, aber Marie schenkte ihm ein gnädiges Lächeln und nickte. Als er sich entfernt hatte, trank Marie einen weiteren Schluck von ihrem Aperitif und fuhr fort: »Es geht diesmal natürlich ausschließlich um meine beruflichen Interessen.«
    »Natürlich.«
    »Du hast doch schon den Namen Eugen Paterne gehört?«
    »Ja«, sagte ich. Düstere Vorahnungen beschlichen mich.
    »Er ist ja der Dirigent und Schirmherr dieses Wettbewerbes und der einflussreichste Mensch der ganzen Salzburger Musikszene, sieht man von Karajan einmal ab.«
    »Jaja«, sagte ich und schluckte. Der eifrige Oberkellner kam schon wieder herbei. Diesmal brachte er eine bauchige Flasche, drehte sie Beifall heischend vor Marie hin und her und fragte dann: »Darf ich?«, bevor er eine winzige Pfütze davon in eines der bauchigen Gläser goss.
    Marie kostete, lächelte wiederum ihr Gnädige-Frau-Lächeln und wartete geduldig ab, bis der Kellner zuerst ihr, dann auch mein Glas gefüllt hatte.
    Wir tranken und prosteten uns zu und nahmen den vierten Anlauf zu einem halbwegs zusammenhängenden Gespräch.
    »Also, der Paterne«, sagte Marie.
    »Ja«, sagte ich. »Ganz klare Sache. Kein Thema.«
    »Er ist ja hier der Schirmherr. Und auch sonst. Sehr einflussreich.«
    »Ich weiß«, sagte ich. Ich überlegte kurz, ob es an dieser Stelle angebracht wäre, ihr zu sagen, dass er nicht nur der Schirmherr, sondern auch ihr Erzeuger sei, aber ich entschied, dass uns das im Augenblick vom Thema abbringen würde.
    »Und er dirigiert das Abschlusskonzert«, nahm Marie den Faden wieder auf. »In dem ich ja bekanntermaßen die besten Szenen und Arien aus Carmen singe.«
    »Ich habe so etwas läuten hören«, sagte ich mit erhobener Stimme. In diesem Moment kam nämlich bereits wieder dieser unverschämte Kerl von Oberkellner und drängte sich rüde zwischen uns, indem er uns einen »Gruß aus der Küche« vor die Brust balancierte. Statt sich aber diskret zu verziehen, zeigte er auf jedes noch so unwesentliche Detail auf dem ohnehin schon übersichtlich gestalteten Teller und erläuterte ungefragt die abenteuerliche Lebensmittelzusammenstellung, die sich darauf befand. Da weder Marie noch ich die ganze Angelegenheit bestellt hatten, schlug das meiner Meinung nach dem Fass den Boden aus. Ich war fest entschlossen, diesen Versuch, unser vertrauliches Gespräch zu stören, nicht durchgehen zu lassen, und machte die müde Herrenmenschen-Geste, mit der schon Marie den Kellner vorhin aus dem Bild gefegt hatte. Er aber blieb stehen, bis wir mit dem Gruß aus der Küche fertig waren, und fragte, ob die Vorspääsn nun serviert werden dürften. Schreck lass nach, dachte ich, das WAR noch gar nicht die Vorspeise! Wir warteten also die Vorspeise ab und aßen sie, vor Ungeduld schon ganz aggressiv, auch hastig auf. Der Oberkellner lauerte mit, wie ich finde, bösartigem Blick in der Ecke unter einem Hirschgeweih, was ihn kurzfristig wie einen gehörnten Ehemann erscheinen ließ. Schon wieder drängte sich mir die Assoziation Willem auf. Ich wollte endlich Schwung in die Sache

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