Karlo geht von Bord - Kriminalroman
Gerri nahm wieder Platz im Wagen.
Karlo schüttelte verständnislos den Kopf, als er die gleiche Hausnummer ein zweites Mal, rechts neben dem Spielsalon auf einer aluminiumbeschlagenen Tür, entdeckte. Er beäugte die Klingelanlage. Wurm schien im ersten Stock zu wohnen. Karlo drückte die Klingel der Wurms ausgiebig. Keine Reaktion, das war sehr gut. Eine brüchige weibliche Stimme meldete sich, nachdem er einen Klingelknopf im letzten Stockwerk gedrückt hatte. Neben der Klingel stand der Name
Helberg
.
„Ja? Wer ist denn da?“
„Frau Helberg, hier ist Alfons Wurm, der Nachbar aus dem ersten Stock“, log Karlo. „Bitte verzeihen Sie mir die späte Störung. Ich habe meinen Schlüssel vergessen und unsere Klingel funktioniert nicht. Machen Sie mir bitte mal auf?“
Karlo registrierte erleichtert, als der Türöffner summte und drückte die Tür auf.
Er betrat das Treppenhaus und ließ die Tür ins Schloss fallen. Dann blieb er ruhig stehen und lauschte in die Dunkelheit. Niemand meldete sich. Ein kleines Wunder? Gab es wirklich noch Leute, die
nicht
neugierig waren? Vielleicht wollte Frau Helberg auch einfach nur ihre Ruhe haben. Nachdem etwa zwei Minuten vergangen waren, öffnete Karlo sein bewährtes Ledertäschchen und entnahm ihm die kleine Taschenlampe. Er knipste sie an, bedeckte aber die Hälfte des Lichtaustritts mit dem Daumen, um nicht aufzufallen.
Im ersten Stock erkannte er den Namen Wurm auf einem Schild unter dem Türspion. Als er das Licht durch den Spion auf der gegenüberliegenden Seite schimmern sah, war ihm nicht wohl. Da war jemand zu Hause. Er würde sehr leise sein müssen.
Mit der Taschenlampe im Mund und dem mit der Schulter ans Ohr gedrücken Handy war nicht gut zu arbeiten. Karlo brauchte länger als gewohnt, bis das Schloss endlich nachgab.
Als Karlo das Werkzeug zurück in seine Tasche stecken wollte, rutschte ihm das Handy von der Schulter. Erschrocken versuchte er, danach zu greifen. Die Werkzeugtasche glitt ihm aus der Hand und fast zeitgleich trat die Taschenlampe den Weg nach unten an, um gemächlich in Richtung Treppenstufen zu kullern. Hektisch fasste Karlo nach und verlor dabei das Gleichgewicht.
„Man wird nicht jünger“
, schoss es ihm im Fallen völlig unpassend durch den Kopf. Ein unerwünscht hoher Geräuschpegel war die Folge.
Karlo raffte eilig seine Gerätschaften zusammen, rappelte sich auf und raste die Treppe hinunter. Gerade noch rechtzeitig. Die Nachbartür der Wurms wurde geöffnet und das Treppenhauslicht wurde eingeschaltet.
Karlo presste sich im Parterre gegen die Wand.
„Hallo? Ist da jemand?“
Karlo hörte Schritte, jemand ging drei oder vier Stufen die Treppe hinab. Wurms Nachbar stieß beim Versuch, nach unten zu schauen, mit dem Fuß ans Treppengeländer. Ein metallisches Geräusch hallte durchs Treppenhaus.
Karlo wartete ab, bis er den Nachbarn wieder nach oben steigen hörte. Mit auffälligen Schritten ging er zur Haustür, öffnete sie und schlug sie laut ins Schloss. Der Nachbar sollte vermuten, dass der Verursacher des Lärms soeben das Haus verlassen hatte.
Es funktionierte, aber anders, als er gehofft hatte. Die knurrige Stimme von Wurms Gegenüber schallte durchs Haus: „Hallo, ist jemand zu Hause? Herr Wurm? Na, das gibt’s doch nicht. So ein Idiot! Geht einfach weg und lässt die Tür offen.“
Das trockene Klacken verriet Karlo, dass der besorgte Mitbewohner die Tür der Wurm’schen Wohnung wieder ins Schloss gezogen hatte.
Scheiße!
Einige Minuten traute sich Karlo kaum zu atmen. Dann hielt er das Handy ans Ohr und begann zu flüstern.
„He, Gerri.“
„Was ist denn los bei dir? Alles klar?“
„Beinahe wär’s schiefgegangen. Ich brauch noch einen Moment. Noch alles ruhig da draußen?“
„Alles ruhig. Aber mach hin, Mann.“
„Schon gut. Bis gleich.“
Alles wieder auf Null. Karlo stieg im Dunkeln abermals die Treppe hoch. Er entschloss sich, es nun ohne die Taschenlampe zu versuchen. Das Handy legte er vor sich auf die Fußmatte. Trotz der Finsternis ging es schneller als vorher. Er schloss die Tür von innen und schaltete die Taschenlampe an. Urplötzlich kamen ihm Zweifel. Nach was suchte er eigentlich? Er war so sicher gewesen, dass Wurms Wohnung etwas für ihn bereithalten würde. Etwas, das ihm aus der Klemme helfen könnte. Und nun?
Karlo begutachtete den Schnitt der Wohnung. Bad mit Toilette, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche. Und eine weitere Tür. „Dreizimmerwohnung“, dachte er aus Mangel
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