Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
keiner geglaubt. Angefangen hat das alles mit der verdammten Karte, die du mir in der Bluesmühle in die Hand gedrückt hast. Ich hab mir noch in der Samstagnacht die Bilder im Internet angeschaut. Abgesehen davon, dass die Gesichter unkenntlich gemacht waren, sahen die Mädels ganz lecker aus. Sabine habe ich da aber nicht erkannt. Wie sollte ich auch darauf kommen? Ich hatte ja keine Ahnung. Ich hab mich in dem Moment ein bisschen für mich selbst geschämt, Sabine gegenüber und so. Na ja, dann habe ich aber trotzdem mal dort angerufen. So eine Polin war dran, hat ganz schlecht Deutsch gesprochen. Wir machten einen Termin aus, dann hat mich aber der Mut verlassen, und ich bin nicht hingegangen.
In der Nacht aber, in der ich dich nach Hause gebracht habe, bekam ich dann ganz plötzlich Bock, doch mal dort vorbeizuschauen. Das lag wohl an meinem erhöhten Alkoholpegel. Ich kannte ja die Adresse, und nun war ich auch schon im Haus. Also habe ich dich in deine Wohnung gebracht. Du hast noch was gebrabbelt von Hunger und du müsstest noch was essen. Ich bin dann raus. Deine Schlüssel muss ich wohl aus Versehen eingesteckt haben. Ich hatte tatsächlich vor, einfach mal zu klingeln. Und zu schauen, ob da noch jemand ist um diese Zeit. Und als ich bei der ersten Treppenwende angekommen war, ging da unten die Tür auf. Eine ziemlich junge Frau trat aus der Tür und verabschiedete sich von einer zweiten, sagte noch was wie: „Bis später, denke, wird schon gutgehen“, oder so was Ähnliches. Das hörte sich osteuropäisch an. Die andere rief ihr dann noch sinngemäß hinterher: „Pass bloß auf dich auf, Janina.“
Die junge Frau ist dann die Treppe runter und ich bin auch weitergegangen. Die zweite Frau hat einen Moment innegehalten an der Tür, als wolle sie schauen, wer da die Treppe runterkommt.
Ich habe sie nicht gleich erkannt, wegen der Perücke und überhaupt wegen der ganzen Situation. Aber sie stand da und konnte sich nicht rühren, sie schaute mich völlig entgeistert an. Und plötzlich hat es klick gemacht und ich habe sie erkannt. Was in dem Moment in mir vorging, kannst du dir bestimmt vorstellen.“
Tobias holte tief Luft und machte eine Pause. Karlo strich sich hilflos durch die Haare. Er konnte es sich sehr gut ausmalen, was da in Kaletzke vorgegangen war. Er trank seine Flasche aus, traute sich aber nicht aufzustehen und eine neue zu holen. Er wollte Tobias’ Redefluss jetzt nicht abreißen lassen.
„Und dann?“
„Wir hatten natürlich einen Riesenkrach. Ich habe Sabine kaum wiedererkannt, wie sie da vor mir stand. Sie war voller Gift und Häme und nannte mich einen Versager. Sie meinte, sie würde wenigstens dafür sorgen, dass Geld reinkäme. Ich bin einfach durchgedreht. Ich hab ihr eine runtergehauen, hab sie gegen die Brust gestoßen. Sie hat das Gleichgewicht verloren, ist nach hinten gefallen, mit dem Kopf gegen die Kommode. Und dann lag sie da und hat sich nicht mehr gerührt. Ich bin in Panik geraten, das kannst du mir glauben.“
„Warum hast du mir die Statue auf den Balkon gelegt?“
Karlo klang wütender, als er sich das eigentlich vorgenommen hatte.
„Na, das ist doch klar, oder? Ich wollte von mir ablenken, ich hatte panische Angst, als Mörder verhaftet zu werden. Und da stand diese Figur. Ich hab erst Sabine hinters Bett gezogen und dann die Figur mit ihrem Blut in Berührung gebracht. Deine Schlüssel hatte ich ja noch in der Tasche. Also bin ich wieder hoch zu dir. Du lagst im Bett wie ein Toter und hast auch nicht mitgekriegt, dass ich deine Hand noch an zwei, drei Stellen um die Figur gelegt hatte. Ich selbst habe die Figur nur mit einem Küchenpapier angefasst. Und da
du
die Figur nicht gleich finden solltest, habe ich sie in die Kiste auf dem Balkon gelegt.
Erst am anderen Tag wurde mir klar, was ich angerichtet hatte. Und da konnte ich es nicht mehr ändern, es tut mir so leid, aber wie hätte ich es denn rückgängig machen sollen …“
Tobias zögerte kurz, und Karlo nutzte die Gelegenheit nachzufragen.
„Und was ist jetzt mit Süßelmanns Geschichte?“
Tobias hielt sein Gesicht einen Augenblick fest in beide Hände vergraben, dann schaute er wieder auf.
„Ich hab Süßelmann am Kiosk getroffen. Ich hatte den Kerl schon ein paarmal in Fechenheim gesehen, aber nicht gemerkt, dass ich den Typen von früher kenne. Süßelmann war an diesem Tag ziemlich fertig und außerdem schwer angesoffen. Auf jeden Fall ist mir da aber klar geworden, wer er war. Der ist
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