Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
Karlo. Da hab ich mich wohl getäuscht, ich …“
„Dann komm jetzt her, setz dich hin und trink einen Schluck Bier. Ich wollte dir doch noch einiges berichten.“
Karlo hatte Tobias bei der Schulter gepackt und schob ihn mit leichtem Nachdruck zu seinem Sessel. Nach einem kräftigen Schluck begann er zu reden, und eine gute halbe Stunde später war er seine turbulente Geschichte losgeworden. Angefangen bei der toten Moni, die er gefunden hatte. Seine Flucht und seine Festnahme, dann der Mord an Joe Wegener.
Zum Schluss hatte er als Sahnehäubchen erzählt, wie ihm die Katzendiebe ins offene Messer gelaufen waren.
Kaletzkes Erstaunen schien irgendwie nicht ganz echt. Den Bericht über die Festnahme der beiden Ganoven auf dem Offenbacher Fabrikgelände fand er dann aber amüsant. Karlo hatte an dieser Stelle mit seinen Ausführungen geendet. Nun machte sich eine gewisse Verlegenheit breit. Er wusste nicht so recht, wie er das Gespräch in die richtige Richtung lenken sollte.
„Tobias, bitte, du musst mir jetzt versprechen, dass du nicht ausrastest. Ich will einfach rauskriegen, was wirklich passiert ist. Da passt nämlich was nicht zusammen. Das ist jetzt nicht gegen dich gerichtet.“
Karlo rutschte ungemütlich auf seinem Sofa herum. Er fühlte sich unwohl in seiner Haut, als er anfing.
„Ja, okay, du hast recht gehabt. Ich hab das Bild aus deiner Wohnung. Deshalb frage ich mich auch, warum du mir erzählst, du wüsstest nicht, wer diese Frau ist.“
Tobias saß starr und schluckte schwer. Karlo fuhr fort.
„Vielleicht war es ein Fehler, das Bild zu nehmen. Aber dadurch habe ich das andere Bild gefunden. Das mit Joe, Süßelmann, dir und …“ Er brach ab und räusperte sich. Es fiel ihm sichtlich schwer, die Wahrheit auszusprechen. Als er weitersprach, klang seine Stimme rau.
„Ja, und eben Sabine, deiner Freundin.“
Tobias erwiderte nichts und rührte immer noch keinen Finger. Er schaute unbeweglich und mit leicht geöffnetem Mund in die linke Zimmerecke. Karlo wusste nicht, ob er überhaupt zuhörte.
„
Du
hast sie umgebracht. Sabine war schon lange tot, als du mir erzählt hast, sie habe sich von dir getrennt, stimmt doch? Wie ist es passiert? Ihr habt gestritten, nachdem du mich nach Hause gebracht hast, nicht wahr? War es ein Unfall?“
„Wie hast du es rausgekriegt?“
Flüsternd, ein wenig heiser, wehte die Frage zu Karlo. Tobias saß immer noch reglos da.
„Hier, das Bild von Sabine. Schau doch nur mal unter den aufgeschlagenen Hemdärmel. Siehst du? Da, die Tätowierung. Das kleine Stück vom Maul des grünen Drachens? Die gespaltene Zunge in Rot? Ich hab es lange nicht richtig wahrgenommen, aber nur so ergibt es einen Sinn. Die Frau selbst habe ich zuerst gar nicht erkannt auf diesem Foto. Mit einer Perücke und viel Make-up kann man sich schon verändern. Und dann war da auch noch die Brille.“
Er schaute seinen Freund mitfühlend an.
„Joe hat mir Moni vorgestellt, die für ihn in der Wohnung unter mir anschaffte. Und dabei ist mir auf ihrem Oberarm der grüne Drache aufgefallen. Das war an dem Tag, an dem Joe mir meine Wohnung übergeben hatte. Du hast es die ganze Zeit überhaupt nicht mitgekriegt. Vielleicht hast du es ja sogar erst nach unserer blödsinnigen Sauferei gemerkt. In der Nacht. Durch Zufall, was?“
Es fiel Karlo schwer, weiterzureden.
„Sabine und Moni, das war ein und dieselbe Frau. Deine Frau!“
Es klang beschwörend, und immer noch ein wenig wie eine Frage, und Karlo hätte etwas darum gegeben, eine andere Antwort zu bekommen.
„Dann ist da noch was, Tobias. Das andere Bild habe ich dem Hauptkommissar gegeben. Um ihm Sauer zu zeigen, der augenscheinlich Wegener die Kehle durchgeschnitten hatte. Ich hab ihm erklärt, dass ich dich und Sabine nicht kenne. Keine Ahnung, ob er es geglaubt hat. Aber ich weiß eins: Er wird mit dir reden wollen. Das ist einer, der nicht locker lässt, wenn er ermittelt. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis er dich gefunden hat.“
Karlo machte noch eine Pause, bevor er seine nächste Frage stellte.
„Warum steht in Süßelmanns Abschiedsbrief, er hätte mitbekommen, wie Wegener Moni beziehungsweise richtiger: Sabine erschlagen hat? Das ist doch alles erfunden, nicht wahr?“
Tobias saß aufrecht mit leerem Blick, im Sessel, als er zu reden begann.
„Also gut, Karlo. Es hört ja sonst keiner zu. Ich sag dir, was passiert ist. Du hast recht, es war ein Unfall. Ich hab das nicht gewollt. Aber das hätte mir doch
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