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Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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nur ins Bett kriegen? Wer baggert denn hier die ganze Zeit an mir herum? Du hast mich doch nur aus der Klinik herausgeholt, um mich zu …»
    Der Wind wurde plötzlich scharf. Es kam Vivien so vor, als würde ihr das Universum direkt in die Lunge pusten. Ihr Zahnfleisch schmerzte. Für einen Augenblick schloss sie den Mund aus Angst, sich sonst aufzulösen, zu schmelzen wie Schnee und dann zu verdampfen. Sie fürchtete, ihre Form zu verlieren. Es war eine sehr reale, Gänsehaut machende Angst.
    Jetzt nutzte der Professor das Wissen, das er in zahllosen therapeutischen Sitzungen mit Vivien gesammelt hatte. Hier konnte er problemlos anknüpfen.
    «Ja, junger Mann, Vivien durchschaut dich. Das ist eine reine Projektion.»
    «Eine was?»
    «Nun, du glaubst, dass deine eigenen Wünsche meine sind. Und alles, was du willst, ist, deinen Samen in sie hineinzuspritzen.»
    Während er das sagte, schielte er zu Vivien, und seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. «Du willst, dass deine Brut in ihr reift!», brüllte er. «Du bist das Böse in Person, Toi!»
    Dann schwang er die Axt.
    Vivien brüllte «Nein!» und stieß ihm gegen die Brust. So traf er Tom nur mit dem Schaft am Kopf, nicht mit der Schneide.
    «Wenn er tot ist, Vivien», hechelte der Professor, «sind wir endlich frei! Wir werden dieses kalte Land verlassen und dorthin gehen, wo man uns in Ruhe lässt. Ich habe genug Geld in Sicherheit gebracht. Wir können ein sorgenfreies Leben führen. Am Meer. In der Karibik, wenn du willst. Wir können ganz von vorn beginnen. Alles wird gut, Vivien.»
    Dann stieß er sie weg und erhob die Axt aufs Neue.
    Vivien wollte den Kampf beenden, nur wusste sie nicht, auf wessen Seite sie sich schlagen sollte. Der Professor schien ihr glaubwürdiger, aber warum musste er Tom erschlagen? War nicht schon genug Blut geflossen? Wäre es am Ende nicht das Beste, wenn sie selbst verschwand? Andererseits wusste sie, dass dann alles von vorn beginnen würde, so weit vertraute sie Peter Ullrich. Sie würden alle wiederkommen, um das gleiche Spiel in neuen Kostümen noch einmal zu spielen. Also musste es zu Ende geführt werden, damit endlich Platz für Neues entstand.
    Nur wenige Meter von ihnen entfernt verlor Ackers das Bewusstsein.
    Tom bückte sich und zog den Dolch aus seinem Stiefelschaft. Vivien sah zunächst nur eine silberne Klinge die neblige Luft aufschlitzen wie dünne Seide.
    Mit gezielten Schlägen in Kopfhöhe hielt der Professor sich Tom vom Leib. Er verstand es, mit der Streitaxt umzugehen. Den Unterkiefer vorgeschoben, sprang er auf Tom zu und traf mit der hammerartigen stumpfen Seite des Beils dessen rechtes Handgelenk. Tom schrie vor Schmerz. Der Dolch entglitt ihm und fiel in den Schnee.
    Etwas in Tom zerbrach. Er hatte sich überschätzt. Diese Sache konnte er zu keinem guten Ende bringen. Das war mehr als ein Einbruch in eine Villa, als ein Autodiebstahl oder ein kleiner Drogendeal. Das hier überstieg die Kraft seiner Seele. Er fiel auf die Knie und reckte Professor Ullrich die gefalteten Hände entgegen.
    «Bitte nicht!», flehten seine Augen, aus seinem Mund kamen jammernde Laute.
    Der im Schnee steckende Dolch zog Vivien wie magisch an. Sie hörte nichts mehr, sie roch nichts mehr. Sie sah die geschliffenen Glassplitter wie die drei Sonnen auf Thara.
    Vorsichtig, als könne sie ihn zerbrechen, nahm sie den Dolch zwischen ihre Finger und zog ihn Zentimeter für Zentimeter aus dem gefrorenen Schnee. Der weiße Griff, die goldenen Knöpfe, die drei Sonnen. Das war die Waffe von Josch! Damit hatte er Congas getötet und Gabellanzen geschnitzt.
    Das Beil schwebte über Toms Kopf. Ullrich würde seinen Schädel genau in der Mitte spalten.
    «Halt!», schrie Vivien. «Hört auf!»
    Doch Ullrich ließ sich nicht ablenken. Später würde er alle Zeit der Welt für Vivien haben, jetzt musste er diese Sache zu Ende bringen.
    «W … woher hast du diesen Dolch?», fragte Vivien mit zitternder Stimme und starrte die Waffe gebannt an. «Die drei Sonnen, das Symbol der Rettung. Jeder, der jemals auf Droba war, kennt es.»
    Tom war dankbar. Diese Frage brachte ein bisschen Normalität in diese abgedrehte Situation in den Wolken.
    «Ich hab ihn in Köln gekauft, in so einem An- und Verkaufsladen. Ist bestimmt was ganz Billiges. Vielleicht sogar geklaut. Die Hälfte in dem Laden war geklaut, wette ich.»
    Mit jedem Satz, den er sprach, kam er ein Stück weiter weg vom Tod. Solange er über solche Dinge redete, sagte ihm sein

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