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Karneval der Alligatoren

Karneval der Alligatoren

Titel: Karneval der Alligatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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Gekreisch
der Leguane in der Nacht – da werden Sie verdammt wenig Schlaf kriegen.« Er
schloß seine Augen und fügte nachdenklich hinzu: »Falls Sie darauf überhaupt
noch Wert legen.«
    Bei dieser Bemerkung zuckte es um den
Mund des Mädchens. Kerans war jetzt klar, daß die Zweideutigkeit in Riggs
Stimme, als er ihn nach seinem Schlaf gefragt hatte, nichts mit seiner
Beziehung zu Beatrice zu tun hatte.
    Riggs fuhr fort: »Außerdem wird es
nicht leicht sein, mit den menschlichen Aasgeiern fertig zu werden, die jetzt
aus den Mittelmeerlagunen vertrieben werden.«
    Beatrice warf ihre langen schwarzen
Haare über die Schulter. »Ich halte meine Tür schon versperrt.«
    Kerans fuhr sie ärgerlich an:
»Herrgott noch mal, Beatrice, was willst du denn damit beweisen? Mag ja ganz
amüsant sein, mit der Selbstzerstörung zu spielen, aber wenn wir erst mal weg
sind, wird es nicht mehr so lustig sein. Riggs versucht doch nur, dir zu helfen
– ihm ist es völlig egal, ob du hier bleibst oder nicht.«
    Riggs lachte auf. »Das würde ich nun
nicht gerade sagen. Aber wenn mein persönliches Mitgefühl Ihnen so lästig ist,
Fräulein Dahl, so nehmen Sie eben an, daß ich mich nur aus übergroßem
Pflichtgefühl darum sorge.«
    »Ach, wie interessant«, sagte sie
sarkastisch. »Ich meinte immer, Ihre Pflicht sei es, so lange wie möglich hier
zu bleiben und dafür alle nur möglichen Opfer zu bringen. Jedenfalls sagte man
das meinem Großvater, als die Regierung den Großteil seines Besitzes
konfiszierte.« Sie bemerkte, daß Riggs über seine Schulter zur Bar schielte.
»Was ist denn los? Suchen Sie Ihren Fächerwedler? Ich gebe Ihnen nichts zu
trinken, falls Sie das meinten. Ihr Männer kommt ohnehin nur herauf, um euch zu
besaufen.«
    Riggs stand auf. »Na schön, Fräulein
Dahl. Ich gebe nach. Auf später, Doktor.« Er verabschiedete sich lächelnd von
Beatrice. »Morgen schicke ich dann mal den Kutter rüber, um Ihr Zeug
abzuholen.«
    Als Riggs gegangen war, lehnte sich
Kerans in seinen Liegestuhl zurück und sah dem Hubschrauber nach, der jetzt
über der angrenzenden Lagune kreiste. Ab und zu tauchte er bis zur Wasserfläche
hinunter, der Wind seiner rotierenden Propellerflügel wirbelte das Blattwerk
der Farne herum und trieb Leguane über die Dächer. Beatrice brachte einen Drink
von der Bar und setzte sich ihm zu Füßen auf den Liegestuhl.
    »Bitte analysiere mich nicht vor
diesem Menschen, Robert.« Sie gab ihm den Drink und lehnte sich dann gegen
seine Knie, das Kinn stützte sie auf ein Handgelenk. Meist sah sie ganz sorglos
aus, aber heute wirkte sie ausgesprochen müde und nachdenklich.
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich
Kerans. »Vielleicht habe ich eher mich selbst analysiert. Riggs' Ultimatum hat
mich ziemlich überrascht. So bald hatte ich noch nicht an Aufbruch gedacht.«
    »Du gehst also mit?«
    »Vermutlich möchte ich aufbrechen,
aber ich habe noch keinen richtigen Grund dafür gefunden. Die eigenen Gefühle
zu befriedigen, genügt nicht. Es muß etwas Gültigeres sein. Vielleicht erinnern
mich diese versunkenen Lagunen einfach an die versunkene Welt meiner Kindheit.
Wenn das stimmt, sollte ich lieber heute als morgen weg. Riggs hat ganz recht,
den Stürmen und der Malaria werden wir kaum standhalten können.«
    Er legte ihr seine Hand auf die Stirn
und fühlte die Temperatur, wie bei einem Kind. »Was meinte Riggs vorhin mit dem
Schlaf? Er hat das jetzt zum zweitenmal erwähnt.« Beatrice sah zur Seite. »Ach,
nichts. Ich hatte nur zufällig zwei komische Alpträume. Passiert vielen hier.
Ist nicht weiter wichtig. Sag mal, Robert, – wenn ich hierbleibe, bleibst du
dann auch? Du könntest bei mir wohnen.«
    Kerans grinste. »Und führe mich nicht
in Versuchung, Bea? Was du für Fragen stellst? Du bist hier nicht nur die
schönste Frau, sondern auch die einzige. Man braucht immer Vergleiche. Adam
hatte nicht viel Sinn für Ästhetik, sonst hätte er gemerkt daß bei Eva manches
nicht stimmte.«
    »Du bist aber heute sehr offen.«
Beatrice stand auf und ging zum Schwimmbecken. Sie strich die langen Haare mit
beiden Händen von der Stirn. »Ist es denn überhaupt so eilig, wie Riggs
behauptet? Wir haben doch die Jacht.«
    »Ist ein Wrack. Der erste ernsthafte
Sturm wird sie aufbrechen wie eine rostige Konservendose.«
    Es ging gegen Mittag, die Hitze auf
der Terrasse wurde ungemütlich. Sie gingen hinein. Doppelte Rollos filterten
ein wenig Sonnenlicht in die niedrige, breite Diele, die gekühlte

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