Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
Vom Netzwerk:
verdient, es sich dann aber mit der Teekanne und einigen von Rebecca Owens vorzüglichen Teekuchen gemütlich gemacht.
    Nachdem sie ihnen beiden Tee eingeschenkt hatte, sagte sie: »Wie kommen Sie denn mit Ihren Rasenplaggen voran, Mr. Plant?«
    Er zuckte gequält zusammen und wünschte, die Leute würden sich ihre diesbezüglichen Bemerkungen verkneifen. Es war ja sowieso völlig egal, er malte ja schließlich keine Fresken an die Wände der Brancacci-Kapelle. Liebe Güte, er war schließlich kein Masaccio, der im Garten Eden Rasenplaggen verlegte. Ach, wäre er nur in Florenz! »Das braucht seine Zeit. Nein, so etwas darf man nicht überstürzen. Ah, danke.«
    Sie reichte ihm die Kuchenplatte – Früchte-, Kirsch- und Mohnkuchen -, und er nahm sich ein Stück Früchtekuchen. Nach dem ganzen Getue dort draußen genoss er nun die Ruhe.
    »Das gilt ja eigentlich für die meisten Dinge«, sagte sie.
    »Wie bitte?« Wovon redete sie denn?
    »Dass man sie nicht überstürzen darf. Wie Sie sagten.«
    »Oh.«
    »Ich nehme an, das weiß dieser Superintendent von Scotland Yard wohl besser als die meisten anderen.« Sie nippte an ihrem Tee. »Die müssen ja immer so akribisch vorgehen, nicht wahr?«
    Sie klang... zögerlich, vorsichtig tastend. Als fragte sie sich, ob es wohl klug war, ihm Fragen zu stellen – oder ihm etwas zu erzählen. »Er macht seine Arbeit sehr gut. Ich kenne ihn schon ziemlich lange.« Dies war kein Geheimnis, also machte es Melrose auch nichts aus, es zu sagen.
    »Mr. Scott sagte, er sei es auch gewesen, der Sie empfohlen hat.«
    Hegte sie etwa einen Verdacht? Er konnte es nicht mit Gewissheit sagen. Sie schien ihm ziemlich aufgeweckt zu sein. »Ja, stimmt«, erwiderte er einsilbig. Er wartete darauf, dass sie weiterredete, doch sie trank bloß schweigend ihren Tee. Schließlich sagte er: »Seit wann sind Sie schon bei den Scotts? Beziehungsweise, bei Mrs. Scott?«
    »Seit Flora ganz klein war. Als Mary noch mit Viktor Baumann verheiratet war. Sie brauchte eine Hilfe. Seltsamerweise hatten sie überhaupt keine Bediensteten. Sie wohnten in einer riesigen Wohnung am St. Katharine’s Dock, sehr luxuriös, hatten aber kein Hausmädchen, keine Köchin, nichts. Gegessen haben sie immer außer Haus. Mary konnte nicht besonders gut kochen.« Bei der Erinnerung daran musste sie lächeln, bis das Lächeln sich eintrübte. Dann nahm sie den Faden wieder auf. »Sie sagte, sie hätte es satt, die halbe Londoner Gastronomie zu alimentieren. Aber nachdem Flora geboren war, bestand sie darauf, dass eine Hilfe eingestellt wurde, und so wurde ich als eine Art Haushälterin und Kindermädchen engagiert. Es war sehr angenehm.
    Eines Abends, als ihr Mann unterwegs war, kochte ich Mary etwas zum Abendessen. Sie war so beeindruckt, dass sie mein Gehalt verdoppeln wollte, wenn ich ihr zwei- bis dreimal pro Woche abends etwas kochte. Viktor Baumann war zwar ein eingefleischter Restaurantgänger, doch sogar er erklärte sich bereit, an drei Abenden pro Woche zu Hause zu hocken.«
    »Das überrascht mich nicht. Ihre Kochkünste sind geradezu legendär.«
    Sie lachte stillvergnügt in sich hinein. »Danke. Eigentlich bin ich ja auch ausgebildete Küchenchefin. Habe viele Jahre gelernt, hatte dann ein paar Jahre mein eigenes Restaurant in London. Aber dann wurde mir das zu hektisch, und ich verkaufte. Ich brauchte eigentlich gar keine Arbeit. Diese hier habe ich mir nicht extra ausgesucht, eine gemeinsame Freundin hat mich empfohlen, weil ich mit Kindern gut umgehen kann. Das konnte ich irgendwie schon immer, obwohl ich ja keine eigenen habe. Flora -« Sie stützte das Kinn in die Hand und wandte sich ab. Sie konnte nicht darüber sprechen, der Schmerz war zu groß.
    Also versuchte Melrose es auf eine andere Art. »Warum musste seine Frau so darauf drängen, endlich eine Hilfe zu bekommen?«
    »Viktor Baumann mochte keine fremden Leute im Haus. Das war der eine Grund. Und ich glaube, er war der Ansicht, Frauen gehörten in die Küche und ins Kinderzimmer.«
    Melrose legte die Stirn in tiefe Falten. Er musste an Ruthven denken und an Martha, seine Köchin. Aber das war natürlich etwas völlig anderes. Die hatte Melrose um sich gehabt, seit er auf der Welt war. »Ursprünglich sind aber doch alle Bediensteten Fremde, außer es handelt sich um ein altes Faktotum, das seit jeher in der Familie war. Mr. Baumann scheint ganz schön paranoid zu sein.«
    Sie sah ihn ganz offen an. »O ja, das ist er. Er ist absolut misstrauisch. Ich

Weitere Kostenlose Bücher