Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
Vom Netzwerk:
fragen müssen, fürchte ich. Diese Polizisten sind ziemlich verschlossen.«
    »Tatsächlich? Das muss ich Cody Platt erzählen, der Quasselstrippe.«
    Wieder war Melrose überrascht. »Dann kennen Sie ihn also? Ich meine, außer durch diese schreckliche Geschichte?«
    »O ja. Cody war schon einmal hier, bevor Flora verschwand. Declan hatte die Polizei verständigt, um einen Einbruch zu melden – hier wurden ein paar Sachen gestohlen. Cody kam, er war damals noch Constable. Irgendwie fasste Flora Zuneigung zu ihm und er zu ihr. Und auch zu Mary. Ich weiß, nach allem, was mit Flora passiert war, empfand sie seine Gegenwart als Trost. Schließlich ist er Kriminalbeamter und vielleicht auch so etwas wie – ein Symbol? Der Beweis, dass man nicht aufgehört hatte, nach Flora zu suchen. Und natürlich sagte er ihr das auch immer wieder: dass dieser Commander Macalvie nie locker ließ. Damals war er noch nicht Commander, sondern Chief Inspector, glaube ich. Aber egal. Ja, Cody Platt war ein Trost für sie.«
    Durchs Fenster sah Melrose Lulu zu, die irgendetwas in die Luft warf, dem Roy nachlaufen sollte. Er fragte: »Was ist eigentlich mit Lulus Eltern passiert, Miss Owen?«
    »Sie sind beide tot. Vor ein paar Jahren mit dem Auto verunglückt. Es war einfach furchtbar, Ben und Sara waren unterwegs nach St. Ives, um ein bisschen Urlaub zu machen. Auf einem Kreisverkehr in der Nähe von Camborne fuhr ein Lastwagen auf sie auf. Ben hatte so viel auf dem Rücksitz gestapelt, dass er hinten nichts mehr sehen konnte. Jedenfalls nahm ich an, dass es so passiert ist.« Sie stand auf und trat an die Anrichte. Aus einer Schublade nahm sie einen Zeitungsausschnitt, den sie Melrose reichte. Darin war der Unfall genau beschrieben.
    »Sie hatten Lulu damals bei mir gelassen. Sonst wäre sie, hm, auch nicht mehr da.«
    Rebecca Owen wirkte so traurig, dass Melrose gar nicht wusste, was er sagen sollte. Etwas banal meinte er: »Das tut mir Leid. Was für ein furchtbarer Verlust.«
    »Ich frage mich, ob sie leichter darüber hinweggekommen ist, weil sie noch so klein war? Sie wirkte gar nicht so verstört.«
    »Wollte vermutlich nur den Schein wahren«, sagte er. Alles, was mit diesem Fall zu tun hatte, schien »den Schein wahren« zu wollen, wobei das Opfer ebenso schwer auszumachen war wie der Mörder.
    »Wie mir scheint, ist sie den ganzen Tag mehr oder weniger sich selbst überlassen. Hat sie denn keine Schulkameraden?«
    »O doch, natürlich. Sie geht auf eine sehr gute Schule, dafür sorgt Mr. Scott. Er ist äußerst großzügig. Momentan haben sie Ferien. Es gibt irgendwelche Probleme mit dem Kollegium. Ich glaube, zwei Lehrerinnen mussten gehen – na ja, irgend so ein Skandal, je weniger darüber geredet wird, desto besser, zumindest was die Kinder betrifft.«
    Melrose hätte am liebsten laut gelacht. Nein, je mehr darüber geredet wird, desto besser, zumindest was Lulu betraf.
    »Mit Erwachsenen versteht sie sich aber gut, finden Sie nicht?«, sagte Rebecca. » Sie haben jedenfalls Einfluss auf sie, und zwar einen sehr guten. Ich glaube, Sie entfachen ein Feuer in ihr.« Lächelnd trug sie die Kuchenplatte zur Anrichte hinüber.
    Was? Er sollte Lulu anfeuern? Unschlüssig, ob er an diesen Feuerentfachungszauber glauben sollte, wurde ihm doch recht warm ums Herz.
    In diesem Moment kam Lulu mit Roy herein und blieb an der Tür stehen. »Ihr sitzt ja hier schon ewig beim Tee. Sie wollten doch rauskommen...«
    Knatsch, knatsch. Wau, wau. Feuer gelöscht.
     
    Lulu wurde von ihrer Tante daran gehindert, ihm ins Freie zu folgen. »Du legst dich jetzt ein bisschen hin, sonst hältst du heute Abend nicht durch.«
    Ha!, dachte Melrose, während er den Geheimgarten durchquerte. Lulu würde sogar eine ganze Eiszeit lang durchhalten. Eingehend betrachtete er sein neu gestaltetes Cloisonnégärtlein. »Gestaltet« war vielleicht zu vornehm ausgedrückt, doch es sah tatsächlich recht gut aus. Die Schneeglöckchen bildeten einen hübschen Akzent. Was er noch nicht genügend ausklamüsert hatte, war die Art, wie genau er den Rasen um die cloisonnierten Stücke stutzen sollte. Deshalb wurde das Gras geschnitten, bevor man die Pflanzen setzte, weil man es nämlich sonst mühsam von Hand machen musste.
    »Das ist ja recht hübsch, Mr. Plant.«
    Beim Klang von Warburtons Stimme und dem tweed- und tabakgeschwängerten Geruch drehte Melrose sich um. »Schneeglöckchen.« Warburton deutete mit seiner Pfeife auf die Stelle. »Wirklich sehr originell.

Weitere Kostenlose Bücher