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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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Rock.
    Jury konnte gerade noch einen Blick darauf erhaschen, bevor er in sein Wohnzimmer ging und sich wie ein gichtiger Greis in den Ohrensessel hievte. Er seufzte. Zwei Monate war er nun aus dem Krankenhaus und musste gestehen, dass er sich irgendwie dorthin zurücksehnte, obwohl das natürlich bedeutete, sich wieder in die Fänge von Schwester Bell zu begeben. Er ermüdete jetzt immer so leicht. Liebe Güte, wofür wollte er sich denn qualifizieren? Für den Centre Court in Wimbledon? Fürs Querfeldeinrennen in Newmarket? Ach, du liebe Güte!
    Geklapper auf der Treppe. Es hörte sich zwar an wie eine Herde Zebras, war aber nur Carol-Anne, die Cody inzwischen in Stans Wohnung eingewiesen hatte – »Gitarre hier, Klavier da, sonst noch einen Wunsch?« – und nun zurückkehrte, um Jury in sein Leben einzuweisen. Was sie denn von Cody hielte? Ein Typ, mit dem man mal ein Bier trinken gehen kann, sagte sie bloß.
    »Cody kommt gleich runter. Wir gehen in den Angel, dachte ich mir. Und Sie?« Fragend zog sie die Augenbraue hoch, während sie sich auf dem Sofa niederließ.
    »Ich?«
    »Oh, Entschuldigung, dass ich frage.« Sie schnappte sich eine von den Schönheitszeitschriften, die sie auf Jurys Beistelltischchen immer bereitliegen hatte, für den Fall, dass sie sich einmal langweilte – den Eindruck hatte er jedenfalls immer -, blätterte darin herum und schwang den Fuß dabei auf und ab.
    Die Schuhe hatten das Geklapper veranstaltet. Wieso trugen Frauen eigentlich diese Holzklötze an den Füßen, die aussahen, als hätten sie sie beim Holzhändler erstanden statt in einem Schuhgeschäft? Jury warf einen Blick auf die Zeitschrift. »Was versprechen Sie sich denn davon?«
    »Na, ein paar Schönheitstipps...« Mit diesen Worten hob sie eine Handvoll kupferfarbenes Haar, bei dem mit ein paar Glanzlichtern mehr gleich die Feuerwehr gekommen wäre, zeigte mit dem Finger auf Haut und Augen – »und Make-up und Kleider natürlich.« Sie lüpfte einen Zipfel ihres lavendelblauen Rocks.
    Jury lachte. »Carol-Anne, Sie sollten Tipps geben , nicht kriegen. So etwas nennt man Eulen nach Athen tragen.«
    Sie blickte sich im Zimmer um, als wüsste sie nicht recht, woher diese fremdartige Stimme kam, als wäre die Luft gewissermaßen von Argwohn durchtränkt. »Ist das wieder eins von Ihren Komplimenten?«
    »Nicht von mir. Von unserem Schöpfer. Wie läuft es bei der Arbeit?«
    Sie grübelte immer noch stirnrunzelnd über Jurys Kompliment nach. Dann ließ sie davon ab und begann in der x-ten Ausgabe von Beauty Secrets zu blättern. »Andrew sitzt mal wieder auf dem hohen Ross.«
    Damit meinte sie Andrew Starr, einen Mann, der gewöhnlich nicht dazu neigte, auf hohen Rössern zu sitzen. Sein Problem war wohl eher, dass er zu geduldig war. Er besaß in Covent Garden ein Geschäft mit dem Namen Starrdust, in dem er Horoskope, Zauberartikel und Träume verkaufte (was, mit anderen Worten, alles ein- und dasselbe war). Es war ein faszinierendes kleines Etablissement, das sowohl Kinder (wie Wiggins) als auch Erwachsene (Jury fiel gerade keiner ein) zu seinen Kunden zählte.
    »Inwiefern auf dem hohen Ross?«
    »Sie wissen doch, diese Lady Chalmers, die pummelige, die mit ihrer lauten Stimme sogar noch unseren Plattenspieler übertönt. Na ja, schließlich ist sie ja auch stocktaub. Sie wissen doch, wen ich meine.«
    »Ehrlich gesagt, nein.«
    »Die hat sich also von Andrew das Horoskop machen lassen, was wirklich kompliziert ist und fast unmöglich, wenn man seine Daten nicht richtig geordnet hat. Na, jedenfalls sagte er was von achtzig -«
    (Billig war Andrew nicht gerade.)
    »- und sie behauptete, er hätte was von zwanzig gesagt. Zwanzig Pfund! Ist doch lachhaft, eine Frechheit ist das, wenn Sie mich fragen. Für eins von seinen Horoskopen! Dabei gibt er allen Kunden eine Preisliste. Das ist nämlich das genaueste Horoskop von allen...« Mit den Armen beschrieb sie einen großen Kreis, als wollte sie Himmel, Planeten und Sterne umfassen. »Und was das Arbeit macht! Na ja, er ist schließlich Perfektionist...«
    Lag die Betonung auf dem » er «, als hätte sie hier einen Nicht-Perfektionisten vor sich?
    »Ha, vielleicht ist es das , was Sie brauchen!« Sie schlug die Zeitschrift zu, denn nun hatte sie ein Thema gefunden – Jury -, das sogar noch interessanter war als das Auftragen von Lidschatten. »Wenn Andrew Ihnen davor eins gemacht hätte, wären Sie bestimmt nicht angeschossen worden.«
    Jury lächelte etwas schwächlich in

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