Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
Vom Netzwerk:
Vogel, ein recht gerissener Bursche ist das, wenn Sie mich fragen. Hat womöglich noch ein anderes Geschäftchen nebenher laufen.« Trueblood zwinkerte vielsagend und legte den Finger an die Nase.
    Melrose Plant verdrehte die Augen. Nur P. G. Wodehouse’ lächerlich-komische Helden machten eigentlich diese Geste, oder?
    »Sein Name ist Trevor Sly – guter Name, würde ich sagen. Der ist wegen dem Verkauf aber ein bisschen eigen. Will nicht, dass es sich herumspricht, dass er verkaufen will. Lächerlich, was? Will den Laden verkaufen, aber es soll geheim bleiben. Wenn Sie ein Pub suchen, also, was Besseres als den Blue Parrot gibt es nicht. Wissen Sie was, wir könnten Sie hinfahren, wenn Sie möchten, dann könnten Sie mal ein Auge drauf werfen.« Er bedachte Strether mit einem liebenswürdigen Lächeln.
    »Sehr freundlich von Ihnen.« Nun wirkte er aber doch eine Spur unschlüssig.
    Jury nahm an, seine Unschlüssigkeit rührte daher, dass ihm seine Immobiliengeschäfte aus der Hand genommen wurden. »Mr. Strether, sehen Sie sich lieber vor.«
    »Sie sind Mr. Jury, habe ich Recht?«
    »Sie haben.«
    »Wohnen Sie ebenfalls in diesem reizenden Dorf?«
    »Bedauerlicherweise wohne ich im gar nicht so reizenden London. Ich arbeite bei New Scotland Yard.«
    Hoppla, da machte Strether aber einen gewaltigen Satz rückwärts und war mit einem Fuß schon fast aus der Tür.
    Also trug Jury eben noch etwas dicker auf. »Als Superintendent -«
    Noch ein Schritt rückwärts.
    »- im Betrugsdezernat.«
    Beiläufiges Lächeln und Nicken in der Tafelrunde. Strether schaute ostentativ auf seine Armbanduhr und rief aus: »Ach, ist es schon so spät? Ich muss ja schleunigst -«
    So leicht wollte Jury ihn aber nicht davonkommen lassen. »Ich bin hier von Berufs wegen. Es geht um Immobilienbetrügereien in der Gegend.«
    »Ganz schlimme Sache«, sagte Trueblood. »Mrs. Oliphant, die Ärmste, hat fünfzigtausend Pfund angezahlt für ein Cottage in Sidbury, und am Ende war der Vertrag null und nichtig. Der so genannte Verkäufer der Immobilie war nämlich überhaupt nicht der Eigentümer.«
    »Ein Schock!«, meldete sich Joanna zu Wort. »Und da war doch auch – wie heißt sie gleich? Die Frau, die dachte, sie hätte Anteile an einer Frühstückspension erworben, die dann gar nicht existierte?«
    Diane hatte über die Straße geschaut. »Ach, Sie meinen Ada Crisp.« Sie drehte eine Zigarette in einen Halter aus Onyx. »Wir lassen uns aber auch alle so leicht übers Ohr hauen, nicht?«
    Lambert Strether murmelte irgendetwas zum Abschied und schoss davon wie ein geölter Blitz.
    Höchst zufrieden musterte man sich gegenseitig.
    Jury sagte: »Wer braucht da schon einen Henry James?«

50
    Jury hatte das Bedürfnis, zu Fuß zu gehen, Mauern empfand er als zu einengend. Er war wieder in der City von London, auf der Ludgate Hill. Er begegnete nur vereinzelten Passanten – seltsam, dabei war Hauptverkehrszeit, und aus den Bürogebäuden strömten die Angestellten nach Hause. Bald wäre er womöglich einer von ihnen, malte er sich fast amüsiert aus.
    Die ganze Geschichte wegen des fehlenden Durchsuchungsbefehls wäre ohne große Folgen geblieben, hätte Cody der alten Schnepfe nicht eins in die Fresse gegeben. Jury selbst hatte sich allerdings auch nicht eben vorbildlich verhalten. Ihm war vollkommen klar, wie unklug es gewesen war, Cody in so eine Sache hineinzuziehen.
    Nun blühte ihm also ein Verweis, was vermutlich das Einzige war, was ihm blühte, obwohl Racer Jury am liebsten am ausgestreckten Arm verhungern lassen wollte.
    Jury fragte sich manchmal, was ihn eigentlich antrieb. So hätte Sarah es ausgedrückt, nicht wahr? Er spürte seine tote Cousine wie einen langen, bis zur Unkenntlichkeit verzerrten Schatten am Bürgersteig entlang. Ja, so würde Sarah es sagen und hatte es auch bei mehr als einer Gelegenheit gesagt: Ich weiß eigentlich gar nicht, was mich antreibt. Er konnte sie so klar und deutlich hören, als wäre sie schon die ganze Zeit neben ihm hergelaufen.
    Er ging die Ludgate Hill hinunter in Richtung Cheapside – im Lauf der letzten Monate und in dieser Stimmung nach all den Todesfällen fühlte er sich von der City immer wie magisch angezogen. Das Krankenhaus, das Grave Maurice, Mickey Haggerty – fang nicht wieder davon an, sagte er sich – Vernon Rice. Er hätte nichts einzuwenden gegen einen Drink mit Vernon, vielleicht sogar ein Abendessen. Eine fabelhafte Idee, etwas, was ihn vom Grübeln abhalten würde. Den

Weitere Kostenlose Bücher