Karneval der Toten
doch auch nicht. Ich meine, wenn man so dämlich ist, dass man nicht versteht, was er meint, dann wird er es einem doch nicht extra erklären.«
An dieser Stelle schaltete Jury sich ein. »Sehen Sie Ihr Grundproblem? Henry James würde nie sagen ›Kommt ein Mann in ein Pub‹ oder ›in das‹ Pub. Hat Henry James überhaupt jemals das schlichte Verb ›kommt‹ verwendet? Ganz zu schweigen von einem Substantiv wie ›Pub‹?«
Joanna reagierte etwas gereizt. »Sie machen ja beim Wettbewerb gar nicht mit. Dann sollten Sie auch keine Meinung äußern dürfen, finde ich. Meiner ist fertig.« Sie raschelte mit dem Blatt Papier herum, als wollte sie es durch Schütteln zum Leben erwecken.
»Ah!«, machte Trueblood. »Lassen Sie mal hören!«
»›Kommt ein Mann ins Pub‹, sagte Woodmount, und bevor wir uns ihm überhaupt zuwenden konnten, zeigte er sich schon in trügerischem Licht.«
Alle sahen sie an. »Interessant«, sagte Trueblood.
Vivian meinte: »Sie verwenden ›kommt ein Mann ins Pub‹ also für etwas, was Ihr Protagonist sagt?«
»Ja. Ich fand das eigentlich recht gewitzt.« Sie lächelte.
»Ich bin soweit«, sagte Diane. Sie las: »Kommt ein Mann ins Pub und bestellt im Tonfall von einem, der es gewohnt ist, dass seinen Wünschen mit charmantem Handeln entsprochen wird, einen Wodka Martini.«
Trueblood schmiss seinen Bleistift hin, während sich ein allgemeines Streitgespräch erhob. »Damals gab es doch noch gar keine Martinis, oder? Ich glaube, Martinis kamen erst in den zwanziger oder dreißiger Jahren auf. Und Wodka Martinis gab es schon gar nicht.«
Diane lachte leise. »Aber das ist doch absurd.«
Theo Wrenn Browne sagte gespreizt: »Mit Wunschdenken ist es im Leben nicht getan.«
»Da haben Sie Recht«, erwiderte Diane. »Sondern hiermit.« Sie hielt ihren Martini in die Höhe.
Melrose sagte: »Martinis gibt es schon mindestens seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Ich bin sicher, Henry James hat sein gerüttelt Maß davon getrunken.«
»Das bezweifle ich«, entgegnete Diane, »sonst hätte er seinen Protagonisten – ganz zu schweigen von seinen Lesern – nicht diese langweilige Tee-im-Grünen-Szene zugemutet.«
Mitten in diesem ganzen Tumult kam der Inspirator ihres Spieles herein – oder vielmehr, stolzierte herein. Lambert Strether. Er trat an die Theke und bestellte sich etwas zu trinken.
»Wie angenehm«, sagte Strether, schritt mit seinem Drink zu ihrem Tisch herüber und wartete auf die Aufforderung, sich doch zu setzen, die allerdings nicht kam. »Ich habe Ihren Rat befolgt, Lord Ardry -«
Als wären sie, dachte Melrose, die dicksten Kumpels.
»- und trage mich nun ernsthaft mit dem Gedanken, in Ihr Pub zu investieren.«
»In The Man with a Load of Mischief?«, fragte Vivian voller Sorge, unliebsame Erinnerungen könnten wachgerufen werden.
»So ist es! Ich habe mich bereits mit der Maklerin in Verbindung gesetzt.«
Joanna, die mit dem Bleistift gerade noch etwas in ihren Satz gekritzelt hatte, sagte ohne den Blick zu heben: »Da werden Sie aber enttäuscht sein.« Für eine Autorin von Liebesromanen schaltete Joanna bemerkenswert rasch. »Mein Angebot liegt nämlich schon auf dem Tisch.«
Strether reagierte darauf sichtlich verärgert, beherrschte sich jedoch. »Das hat man mir gar nicht gesagt. Wieso eigentlich nicht?«
»Mit wem haben Sie denn gesprochen?«
Strether überlegte. »Abigail Sowieso.«
»Ach, mit der. Nein, mit dem Verkauf befasst sich eine andere Maklerin.«
Voller Bewunderung ob dieses klugen Schachzugs ruhten ringsum alle Augen auf Joanna. Und bestaunten das Kaninchen, das sie da soeben aus dem Zylinder gezogen hatte. Was auch immer Strether im Schilde führte, Joanna hatte gerade einen Punkt-, Satz- und Matchsieg davongetragen.
Strether sagte: »Ach, dann habe ich wohl das Nachsehen, oder?«
Sie hatte ihn die ganze Zeit keines Blickes gewürdigt, was sie nun nachholte. »Sieht ganz so aus.«
»Es gibt aber doch bestimmt noch andere Immobilien, in die man investieren könnte. Ein Pub schien mir allerdings ganz besonders, äh, heiter und gesellig.«
Trueblood schnalzte mit den Fingern und sagte: »Wissen Sie was – ich glaube, ich habe genau das Richtige für Sie. Das Lokal liegt ungefähr zwei Meilen außerhalb, etwas abseits von der Straße nach Sidbury. Ein kleines Pub namens Blue Parrot. Eigentlich ist es gar nicht auf dem Markt. Die Agentur hat es exklusiv gelistet. Und was den Eigentümer betrifft, ein ziemlich schräger
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