Karneval der Toten
Wortspiel (»touch-and-go«) im Zusammenhang mit dem Düngergeschäft sehr einfallsreich fand. Der andere Grund für seinen Kauf war der, dass der Herr, der ihn bediente, den Dünger als sehr ungewöhnliche Sorte bezeichnete, die zahlreiche, zur Anreicherung des Bodens geeignete Inhaltsstoffe enthalte – eine Chemiebombe, sozusagen. Zugegeben, er sei teuer, »aber ich denke, Sie werden feststellen, dass es sich lohnt«. Melrose war schon immer der Meinung gewesen, je mehr etwas kostete, desto besser war es – ob Wein, Kleidung, Autos, Brown’s Hotel oder das Ritz. Für Bier und Tiere galt dies nun allerdings nicht, mit Ausnahme von Rennpferden. Sein Pferd Aggrieved, das er vom Gestüt Ryder gekauft hatte, hatte ihn eine schöne Stange Geld gekostet. Seinen Ziegenbock Aghast hatte er jedoch für ein Butterbrot erstanden, denn mit einem Ziegenbock ließen sich schließlich keine Rennen bestreiten.
Und Rasenplaggen, er würde natürlich die Rasenplaggen brauchen. Er hatte vor, irgendeine Sorte zu kaufen, Hauptsache, das Zeug sah irgendwie entfernt nach Gras aus. Und wenn nicht, würde er eben behaupten, es handle sich um eine höchst ungewöhnliche Marke. Nein, bei Rasenstücken gab es gar keine Marken, oder? Ein ungewöhnlicher Schnitt, ja, das war’s, wobei er bezweifelte, dass sich jemand darüber lang und breit mit ihm auseinander setzen wollte. Der Geschäftsführer des Gartenladens meinte, ja, man könne ihm welche besorgen und sie ganz nach seinen Instruktionen liefern. (»Ha!«, hatte Melrose in, wie er hoffte, gutmütigem Farmerton erwidert, »die Instruktionen sollten eigentlich von Ihnen kommen!« Woraufhin ihn der Geschäftsführer bloß dämlich angegrinst hatte.)
Während Melrose pfeifend den Bürgersteig entlangging, stellte er sich ein Ziegenbockrennen vor. Wenn Newmarket auch nur eins davon zwischen die Pferderennen legen würde, wäre dies der Entspannung des Publikums vermutlich höchst zuträglich. Wie im amerikanischen Sport, wo man zur Halbzeit die Cheerleaders aufmarschieren ließ. Mit den zwei Sack Dünger über der Schulter kam er sich (weil er noch dazu die Kappe aufhatte) wie eine Figur in einem Roman von Thomas Hardy vor. Er sah bestimmt aus wie das Inbild eines Mannes, der völlig in seiner Arbeit aufging, schwer schuftete und ganz und gar kein Bummelant war. Es fühlte sich gut an, aber so gut auch wieder nicht, dass er damit über die Erfordernisse seines derzeitigen Jobs hinaus hätte weitermachen wollen. Er lud den Dünger in den Kofferraum seines Wagens, der am Straßenrand geparkt stand.
Im Gedränge auf dem Gehweg erkannte er plötzlich die Frau wieder, der er in Angel Gate begegnet war: Hermione Hobbs. Dies wäre vielleicht eine einmalige Gelegenheit, sich ein paar Auskünfte zu beschaffen. Er folgte ihr eine Weile und wartete ab, ob sie vielleicht in einen der Läden ging. Hoffentlich würde sie jetzt nicht in die Kirche auf der anderen Straßenseite gehen, um in einem langwierigen Prozess die Struktur der bronzenen Ritterstatuen auf Papier zu übertragen. Sie ging an einer Teestube vorbei (gute Wahl) und gelangte zu einem Pub an der Ecke.
Er beeilte sich und holte sie ein. »Miss Hobbs«, sagte er mit weit mehr Begeisterung, als er verspürte.
Sie wandte sich um. »Ach, hal -lo ...« Diese pferdegesichtigen Typen legten immer gern die Betonung auf die zweite Silbe. »Sie sind doch Mr. …«
»Plant. Melrose Plant. Ich bin für Declan Scott tätig.«
Wie von seinem leuchtenden Glanz ganz geblendet, hielt sie sich schützend die Hand über die Augen und sagte: »Was führt Sie denn nach St. Austell?«
Liebe Güte, es war schließlich keine Insel in der Karibik, oder? Nach St. Austell strömte doch alles mögliche Volk. Doch sie schien aus der schieren Tatsache, dass sie selbst dort war, etwas Besonderes machen zu wollen.
»Materialbeschaffung. Ich habe in dem Geschäft dort drüben gerade Dünger gekauft.« Er deutete mit dem Kinn in die Richtung, aus der er gekommen war.
»Dünger?«
»Ja. Das Gartenbedarfsgeschäft hier führt eine gute Auswahl.«
»Tatsächlich?«
»Ich begann mich für Rasenplaggen und Blühwiesen zu interessieren, als ich in Oxford studierte.«
»In Oxford?«
Sie hatte offenbar größte Mühe, Informationen aufzunehmen. »Ich habe dort mittelalterliche Geschichte studiert sowie Rasenplaggen und Cloisonnégärten. Na ja, so was hatte ich in Ardry End schon immer anlegen wollen.«
»In Ardry End?« Ihre Augen leuchteten auf.
»Ja, dort bin ich
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