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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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zu Hause. Das ist unser Familiensitz seit – wissen Sie was, hätten Sie Lust auf einen Drink (er deutete in Richtung Pub) oder eine Tasse Tee (er deutete in Richtung Teestube)?« Dass ihr Interesse an seiner Person entbrannt war und er die Funken mit Ardry End noch zusätzlich angefacht hatte, war offenkundig.
    »Oh... ja, das wäre sehr nett. Ich glaube, lieber Tee.«
    Wahrscheinlich eine von diesen Frauen, die das Trinken in Pubs für reine Männersache hielt und meinte, Kuchen und Scones zwischen blümchenbedruckten Kissen stünden ihr besser zu Gesicht.
    Es war ziemlich voll, doch zwei Frauen waren gerade dabei, ihre Mäntel anzuziehen, und Melrose schnappte sich ihren Tisch. Der Fußboden war uneben (ein absolutes Muss in einer richtigen Teestube), wodurch der Tisch ein wenig wackelte. Anstelle von Tischdecken gab es Platzdeckchen aus Papier, doch konnte man in der heutigen hektischen Zeit ja wohl kaum erwarten, dass sich jemand total an die Erfordernisse des guten Geschmacks hielt.
    Eine dünne Frau etwa in den Sechzigern mit in permanenter Missbilligung geschürzten Lippen nahm ihre Bestellung auf: Tee und getoastete Rosinenbrötchen – bestimmt alles aus dem Beutel und der Packung, da war Melrose sich sicher.
    »Erzählen Sie mir doch mehr davon«, sagte Hermione und beugte sich ganz Auge und Ohr zu ihm hin.
    Melrose hatte ganz vergessen, wovon er ihr »weniger« erzählt hatte. »Wovon?«
    »Von Ihrem Familiensitz. Der muss reizend sein. Liegt er in Cornwall?«
    »Nein, in Northamptonshire.«
    »Oh.«
    Ihre Enttäuschung entging ihm nicht. Ob es daran lag, dass Northamptonshire touristisch weniger interessant war? Oder an der Entfernung von Cornwall? »Die Umgebung dort ist wunderschön. Nicht so schön wie Yorkshire natürlich. Das ist doch was für Sie! Die North York Moors.« Nun, das war zwar etwas weit hergeholt, aber immerhin ein Einstieg ins Thema Mord. »Ist doch schlimm, dass man mit Yorkshire so viel Schlimmes assoziiert, nicht wahr?«
    »Wie bitte?« Sie sah ihn geistesabwesend an.
    Ein ziemlich glatter, reibungsloser Übergang zum Thema Mord! »Sie wissen schon – der Yorkshire-Ripper, die Moor-Mörder.«
    Inzwischen waren Tee und Gebäck gekommen. »Bitte sehr.« Die lippenschürzende Matrone stellte ihnen Tassen und Teller hin.
    Zum Teufel, musste die ausgerechnet jetzt hineinplatzen? Nun würde er das Thema Mord wieder mühsam ankurbeln müssen, denn mittlerweile war ihm klar, dass Hermione eine Aufmerksamkeitsspanne von fünfzehn Sekunden hatte.
    »Das sieht ja reizend aus«, sagte sie und schenkte Tee ein.
    Es war offensichtlich ihr Lieblingswort. »Hmm. Man fragt sich schon, was das ist mit den ganzen Verbrechen heutzutage.«
    »Wieso?« Mit chirurgischer Präzision operierte sie an ihrem Rosinenbrötchen herum.
    Wieso? Da würde er sich doch lieber mit Lulu unterhalten. »Na ja, weil so viel mehr passieren.«
    Lächelnd verspeiste sie ihr Gebäck. »Da finde ich es doch besser, gar nicht daran zu denken, was meinen Sie?«
    »Eigentlich nicht. Sie sind aber doch bestimmt neugierig, was es mit dieser Ermordeten in Angel Gate auf sich hat?«
    »Eine höchst merkwürdige Geschichte. Schmeckt ja recht gut.« Damit meinte sie das Rosinenbrötchen.
    Diesem wurde genau so viel Aufmerksamkeit geschenkt wie dem Mord. Ganz gleich wie klar, es wäre bloße Luft, Das schwer atmende Sprechen der Luft… Melrose fühlte sich plötzlich an das Gedicht von Wallace Stevens erinnert. Er kam zu dem Schluss, hier dem schwer atmenden Sprechen der Luft gegenüberzusitzen. Im Rennen um Declan Scott hatte Hermione wohl kaum Chancen.
    Er kam sich in diesem einseitigen Gespräch vor wie beim Schlittenhunderennen, vorangezogen von einem stoisch ergebenen Rudel Huskys. Er sagte: »Ist doch schrecklich, was Mr. Scott alles durchmachen musste. Die Frau tot, die Tochter entführt. Ich verstehe gar nicht, wie er es schafft, so ausgeglichen zu bleiben.«
    Sie hielt den kleinen Finger von der Teetasse abgespreizt, während sie in kleinen Schlucken trank. »Das war furchtbar! Der arme Declan.«
    Er wartete ab. Als sie nichts mehr sagte, stieß er seinerseits einen leisen Seufzer aus und peitschte die Schlittenhunde voran. »Es muss auch für die Mutter des Kindes schrecklich gewesen sein. Ich meine, der Gedanke, sie hätte aufpassen sollen -«
    Mit einem ganz untypischen kleinen Gefühlsausbruch sagte Hermione und stellte dabei die Teetasse auf den Unterteller zurück: »Hätte sie tun sollen, meinen Sie nicht? Na ja,

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