Karneval der Toten
so seine Geheimnisse. Sie erwarten doch nicht, dass ich die alle preisgebe, oder?«
»Auch Erde ist nicht einfach bloß Erde, stimmt’s?«, sagte Pat Quint lachend.
Marc hatte noch einen Einwand, diesmal an Declan gerichtet. »Das hätte ich machen können, Declan. Sie hätten bloß Bescheid sagen müssen.«
»Es ergab sich ganz zufällig, Marc. Bei meinem Gespräch mit Scotland Yard, mit diesem – Sie haben ihn ja kennen gelernt. Mr. Plant ist ein Freund von ihm.«
»Ein Bekannter«, wandte Melrose ein, »kein Freund. Ich hatte einen Auftrag in der Nähe von Northampton, eine Art italienischer Wassergarten (er dachte an Watermeadows, das tatsächlich italienisch anmutete und eine traurige Geschichte hatte). Superintendent Jury leitete dort die Ermittlungen -«
»Aber warum ist er denn hier?«, wollte Pat aufgeregt wissen.
Das sollte doch wohl klar sein, dachte Melrose.
War es auch. Sie fuhr fort: »Ich meine, die Lösung dieses Mordfalls ist doch Aufgabe der Polizei von Cornwall und Devon, oder nicht?«
»Offensichtlich nicht«, sagte Declan. »Warum? Hast du etwas dagegen, wenn Scotland Yard vor deiner Haustür steht?«
»Doch nicht vor meiner Haustür.«
Er zuckte die Achseln. »Vor unserer Haustür, meine ich. In unserem Eckchen von Cornwall.«
»Ich habe nichts dagegen. Scotland Yard deutet lediglich darauf hin, dass der Fall etwas dramatischer ist.«
Declan sagte, wieder in diesem etwas belehrenden, von einem Lächeln überdeckten Ton: »Eine Leiche auf meinem Grund und Boden finde ich nun doch ziemlich dramatisch, Pat, ob mit oder ohne Scotland Yard.«
»Es muss sehr schlimm für dich sein. Das Gefühl, alles noch einmal durchmachen zu müssen. Ich meine, das mit Flor -«
»Ich weiß, was du sagen willst, Pat.«
Als ob dieser Mensch es je vergessen könnte, dachte Melrose.
Patricia Quint machte es wieder ein wenig gut, indem sie sagte: »Entschuldige. Ich bin manchmal so dumm.«
Declan lächelte. »Schon gut.«
»Was hat die Polizei denn herausbekommen?«, wollte Warburton wissen. »Irgendwas Neues?«
»Keine Ahnung. Mich ziehen sie ja nicht ins Vertrauen.« Manchmal wünschte sich Melrose, es wäre so.
Patricia sagte zu Declan: »Es ist, als wollte jemand einen Rachefeldzug gegen dich führen.«
»Ich kannte die Frau überhaupt nicht«, erwiderte Declan. »Wieso sollte der Mörder sie mit mir in Verbindung bringen?«
»Ah, darum geht es also!«
»Oder auch nicht«, antwortete Declan.
»Apropos Gartenanlage«, sagte Melrose, weil er das mit dem »konturierten Abdruck« von vorhin wiedergutmachen wollte. »Ich finde Ihren Entwurf hier ganz reizend, Mr. Warburton.«
Marc musterte ihn ungläubig, überrascht, ein Kompliment von Plant zu hören.
»Danke. Das ist aber hauptsächlich das Verdienst der Macmillans.«
»Schon, aber erst die Architektur bringt es doch auf den richtigen Weg.« Melrose wechselte das Thema. »Wohnen Sie schon lange hier, Miss Quint?«
»Nennen Sie mich doch Pat. Eigentlich schon mein ganzes Leben. Allerdings bin ich nicht das ganze Jahr über hier. Ich fahre ziemlich oft nach London. Ich habe eine Wohnung in Knightsbridge, in der Pont Street.«
Die Pont Street war keine billige Adresse, allerdings war Pat Quint auch keine billige Person. Man brauchte sich nur ihre Designerkleidung anzuschauen – Ferragamo, Armani, Max Mara, eine dieser Marken war es wohl. »Und Ihr Haus hier?«
»Liegt auf halbem Weg zwischen hier und Mevagissey.«
Mevagissey. Der Ort, von dem Melrose bisher kaum etwas gehört hatte, tauchte plötzlich überall auf. Er hätte gern mehr über das Schicksal von Elsie Hardcastle erfahren, aber das würde wohl warten müssen.
»Das Dörfchen ist ein sehr beliebtes Touristenziel«, fuhr Pat fort. »Sie können sich denken – ein Fischerdorf an der Küste. Es liegt übrigens ganz in der Nähe von Heligan. Die Verlorenen Gärten dort sind zu einem echten Anziehungspunkt für Touristen geworden. Sie sind ja auch wunderschön, nicht wahr?«
Das wiederum war ein heikles Thema, das – wie die Rache – am besten ganz nüchtern angepackt wurde. Die Verlorenen Gärten von Heligan.
Declan sagte: »Im Zweiten Weltkrieg haben britische Truppen in Heligan biwakiert. War ganz interessant, was die dort machten. Irgendwann kamen sie auf die Idee, das Klassensystem nachzustellen, dieses Oben-Unten-Syndrom, sozusagen, mit verteilten Rollen zu spielen.«
»Wie wurde denn entschieden, wer wen spielen sollte? Auf der einen Seite Lord Soundso, auf der anderen
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