Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
aufgenommen hatte. Mikhail staunte über die Leichtigkeit, mit der Gregori die Giftstoffe aus seinen Poren austreten ließ. Auf dem Weg zu Romanovs Hütte schwieg Gregori, und Mikhail respektierte den Wunsch seines Freundes, in aller Stille die Düfte der Nacht einzuatmen, den Waldboden unter den Füßen zu spüren und den Gesang der Wölfe zu hören, der Kreaturen der Nacht, die einander etwas zuriefen.
Als sie die Hütte erreicht hatten, steuerte Gregori zielstrebig auf das Versteck des Beweismaterials unter den Dielenbrettern zu. Mikhail nahm ihm die alten Fotos und Schriften ab, ohne sie eines Blickes zu würdigen. »Sag mir, was in Romanovs Kopf vorging.«
Gregoris Augen glitzerten bedrohlich. »Ein Mann namens Eugene Slovensky ist Mitglied eines Geheimbundes, der sich der Ausrottung der Vampire verschrieben hat. Von Halen, 337
Anton Fabrezo und Dieter Hodkins sind die selbst ernannten Experten, die die Opfer aufspüren und ihre Namen weitergeben. Slovensky rekrutiert Helfer und dokumentiert die Morde.«
Mikhail fluchte ausgiebig. »Eine weitere Vampirjagd würde das Ende unseres Volkes bedeuten.«
Gregori zuckte die breiten Schultern. »Ich werde diese Männer finden und töten. Du musst mit Raven von hier fortgehen. Ich weiß, dass du protestieren willst, Mikhail, aber es gibt keine andere Möglichkeit, das wissen wir beide.«
»Ich kann mein Glück nicht gegen dein Seelenheil ein-tauschen.«
Gregori musterte Mikhail und blickte dann wieder in die Nacht hinaus. »Wir haben keine Wahl. Meine einzige Hoffnung auf Erlösung ist eine Gefährtin. Ich kann nichts mehr empfinden, Mikhail. Es gibt keine Wünsche mehr, sondern ich erfülle nur noch meine Grundbedürfnisse, wie mein Verstand es mir vorgibt. Mein Leben ist freudlos. Ich existiere und erfülle meine Pflicht gegenüber unserem Volk. Ich muss bald eine Gefährtin finden. Mir bleiben nur noch wenige Jahre, dann muss ich die ewige Ruhe suchen.«
»Du wirst dich nicht in die Sonne begeben, Gregori, jedenfalls nicht, ohne vorher zu mir zu kommen.« Mikhail hob abwehrend die Hand, als Gregori protestieren wollte.
»Ich kenne deine Situation. Auch ich habe mit den Dämonen in mir gerungen, die die Oberhand zu gewinnen drohten. Unser Volk braucht dich. Du musst standhaft bleiben und dich gegen die nahende Finsternis wehren.«
Gregori lächelte leicht, doch in seinen hellen Augen lag ein unheilvolles Schimmern. »Überschätze meine Zuneigung und Loyalität nicht, Mikhail. Ich brauche eine Gefährtin.
Wenn ich wieder in der Lage sein sollte, irgendetwas zu empfinden - Liebe, Leidenschaft, Lust -, dann werde ich mir 338
die Frau nehmen, die zu mir gehört, und dabei wird mir niemand in die Quere kommen.« Plötzlich löste sich Gregori in unzählige schimmernde Wassertropfen auf und strömte als Nebel aus der Hütte hinaus in die vertraute Dunkelheit.
Lass uns diesen Ort verlassen, an dem Tod und Wahnsinn herrschen. Vielleicht ist es nur Romanovs verdorbenes Blut, das aus mir spricht.
Seufzend folgte Mikhail seinem Freund in die Nacht hinaus. Die beiden Nebelschleier glitzerten im Mondlicht und mischten sich mit dem Dunst, der über dem Waldboden lag. Mikhail hatte es eilig, zu Raven zurückzukommen, und strömte durch die Bäume auf die Lichtung zu, die das Dorf von den Wäldern trennte. Als er das Haus des Priesters passierte, beschlich ihn plötzlich ein ungutes Gefühl. Die Ahnung war stark genug, dass Mikhail zu Pater Hummers Haus zurückkehrte und sich im Schutz der Bäume wieder in seine menschliche Gestalt verwandelte. Er suchte die telepathische Verbindung zu Raven. Sie befand sich nicht in Gefahr.
»Was ist denn?« Gregori erschien neben Mikhail.
Sie suchten die nähere Umgebung nach möglichen Bedrohungen ab. Doch es war die Erde selbst, die ihnen verriet, dass eine Gewalttat begangen worden war - Spuren von schweren Stiefeln, Blutstropfen. Betroffen sah Mikhail Gregori an, dann wandten sie sich gleichzeitig dem Haus des Priesters zu.
»Ich werde zuerst hineingehen«, entschied Gregori mit-fühlend und trat schnell zwischen Mikhail und die Haustür.
Das kleine gemütliche Haus war offenbar von Vandalen heimgesucht worden. Die Möbel waren zerschlagen, die Gardinen heruntergerissen und die Sammlung antiker Keramikteller zerschmettert. Pater Hummers geliebte alte Bücher lagen zerrissen am Boden, und seine Gemälde waren aufgeschlitzt worden. Die selbst gezogenen Kräuter, die der 339
Priester sorgfältig in Dosen aufbewahrte, waren
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