Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
entgegnete Raven sanft, »Sie kennen mich nicht und wissen nichts über mein Leben. Vielleicht bin ich ja mit diesem Mann verheiratet, das können Sie nicht wissen. Ich fühlte mich gestern Abend nicht wohl, und als ich sah, dass es Ihnen wieder besser ging, zog ich es vor, mich zu entfernen. Ich fürchtete, mich übergeben zu müssen.«
»Woher kennen Sie diesen Kerl?«, fragte Jacob eifersüchtig. »Die Dorfbewohner sagen, er sei ein wohlhabender, einflussreicher Mann. Ihm gehören die Schürfrechte an den meisten Bodenschätzen, also muss er ein sehr kluger Geschäftsmann sein. Wo haben Sie ihn kennen gelernt?«
Er bedrängte sie, und Raven wurde sich plötzlich der Tatsache bewusst, dass sie ganz allein mit ihm war, an einer abgeschiedenen Stelle im Wald. Jacobs jungenhafte Züge wurden von seinem schmollenden, verärgerten Gesichtsausdruck verzerrt. Doch Raven nahm noch etwas anderes wahr - eine Mischung aus Erregung und Schuldbewusstsein.
Sie wusste, dass sie eine große Rolle in Jacobs erotischen Fantasien spielte. Jacob war ein verwöhnter, reicher junger Mann, der sich einbildete, jedes neue Spielzeug haben zu können, das er sich in den Kopf gesetzt hatte.
Raven? Du fürchtest um deine Sicherheit. Mikhails Stimme klang schläfrig, als wäre er eben erst aufgewacht.
Jetzt hatte sie Grund zur Sorge. Sie kannte Mikhail noch 68
nicht lange genug, um zu erahnen, was er tun würde. Sie wusste nur, dass er sie um jeden Preis beschützen wollte. Im Interesse aller Beteiligten musste sie Jacob klar machen, dass sie nichts mit ihm zu tun haben wollte. Ich kann das allein regeln, antwortete sie scharf. »Jacob«, meinte sie dann, um einen geduldigen Tonfall bemüht, »ich glaube, Sie sollten jetzt zum Gasthof zurückgehen. Ich bin keine der Frauen, die sich von Ihrem Verhalten einschüchtern lassen würden. Sie belästigen mich, und ich würde nicht zögern, deswegen bei der örtlichen Polizei Anzeige zu erstatten.« Sie hielt den Atem an und spürte, dass Mikhail mit ihr auf Jacobs Antwort wartete.
»Bitte sehr, Raven, verkaufen Sie sich nur an den Meistbietenden. Angeln Sie sich ruhig einen reichen Ehemann. Er wird Sie benutzen und fallen lassen. Das ist es, was Männer wie Dubrinsky mit Frauen tun.« Jacob murmelte noch einige unflätige Worte und stapfte dann wütend davon.
Erleichtert atmete Raven aus. Siehst du , bemerkte sie gespielt amüsiert, ich habe das Problem ganz allein gelöst, obwohl ich nur eine kleine, schwache Frau bin. Ist das nicht erstaunlich ?
Aus dem Wald ertönte plötzlich Jacobs Schreckensschrei, der zu einem schrillen Wimmern verebbte. In seinen zweiten Schrei mischte sich das Brummen eines wütenden Bären. Etwas Massiges schien in einiger Entfernung von Raven durchs Unterholz zu brechen.
Sie spürte Mikhails Lachen, leise, belustigt und ausgesprochen männlich. Sehr witzig, Mikhail . Jacob strahlte große Angst aus, jedoch keinen Schmerz. Du verfügst über einen fragwürdigen Sinn für Humor.
Ich brauche meinen Schlaf, also hör auf, in Schwierigkeiten zu geraten.
Wenn du dir nicht immer die Nächte um die Ohren 69
schlagen würdest, müsstest du auch nicht den ganzen Tag schlafen, wies sie ihn zurecht. Wie schaffst du es überhaupt, deinen Geschaffen nachzugehen ?
Computer.
Raven lachte bei dem Gedanken an Mikhail, der vor einem Computer saß. Diese Geräte schienen ebenso wenig in seine Welt zu gehören wie Autos. Dann geh wieder schlafen, Mr.
Macho. Ich komme sehr gut allein zurecht, ohne dass mich ein großer, starker Höhlenmensch beschützt.
Ich würde es vorziehen, wenn du dich wieder zum Gast-hofbegeben würdest, bis ich aufstehe. In seiner Stimme lag nur die Spur seines sonstigen Befehlstons. Offenbar bemühte er sich ihr gegenüber um bessere Umgangsformen.
Raven lächelte sanft.
Das wird bestimmt nicht passieren. Leb damit.
Amerikanische Frauen sind sehr schwierig.
Raven setzte ihre Wanderung fort, während Mikhails Lachen noch lange in ihr nachhallte. Sie genoss die Stille der friedlichen Natur um sich herum und ließ diese Ruhe in ihre Seele hinein. Vögel zwitscherten leise, der Wind wisperte in den Baumkronen, und vor ihr tat sich eine Bergwiese auf, die mit bunten Blumen übersät war.
Ein Stück weiter den Berg hinaufmachte Raven Rast. Sie setzte sich auf einen Felsen, von dem aus sie die Wiese und den umliegenden Wald überblicken konnte. Zufrieden aß sie ihr Picknick und genoss die Ruhe und den Frieden.
Mikhail erwachte und suchte mit seinen
Weitere Kostenlose Bücher