Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
Satz und landete als großer schwarzer Wolf auf dem Boden.
Sheas Augen weiteten sich vor Staunen über die schnelle Verwandlung. Mit anzusehen, wie ein Mann zu einem Wolf wurde, war unglaublich. Ihr Herz klopfte so laut, dass sie befürchtete, es könnte zerspringen, und sie war sich nicht sicher, ob es vor Aufregung und Ehrfurcht oder vor blankem Entsetzen war. Jacques!
Schon gut, mein Liebes. Um sie zu beruhigen, beugte er sich zu ihr vor und strich mit seinem Mund über ihre Stirn. Es ist für unser Volk ganz natürlich, die Gestalt der Tiere in unserer Umgebung zu benutzen. Und es hilft uns, unsere Haut und unsere Augen vor der Sonne zu schützen.
Es geht schon wieder, wilder Mann. Es war einfach ein Schock. Shea atmete tief durch, um ihr Zittern zu unterdrücken. Als ihr auffiel, dass sie sich an Ravens Hand klammerte, ließ sie sie sofort verlegen los.
Jacques hauchte noch einen Kuss auf ihre Stirn, bevor er zielstrebig losging und im dichten Wald verschwand.
Er achtete darauf, außer Sheas Sichtweite zu sein, bevor er eine andere Gestalt annahm.
Gregoris silbrige Augen glitten über die beiden Frauen, bevor sie auf Shea verharrten. »Das Kind muss beschützt werden. Es hat keinen Sinn, an Ravens Verstand zu appellieren, da sie keinen hat, und Mikhail ist so betört von ihr, dass er nicht an seine erste Pflicht denkt. Also liegt es bei dir, Shea. Für unser aller Wohl musst du dieses Kind beschützen. Hast du das ver-369
standen?«
Shea fühlte sich wie gebannt von diesen schillernden Augen. Sie mochte seine Gründe vielleicht nicht ganz verstehen, aber sie spürte, wie viel es ihm bedeutete. Sie nickte. »Ich werde gut auf sie aufpassen.«
»Es ist nicht nur für mein Wohl, sondern genauso für das von Menschen und Karpatianern. Dieses Kind muss leben, Shea«, sagte er beschwörend. »Es muss leben.«
Shea empfand deutlich die Warnung, das inständige Bitten einer Seele, die sonst für immer verdammt wäre.
Dieses Kind war seine einzige Hoffnung. Zum ersten Mal glaubte sie, dass er nicht der Vampir war, dass seine Angst, auf die dunkle Seite überzugehen, groß und dieses Kind seine einzige Chance auf Überleben war.
Wieder nickte sie und hielt dabei seinem Blick ruhig stand, damit er sehen konnte, dass sie den Ernst der Lage erfasste.
Aus Achtung vor ihr ging auch Gregori in den Wald und außerhalb Sheas Sichtweite, bevor er seine Gestalt veränderte und zu den Ruinen von Jacques' ehemaligem Zuhause jagte.
Raven öffnete die Tür der Hütte und trat aus dem Sturm in das schützende Innere. »Du gewöhnst dich schon noch daran. Als ich Mikhail kennenlernte, hatte ich keine Ahnung, was er war. Ich dachte, er hätte übersinnliche Fähigkeiten, so wie ich. Glaub mir, es war ein echter Schock, als ich die Wahrheit entdeckte. Ich hatte keine Ahnung, dass eine solche Spezies überhaupt existiert.«
Shea brachte ein schwaches Lächeln zustande. Wieder in ihrer Hütte, bei all ihren vertrauten Dingen zu sein, war tröstlich. »Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich 370
das alles glauben kann. Ich rechne ständig damit, in meinem Arbeitszimmer in den Vereinigten Staaten aufzuwachen.« Sie griff nach einem Handtuch, warf es Raven zu und nahm sich selbst auch eins. Ihr Haar war triefend nass. Es war beruhigend, sich mit etwas so Alltäglichem zu beschäftigen, wie seine Haare trocken zu reiben.
»Wir führen ein relativ normales Leben, Shea. Mikhail und ich haben ein schönes Zuhause in diesem atemberaubenden Land. Mikhail besitzt einige Unternehmen. Wir haben Freunde, gute Freunde. Wir reisen viel. Was Jacques passiert ist, war eine furchtbare Tragödie für uns alle. Ich bin froh, dass er jetzt dich hat.
Wir alle freuen uns darüber.« Raven machte es sich in einem Sessel bequem. Das Tageslicht wirkte sich allmählich auf ihren Zustand aus.
Shea lehnte sich ans Bett und betrachtete Raven. Sie war eine sehr schöne Frau mit ungewöhnlichen blauvioletten Augen, ein wenig blass vielleicht. »Jacques geht es immer noch sehr schlecht. Er ringt ständig darum, sich an sein früheres Leben zu erinnern. Es ist sehr schwer für ihn.« Sie lief ruhelos auf und ab. »Ich mache mir Sorgen um ihn. Er glaubt, dass er manchmal nicht bei Verstand ist, und quält sich so sehr.«
Shea? Brauchst du mich? Jacques' Stimme war in ihrem Kopf deutlich zu hören, ein wenig beunruhigt, als hätte er ihre Gedanken aufgefangen.
Shea wurde zum ersten Mal bewusst, dass Jacques nicht imstande war, sie je ganz loszulassen.
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