Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
als irgendjemand sonst, und ich habe nie versucht, etwas vor dir zu verbergen.
Wenn du mich zu einem Monster erklärst, werde sogar ich dir glauben.« Sein Lächeln war warm und tröstlich.
Shea holte tief Luft und legte ihre Hand in seine. Es 444
fühlte sich gut und richtig an. Die Funken sprangen von seiner Haut auf ihre über, und ihr Puls raste, aber sie ging ruhig mit ihm durch den Wald, zufrieden, an seiner Seite zu sein. Jacques schien ein Teil ihrer selbst zu sein, die Luft, die sie atmete, und das akzeptierte sie, weil es ihr das Gefühl gab, vollständig zu sein.
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Kapitel 16
Gregori war eine eindrucksvolle Erscheinung, stellte Shea fest, als sie beobachtete, wie er sich neben Raven kniete und seine ganze Konzentration auf die Frau richtete, die so still dalag. »Hast du Sheas Wunden versorgt, Jacques?« Die leise Frage schreckte Shea auf.
»Die Wunden schließen sich«, versicherte Jacques ihm.
Rand hat Shea in den Wald gelockt. Er ist der Verräter. Ich ließ ihn gehen, weil er mit Shea verbunden ist. Er könnte sie alles fühlen lassen, was ich ihm antue. Er ist sehr gefährlich.
An diesem einen kann ich nicht Gerechtigkeit üben. Shea würde es mir nie verzeihen.
»Tu das nicht, Jacques«, forderte Shea mit einem Anflug von Schärfe. Sie war verärgert. »Ich weiß, dass du mit Gregori sprichst. Wenn du etwas zu sagen hast, sag es laut, damit ich dich hören kann. Du glaubst, dass Rand der Vampir ist, nicht wahr ?«
Der Gedanke hatte sich auch in ihr festgesetzt, obwohl sie sich deshalb sehr unloyal fühlte. Doch mit Rand stimmte etwas nicht, sie wusste es. Vielleicht hatte Maggies Tod ihn um den Verstand gebracht, sodass er in der Vergangenheit lebte. Aber etwas, das Rand im Verlauf ihres seltsamen Gesprächs gesagt hatte, ließ ihr keine Ruhe. Was war es nur gewesen?
Gregori legte eine Hand auf Ravens Bauch, verharrte einen Moment lang dort mit einer überraschend zärtlichen Geste und wandte sich dann zu Shea um.
»Jacques kennt seine Pflicht dir gegenüber, Shea. Dieser Mann, Rand, der dein leiblicher Vater ist, hat in deinem Leben nie eine Rolle gespielt. Halte dich an die Realität, nicht an die Fantasievorstellungen deiner Kindheit.«
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»Du weißt nicht das Geringste über meine Kindheit, weder über Fantasien noch über irgendetwas anderes«, brauste Shea auf, die sein unbewegtes, überlegenes Auftreten einfach unerträglich fand. Gregori ging ihr wirklich gegen den Strich. Vermutlich lag es daran, dass er immer logisch dachte. Normalerweise war sie es, die mit Logik arbeitete. »Ich habe meinen eigenen Kopf, Gregori, und mit dem ist alles in Ordnung. Vielleicht haben dir unsere ersten Begegnungen ein falsches Bild von mir vermittelt. Ich bin keine hysterische Person, die beim ersten Anzeichen von Gefahr die Flucht ergreift. Ich falle nicht in Ohnmacht, wenn ich Blut sehe, und ich kann meine Entscheidungen allein treffen.«
»Falls ich den Eindruck erweckt habe, so über dich zu denken, muss ich mich entschuldigen«, erwiderte Gregori höflich. »Ich schätze dich keineswegs so ein. Du hast sehr viel Mut, und du bist eine geborene Heilerin, aber du weißt kaum etwas über die Art, wie wir leben. Es erfordert viel, bei Kräften zu bleiben. Du musst genau wie Raven lernen, deine Abneigung gegen das Trinken von Blut abzulegen.«
Sie reckte ihr Kinn. »Mir ist durchaus bewusst, dass ich in dieser Hinsicht ein Problem habe. Ich werde schon noch damit zurechtkommen. Aber im Moment gibt es Wichtigeres.« Neben ihr rührte sich Jacques, als wollte er protestieren, doch er blieb still.
»Darin irrst du dich. Nichts könnte wichtiger sein«, entgegnete Gregori mit samtweicher Stimme. »Deine Gesundheit ist für jeden Angehörigen unserer Rasse von größter Bedeutung. Du bist eine Frau. Du bist in der Lage, Leben zu schaffen. Du gibst jedem Karpatianer, der noch keine Gefährtin hat, neue Hoffnung.«
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»Ich habe nicht die Absicht, ein Kind zur Welt zu bringen.« Einen Moment lang herrschte Stille. Gregori richtete die ganze Intensität seiner silbergrauen Augen auf Sheas Gesicht. Sein Blick durchbrach jede Barriere, bis sie das Gefühl hatte, er könnte jedes Geheimnis in ihrem Inneren sehen.
Er ließ langsam seinen Atem entweichen. »Ich verstehe, warum du so empfindest, Shea. Was man dir angetan hat, war grauenhaft. Ich sehe aber auch, wie sehr es dich schmerzt, diese Entscheidung zu treffen. Wenn du die Kraft hast zu warten, bis Jacques vollständig gesund ist, bevor
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