Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
Verlust würde er nicht überstehen. Er durfte Shea nicht aus den Augen, nicht aus seinem Bewusstsein lassen. Er war gebrochen, und nur sie konnte ihm Halt geben.
Langsam gab er ihren Willen frei, wobei er sie aus seinen schwarzen Augen unverwandt musterte. Ihre langen Wimpern flatterten, und ihre grünen Augen waren nicht mehr trüb, sondern funkelten wie Smaragde, makellos und geheimnisvoll. Kühle Schönheit, die zu loderndem Feuer wurde. »Was hast du jetzt wieder angestellt, Jacques? Du kannst nicht für meine Bedürfnisse sorgen. Ich meine es ernst. Du hast keine Ahnung, wie nah du dem Tod warst. Du kannst dir keinen weiteren Blutverlust leisten.«
Er lächelte schwach. Du bist meine Gefährtin und unter meiner Obhut. Ich kann nicht anders als deine Bedürfnisse zu befriedigen.
Sie schüttelte langsam den Kopf. »Was mache ich bloß mit dir? Du brauchst jeden Tropfen Blut, den wir in die Finger bekommen können. Ich bin es gewohnt, mit winzigen Mengen auszukommen.«
Das ist nicht genug. Seine Stimme wurde zu einem leisen Knurren, und seine schwarzen Augen funkelten.
Shea seufzte. »Hab wenigstens den Anstand, ein 118
schuldbewusstes Gesicht zu machen. Du hast keinen Grund, so selbstgefällig zu sein.« Wieder fanden ihre Finger wie von selbst in das Gewirr seiner Haare und strichen sie ihm aus der Stirn. »Ich mache mir Gedanken über dich, Jacques. Ich frage mich, wo deine Familie ist.«
Verwirrung spiegelte sich in seinen Augen, eine schwarze Leere, die plötzlich von rasenden Schmerzen erfüllt war.
Shea, die immer noch geistig mit ihm verbunden war und seine Qual, wenn auch nur den Bruchteil einer Sekunde, miterlebte, langte nach seiner Hand. »Hör auf, Jacques. Versuch nicht, deine Erinnerungen mit Gewalt zurückzurufen. Dein Gedächtnis wird im Lauf deiner Genesung wiederkehren. Entspann dich jetzt. Ich werde deine Wunden säubern und dein Haar waschen. Das wird dich beruhigen.«
Ihre Finger wirkten lindernd auf seine Haut und das Brennen in seinem Inneren. Sein Körper sprach darauf an, indem sich verkrampfte Muskeln lockerten und ein wenig von den Schmerzen freiließen, die ihn aufrieben.
Ihre Berührung .war wie ein kleines Licht, dem er folgen konnte, und gab ihm die Hoffnung, dass die Schmerzen eines Tages tatsächlich vergehen würden. Er schloss die Augen und überließ sich ganz ihrer Fürsorge. Sie leichtfüßig durchs Haus eilen zu hören, war tröstlich, und ihr natürlicher Geruch und der schwache Duft von Kräutern und Blumen, der von ihrer Haut und ihrem Haar ausging, umfingen ihn wie Arme, die ihn liebevoll hielten.
Behutsam untersuchte Shea seine Wunden, bevor sie ihn vorsichtig wusch. Ihr Schwamm schien wie ein Lufthauch über sein geschundenes Fleisch zu streichen 119
und hinterließ ein seltsames Prickeln auf seiner Haut.
Das warme Wasser, das über sein Haar floss, als sie seinen Kopf an ihre Armbeuge lehnte, fühlte sich so gut an, dass es beinahe ein sinnlicher Genuss war. Als ihr Fingerspitzen Kräutershampoo in seine Kopfhaut massierten konzentrierte er sich nur aufsein Fühlen und schaffte es, einige Minuten lang seiner Welt voller Schmerzen zu entkommen.
»Du hast schönes Haar«, sagte Shea leise, während sie es mi warmem Wasser ausspülte. Ihr Arm tat weh von der Anstrengung, seinen Kopf über die Plastikschüssel zu halten, aber sie konnte spüren, dass sie ihm ein gewisses Maß an Frieden schenkte. Sie stellte die Schüssel beiseite, legte ein Handtuch auf sein Kissen und half ihm, sich wieder hinzulegen.
Als sie sein Haar trocken rieb, verharrten ihre Hände kurz; sie genoss es, ihn zu berühren. »Du bist sehr müde.
Schlaf noch ein bisschen.«
Mehr Blut. Der belegte, schlaftrunkene Klang seiner Stimme ließ ihr Inneres weich und warm werden.
Ohne zu zögern, goss Shea eine Dosis in ein Glas und machte sich dann daran, das Wasser auszugießen und den Boden aufzuwischen. Als sie am Bett vorbeiging, fuhr seine Hand hervor, packte sie am Arm und zog sie näher.
»Was ist?« Shea hockte sich auf die Bettkante, ein schwaches Lächeln auf den Lippen und in ihren Augen einen Ausdruck von Wärme und Zärtlichkeit, der ihr selbst nicht bewusst war.
Seine Hand wanderte an ihrem Arm hinauf; starke Finger massierten ihre schmerzende Schulter. Danke, kleiner Rotschopf. Du gibst mir das Gefühl, wieder am Leben 120
zu sein.
»Du bist am Leben, Jacques«, versicherte sie ihm und strich sein Haar zurück. »Ausgesprochen respektlos, aber eindeutig am Leben. Ich
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