Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
bedacht, ihn nicht zu erschüttern. »Gehen wir rein, damit wir es dir wieder bequem machen können.«
Seine Schmerzen schienen für sie schwerer zu ertragen zu sein als für ihn selbst.
Eine Minute noch. Lausche dem Lied der 'Nacht. Die Wölfe rufen einander etwas zu. Hörst du es?
Natürlich hörte sie es. Wie hätte sie es nicht hören können? Irgendwo in der Ferne reckten die Tiere des Rudels ihre Schnauzen gen Himmel und stimmten ihren Gesang an. Es war ihnen unmöglich, ihre Freude für sich 182
zu behalten, und sie drang direkt aus ihren Kehlen in die Nacht hinaus. Ihr Gesang war schön und rein, ein Teil ihrer Welt. Die Töne jedes einzelnen Tieres strömten durch den Wald und stiegen zum Himmel auf. Sie gehörte hierher, in dieses Land. Sie gehörte zu den Wölfen, zu den Bergen und zur Nacht. Als sie sich zu Jacques umwandte, stellte sie fest, dass er sich den Kopf hielt. Er wurde überschwemmt von Erinnerungen, die in kleinen Stückenkamen, scharf und spitz wie Glassplitter, und ihn quälten und frustrierten.
Ich müsste mich an ihn erinnern. Er war wichtig. Ich kann mich an den Kampf erinnern. Wieder fuhr seine Hand zu seinem Hals. Der Vampir schlitzte mir die Kehle auf. Die Frau rettete mir das Lehen. Sie tat so, als wäre sie vor Kummer außer sich, aber in Wirklichkeit packte sie Erde mit ihrem Speichel auf die Wunde, als sie sich weinend über mich warf.
Der Vampir nahm sie mit. Warum kann ich mich nicht an ihn erinnern?
»Hör sofort damit auf!«, befahl Shea scharf und wischte den blutroten Tropfen von seiner Stirn. »Ich bringe dich jetzt sofort wieder ins Haus.«
Shea. Ihr Name war wie ein magischer Talisman, ein lindernder Balsam für seine gemarterte Seele.
Ich bin hier bei dir, Jacques. Sie verschmolz sofort mit ihm und hielt ihn liebevoll fest. Deine Erinnerungen werden wiederkommen, glaub mir.
Seine Hand strich über ihre Kehle, über die rauen, hässlichen Wunden, die nicht heilen wollten. Ohne richtiges Blut und den verjüngenden Schlaf nach der Art ihres Volkes konnte ihr Körper nicht gesund werden.
Sieh nur, was ich dir angetan habe. Und ich kann nicht über dich wachen, wie ich es sollte, wie es meine Pflicht wäre. Ich 183
bin völlig nutzlos.
Shea zupfte ihn leicht am Haar. »Na, ich weiß nicht, Jacques, im Erteilen von Befehlen bist du jedenfalls ganz gut.« Sie schob die Trage ins Haus zurück und nutzte die Gelegenheit, um das Bett frisch zu beziehen, bevor sie Jacques wieder hineinhalf. »Du weißt, dass ich gehen muss«, sagte sie leise.
Jacques lag ganz still da. Er verharrte auf dem Gipfel des Schmerzes und ließ sich von ihm treiben, dankbar für das bequeme Bett und Sheas liebevolle Fürsorge. Er liebte es, wenn ihre Finger über sein Haar und über seine Stirn strichen unddie Schmerzen verschwinden ließen.
Ich kann nicht zulassen, dass du unheschützt gehst. Seine Entschlossenheit geriet ins Wanken. Sie merkte ihm an, dass ihm der Gedanke nicht gefiel, aber er wusste, dass es unumgänglich war.
»Ich muss dich auch unbeschützt zurücklassen. Aber wir schaffen das. Schließlich sind wir nicht wirklich allein. Zählt die Entfernung denn? Ist unser inneres Band nicht stark genug, dass wir es auch über ein paar Meilen hinweg spüren können? Schließlich hast du aus viel größerer Entfernung nach mir gerufen.«
Sein düsterer Blick zeugte von seiner inneren Zerrissenheit, aber er fügte sich allmählich in das Unausweichliche. Es ist wahr, wir können miteinander in Verbindung treten, wenn wir es wollen, aber es kostet mich Kraft. Über eine größere Entfernung hinweg könnte es schwierig werden.
»Nur weil ich die ganze Arbeit immer dir überlasse.«
Shea überprüfte, ob Pistole und Gewehr geladen waren, und legte die beiden Waffen sowie zwei Schachteln Munition in Jacques' Reichweite. »Ich komme mit diesem 184
Gedankenlesen allmählich ganz gut zurecht. Meine Mutter hatte angeblich übersinnliche Fähigkeiten, und ich soll diese Gabe geerbt haben. Wer weiß, vielleicht stimmt es ja.«
Unser Band wird mit jedem Blutaustausch stärker, mit jedem Moment, den wir zusammen sind.
»Und wenn wir nicht zusammen wären, würde ich mir vielleicht nicht mehr wünschen, bei dir zu sein?«, scherzte sie. »Wenn ich gewusst hätte, dass es so einfach ist, hätte ich die meiste Zeit draußen gesessen.«
Er streichelte ihr seidiges Haar. Ich erlaube dir zu fahren, aber du darfst nicht ... Er brach abrupt ab.
Aber nicht bevor Shea das Echo des dominanten
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