Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
Alphatieres aufgeschnappt hatte. Ihre Augenbrauen fuhren in die Höhe.Manchmal erinnerte er wirklich mehr an ein wildes Tier als an einen Mann. »Schluss mit diesem Gerede von erlauben. Es beleidigt meine unabhängige Natur.«
Wieder lächelte sie, als wollte sie ihn aufziehen, und Jacques fühlte sich wie umfangen von ihrem Licht. Es schien aus ihren ausdrucksvollen grünen Augen zu leuchten und ihn von der gähnenden Leere wegzuführen. Alles, was Shea sagte oder tat, schien sinnvoll zu sein, und in diesem Moment klarer Erkenntnis konnte er nicht anders, als nachzugeben.
Trotzdem, wie sollte er auch nur kurze Zeit ohne sie zurechtkommen? Wie würde er es überstehen, wenn Sekunden und Minuten sich quälend langsam dahinschleppten? Jacques schloss die Augen, und ein dünner Schweißfilm trat auf seine Stirn, als er an die Dunkelheit dachte, die er ertragen musste. An die Qualen der Einsamkeit.
185
»Bitte nicht, Jacques. Du hast gesagt, du könntest Herz- und Lungentätigkeit einstellen. Wenn du das machst, fühlst oder denkst du dann? Träumst du? Hast du Albträume?«
Nein, aber ich wage es nicht, in der Art meines Volkes zu schlafen. Wenn du von mir getrennt bist oder den Schlaf der Sterblichen schläfst, muss ich wachsam bleiben.
»Ich komme schon zurecht. Schlaf jetzt ein bisschen.
Ich mache mich auf den Weg und fahre heute Nacht so weit, wie ich kann.«
Du darfst nicht zulassen, dass dir etwas passiert, Shea. Du verstehst nicht, wie wichtig es ist, dass du unversehrt zurück-kommst. Ich kann ohne dich nicht sein. Du hast mich in dieses Leben zurückgeholt. Ich weiß, dass mein Geist zerrüttet ist.
Du kannst mich nicht verlassen, wenn ich dich so sehr brauche. Ich könnte den Weg durch den Wahnsinn des Tieres nicht mehr zurückfinden.
»Ich habe nicht vor, dich zu verlassen, Jacques«, versicherte sie ihm.
Vergiss nicht, dass diesmal du mit mir in Verbindung treten musst. Ein Anflug von Furcht schwang in seiner Stimme mit.
»Ich werde mich häufig melden, Jacques. Und du rührst dich, wenn hier bei dir etwas nicht in Ordnung ist.
Verstanden? Kein Macho-Gehabe mehr, wenn ich bitten darf!«
186
Kapitel 6
Erste Spuren von Morgenröte zogen über den Himmel, als Shea auf holperigen Wegen im nächstgelegenen Dorf anlangte. Sie brauchte Sprit, Kräuter, Verbandszeug, diverse Vorräte und vor allem Blut. Tagsüber hatte sie schon immer gegen eine gewisse Müdigkeit ankämpfen müssen, aber heute war es mehr als das. Sie war völlig erschöpft, und sie hatte Angst davor, in einem so geschwächten Zustand allein in ihrem Wagen angetroffen zu werden. Sie wusste, dass es ihr praktisch unmöglich sein würde, sich zu verteidigen.
Mehr als alles andere jedoch fürchtete sie die Möglichkeit, dass Jacques in ihrer Abwesenheit angegriffen werden könnte.
Shea hielt bei der Tankstelle und stieg aus. Fast im selben Moment empfand sie Unbehagen, ohne zu wissen, warum. Zu dieser frühen Tageszeit waren kaum Dorfbewohner unterwegs. Lässig an den Wagen gelehnt, schaute sie sich gründlich um. Sie konnte niemanden entdecken, wurde aber das Gefühl nicht los, dass Augen auf ihr ruhten, dass irgendjemand oder -etwas sie beobachtete. Das Gefühl war sehr stark. Shea hob entschlossen das Kinn und zwang sich, ihre außer Kontrolle geratene Vorstellungskraft zu zügeln, während sie auftankte sowie ihren Reservekanister und zwei weitere Kanister für ihren Generator füllte.
Das Gefühl, beobachtet zu werden, verstärkte sich so sehr, dass sie eine Gänsehaut bekam. Ohne Vorwarnung stieß etwas an ihr Bewusstsein. Es war nicht Jacques; seine Berührung war ihr inzwischen vertraut. Panik 187
befiel sie, aber sie bewahrte ihre kühle, sachliche Miene und hielt unerschütterlich an ihrem Vorsatz fest, ihre Besorgungen so schnell wie möglich zu erledigen. Was es auch war, es konnte nicht an ihr Bewusstsein durchdringen und zog sich wieder zurück.
Shea fuhr die nahezu menschenleere Straße hinunter und parkte nicht weit von der kleinen Klinik des Ortes.
Als sie diesmal vom Sitz rutschte, suchte sie sorgfältig die Schatten ringsum ab und nutzte dabei alle Sinne, die ihr zur Verfügung standen. Sehkraft, Geruchssinn, Gehör. Ihren Instinkt. Da war jemand oder etwas. Es war ihr gefolgt, war in der Nähe. Sie konnte es fühlen, aber sie konnte es nicht entdecken.
Jacques? Behutsam rührte sie an sein Bewusstsein, fürchtete plötzlich, etwas zu spüren, was ihm gerade zustieß.
Ich warte sehnsüchtig auf deine
Weitere Kostenlose Bücher